Geschrieben von Samstag, 21 März 2009 00:00

Rat City Riot - Interview mit Sänger Noah zu "Load Up"



Sie kommen aus San Diego in Kalifornien, sind nun beim deutschen Vorzeigelabel People Like You beheimatet und haben mit Cityrat Records auch in Deutschland ihre europäische Bookingagentur sitzen. Die Rede ist von RAT CITY RIOT, die zum Jahresende 2008 mit „Load Up“ ihr aktuelles Album veröffentlichte. Die Band um den charismatischen Sänger Noah ist sehr viel unterwegs und kommt auch gerne und oft nach Europa. Eine Band, die viel tourt, kann auch viel über die Tourerlebnisse berichten, dachten wir uns, und stellten Sänger Noah diesbezüglich ein paar Fragen. Herauskam ein Interview über die Band, die neue Platte „Load Up“ und natürlich die vielen Konzerte, von denen Noah spannende Details berichtete.

 

Stell dich und deine Band doch mal kurz vor.

Ich bin Noah und singe bei RAT CITY RIOT. Chris, der Gitarrist und ich sind die einzigen Originalmitglieder der Band.

Wir würdest du selber eure Musik am ehesten beschreiben?

Wir spielen Rock`n Roll mit einigen Punkrock- und Hardcorepassagen, die in den Stil mit eingebaut wurden..

Erzähl mit doch mal etwas über die Bedeutung eures Bandnamens. Und warum ist San Diego, eure Heimatstadt, eine „Rat City“?

Die Idee zu diesem Namen hatte unser Originaldrummer, Jon, als er einige Skateboardmagazine durchstöberte. Darin wurde San Diego als „Rat City“ betitelt. Ursprünglich hatte er Rat City Rebels vorgeschlagen. Aber da ich fand, dass der Name zu sehr nach anderen bereits existierenden Bands klang, entschieden wir uns für Riot.

"Load Up" kam in diesem Oktober heraus und ist wirklich grandios geworden. Kannst du uns etwas über die Entstehung erzählen?

Die Aufnahmen zu “Load Up” haben sehr viel Spaß gemacht. Wir waren in einem Studio (Archival Sound) und arbeiteten mit einem Produzenten, den wir noch nicht kannten, der aber wirklich sehr gute Arbeit leistete und mit dem wir sehr gut arbeiten konnten. In denen letzten Tagen unserer Aufnahmesession kamen wir dann aber unter Zeitdruck, da unser Label People Like You die fertige Platte schneller brauchte, als wir eigentlich gedacht hatten. Wir masterten die Scheibe in den Black Box Studios in San Diego und waren sehr glücklich, dass sie uns aufgrund der Zeitprobleme tatsächlich noch dazwischenquetschen konnten.

Ihr seid ja unglaublich viel auf Tour. Wann hattet ihr denn dann Zeit, die Songs zu schreiben?

Die meisten Songs schrieben wir einige Monate bevor wir daran gingen, sie aufzunehmen. Einige von den Liedern sind aber schon älter, schließlich haben wir sie schon letztes Jahr auf der Tour vorgestellt. Und schließlich haben wir zwei Songs erst während der Aufnahmen im Studio fertig gestellt. Die letzten Textzeilen für die Songs schrieb ich erst, als die Jungs schon dabei waren, die Bass- und Gitarrenspuren einzuspielen.

Wenn du "Load Up" mit eurer letzten EP "Open Road" und eurem ersten Album "Dirty Rotten Games" vergleichst, wo denkst du, finden sich die größten Unterschiede?

Alle drei Scheiben zeigen, wie unsere Aufnahmequalitäten nach und nach besser werden, unser Songwriting sich mehr und mehr verzweigt und wie wir mehr und mehr als Band wachsen und auch zusammen lernen. Ich denke, die größten Unterschiede finden sich in der Qualität des Aufnahmeablaufes. So haben wir neue Wege entwickelt, die Songs im Studio noch einmal nachhaltig zu verbessern, an Kleinigkeiten zu arbeiten und immer wieder daran zu feilen, bis es richtig gut klingt. Und das hörst du einfach bei unserem neuen Album „Load UP“, und das hast du auch schon phasenweise bei der „Open Road EP“ gehört, die einfach besser klingen, wie ich finde, als unser erstes Album.

Was habt ihr verändert?

Das Line-Up! (lacht) Nein im Ernst, es ist wirklich schwierig, Bandmitglieder dauerhaft zu halten, wenn du ständig auf Tour bist, so wie wir. Genauso schwer ist es, jemanden dauerhaft zu finden, der ständig von zu Hause weg sein kann und gerne mit fünf Typen sich über Monate in einem engen kleinen Bus aufhält. Ansonsten haben wir eigentlich gar nicht soviel über die Jahre verändert. Wir haben unseren Sound ein wenig aufpoliert, am Songwriting gebastelt und die Band immer etwas weiter entwickelt.

Zwischen euren beiden Alben "Dirty Rotten Games" und "Load Up" liegen drei Jahre. Warum habt ihr dafür so lange gebraucht?

Wirklich gebraucht haben wir die Zeit nicht, aber wir waren eben unglaublich viel unterwegs und haben die Zeit mit Touren und dem Erholen von den Touren verbracht. Wir haben eine Tour gemacht, um das erste Album zu supporten, die „Dirty Rotten Tour", und diese war sechs Monate lang. Das war eine coole Zeit, aber wir waren gerade so in der Lage, schuldenfrei zu bleiben, da wir ja eine ganz neue Band waren, ohne Fanbasis oder Namens-Wiedererkennung, die sich erst etablieren musste. So war es uns als neue Band erst einmal wichtiger, jede Menge Shows zu spielen und bekannter zu werden, als neues Material zu schreiben.

Ihr hattet ja eine Menge Wechsel im Line-Up in der Vergangenheit. Denkst du, dass ihr nun das beste Line-Up gefunden habt, was ihr jemals hattet?

Ich kann noch nicht sagen, ob es das Beste bisher ist. Chris, Alex und ich sind die treibenden Kräfte in der Band im Moment. Wir haben gerade einen neuen Bassisten in die Band integriert und hoffen nun auch, sehr bald einen Schlagzeuger wieder fest in der Band begrüßen zu dürfen. Als wir in Europa auf Tour waren, haben Daniel und Carlo diese Positionen ausgefüllt. Das Ganze war auch ein richtig gutes Team, aber wir brauchen eben hier in San Diego auch zwei Musiker, mit denen wir proben und Songs schreiben können, soviel es eben geht, um uns als Band weiter zu etablieren und zu entwickeln.

Euer neues Album erschien ja bekanntlich auf People Like You. Wie kam es, dass ihr einen Deal auf einem von Europas größten Punklabels bekommen habt?

Wir sind mit einigen Bands befreundet, für die Cityrat Records das Booking macht, insbesondere mit BORN TO LOSE. Und die sind auch bei PLY beheimatet. Als BORN TO LOSE unterwegs waren, kam ein Song von uns im Bus, sie erzählten, dass sie uns kennen würden, und von da an ging alles seinen Lauf. Durch Cityrat trafen wir dann Andre von PLY, dem wir dann, als wir wieder zu Hause waren, ein bisschen Material von uns zu kommen ließen. Danach hat er entschieden, uns unter Vertrag zu nehmen - und „Load Up“ ist unsere erste Scheibe, die in Europa bei PLY veröffentlicht wurde. Wir planen noch mehr in Europa zu touren, und die Werbung und die Promotion, die PLY für ihre Bands machen, hat uns schon sehr beeindruckt. Wir sind sehr glücklich, dass sie mit uns arbeiten wollen. Es war für uns der nächste Schritt, vielleicht sogar der beste, den wir bisher gemacht haben. Wir haben sehr viel in den USA ohne Reklame und ohne Unterstützung von Seiten unserer Labels getourt und waren wirklich sehr D.I.Y. vom ersten Tag an. Nach Europa zu fliegen und von solchen tollen Labels wie PLY und Cityrat Hilfe zu bekommen, erlaubt uns noch mehr zu touren und uns noch mehr auf die wichtigen Dinge zu konzentrieren und das weiterzumachen, was wir alle so sehr lieben.

Wie verlief eure letzte Europatour, die ja erst Mitte November zu Ende ging?

Die letzte Tour war wirklich gut. Wir schaffen es ständig, unsere Band in Europa bekannter zu machen. Es kamen viele Leute von der vorletzten Tour wieder zu unseren Shows, dann waren auch viele neue Leute da, denen von Freunden, die uns sahen, empfohlen worden war, uns anzuschauen. So hatten wir sehr viel Spaß, was wirklich verdammt wichtig für uns ist, trafen tolle Leute und haben einige neue Freunde gewonnen.

Was magst du am meisten, wenn du durch Deutschland tourst?

Die Autobahn (lacht). Ich wünsche mir dann immer, ich würde auf einem schnellen Motorrad sitzen oder hinter dem Lenkrad eines Hot Rod klemmen, als einen langsamen Bus zu fahren… Andere Dinge, die ich mag, sind die Leute, die immer freundlich und nett zu uns sind und uns auch bei den Shows sehr gut abfeiern. Gutes Essen und gutes Bier sind weitere Pluspunkte.

Wenn du die aktuelle mit der Tour im vergangenen Jahr vergleichst, wo waren die Unterschiede?

Die Tour im vorletzten Jahr war von einigen Schwierigkeiten überschattet, die den gesamten Trip beeinflussten. Einige der Shows mussten infolge des Zeitrahmens, den wir auf Tour hatten, verschoben werden, da unsere Flüge verschoben worden waren. Daher wurden einige Shows nicht so toll, da diese Verschiebung schon gehörigen Einfluss nahm. Dazu kamen einige sehr lange Fahrten zwischen den Veranstaltungsorten, was bei der letzten Tour im November dann auch nur noch selten vorkam und die ganze Sache schon sehr vereinfacht hat. Dennoch hatten wir bei den Touren eine tolle Zeit, können aber klar festhalten, dass es von mal zu mal immer besser wird.

Denkst du, es gibt große Unterschiede zwischen Shows in Europa (besonders in Deutschland) und denen in den USA?

Manchmal, das hängt eigentlich immer von Stadt und Zuschauern ab. Es gibt viele Momente, in denen wir uns gerne an Shows in den USA erinnern, aber genauso viele, die wir gar nicht erleben wollten. In Europa gibt es mehr Auftrittsmöglichkeiten für uns als in Kalifornien. Musikclubs werden mehr und mehr von den Städten geschlossen, und größere Clubs sabotieren zunehmend kleinere Veranstaltungszentrums, indem sie denen die Polizei oder das Ordnungsamt bei größeren Shows auf den Hals hetzen. Es wird klar versucht, Konzerte zu monopolisieren.

Hast du da ein paar lustige oder schlimme Geschichten, die du uns erzählen könntest?

Ja, ich kann dir eine wirklich krasse und schlimme Geschichte über unsere Zusammenarbeit mit Taang! Records erzählen, die sich während unserer dritten Tour durch die USA zutrug: Curtis von Taang! war wirklich unglaublich hilfsbereit, als er uns die Chance gab, auf dem Label eine CD herauszubringen, uns zu promoten und auch Shows für uns buchte. Er brachte den Ball für uns ins rollen und schaffte es, dass wir unsere erste größere Supporttour für THE BUSINESS quer durch die USA spielen konnten, obwohl es keine Nachhaltigkeit darin gab und wir die Planungen selber vollenden und unseren Platz auf der Tour sichern mussten. Hätten wir nicht einen Deal mit Devil Dolls Booking gemacht, hätten wir die ganze Tour wohl nicht bestreiten können.
Wie dem auch sei, die Tour lief über volle sechs Monate. Zuerst waren wir drei Monate alleine unterwegs, und dann trafen wir uns mit THE BUSINESS und BRAIN FAILURE in San Diego in der Zombie Lounge (mittlerweile geschlossen) und setzten die Tour von hieraus fort. Die Tour war eine schöne Zeit, auch wenn unser Geldaufwand für Sprit von Show zu Show wuchs und viel höher lag, als vorher garantiert worden war. Wir hatten aber auch fast ein Merchandise mehr zum Verkaufen übrig, wodurch wir gezwungen waren, sehr sparsam mit unserem restlichen Geld umzugehen, was insbesondere Essen und Hotels betraf…wenn ich mich recht erinnere, dann hatten wir auf der ganzen Tour keine richtigen Hotelzimmer für uns, was wir auch sonst selten nutzen, nur wenn es wirklich notwendig ist. Hätte uns Evan, der damals der Tourmanager von BRAIN FAILURE war, nicht jeden Morgen, nachdem wir im Van auf dem Hotelparkplatz geschlafen hatten, die Hotelzimmer der Band kurz überlassen, wären wir die meiste Zeit der Tour ohne zu Duschen getourt.

Aber zurück zu Taang! Records. Bevor die Tour begann, hatten wir das “Versprechen” bekommen, dass wir unsere „12“ Inch Vinyl LP und CDs von unserem Album „Dirty Rotten Games“ zum Verkaufen bekommen würden, in ausreichenden Mengen. Nun hatten wir schon nach den ersten drei Tourmonaten keine CDs mehr, da wir sie alle verkauft hatten, und wollten vor der THE BUSINESS-Tour unser Merchandise-Sortiment eigentlich wieder auffüllen.
Es endete damit, dass er (die Rede ist von Curtis von Taang! – Anm. d. Verf.) nie die Absicht hatte, uns mehr CDs zu schicken und einfach die Vinyl-LPs gar nicht erst pressen ließ! Wir telefonierten, schrieben SMS Nachrichten und E-Mails und bettelten zweieinhalb Monate lang, bis zwei Wochen vor Ende der Tour. Als wir gerade in einer Location in Salt Lake City (Utah) waren, mussten wir uns entscheiden, ob wir nun noch weitertouren wollten oder die Tour canceln wollten. Da trafen wir die Entscheidung, eine Tour niemals abzubrechen, es sei denn, es gäbe keine Möglichkeit, sie fortzusetzen. Obwohl wir drauf uns dran waren, direkt nach San Diego zurückzufahren, entscheiden wir uns weiterzumachen und die Küste bis Seattle hoch weiterzufahren und jede weitere Show, die wir gebucht hatten, auch zu spielen.

Das lag daran, dass ich zu diesem Zeitpunkt so sauer war, weil uns das Label so verarscht hatte, dass garantiert nichts Gutes passiert wäre, wenn ich wieder in San Diego in unmittelbarer Schlagdistanz zum Taang! Store gewesen wäre. So unternahm ich noch einen letzten Versuch, mit Taang! Kontakt aufzunehmen, rief von einer Telefonzelle an und hinterließ auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht, dass wir fertig, nervlich am Ende und in einer ganz beschissenen Lage wären…und bekam einen Rückruf!
Überrascht nahm ich den Anruf an und begann Fragen nach seinen Motiven zu stellen, uns im Stich zu lassen, nicht auf E-Mails zu reagieren oder uns in zweieinhalb Monaten auch nur einmal zurückzurufen, was uns jede Chance nahm auf dieser Tour voranzukommen. Er verwies darauf, dass Bands auf Tour ja keine CDs verkaufen müssten und dass er einen Vertrag mit einer Distributionsfirma hätte, wodurch die Leute genug Chancen hätten, unsere CDs in Plattenläden zu erwerben. Ich erwiderte, dass niemand, mit dem ich auf Tour gesprochen hatte, in der Lage war, unsere CD in einem Plattenladen zu finden und auch keiner der Plätze, an denen wir waren, hatte unsere Platte im Sortiment. Die Diskussion ging angeregt noch einige Zeit weiter, mit einem kleinen Erfolg.
Der Deal war der, dass er uns eine Box mit 30 CDs nach Seattle schicken wollte, welche aber nicht pünktlich ankamen und gerade noch so nach Oregon nachgesendet werden konnten, und wir unsere Tour mit diesen CDs beendeten. Meiner Meinung war das einfach viel zu spät. Wir zählten zusammen, wie viele CDs wir auf den Konzerten hätten verkaufen können, aber nicht konnten. Der Ertrag hätte locker für Benzin und eine weitere Zusammenarbeit mit dem Label gereicht. Wir haben seitdem nicht mehr wirklich viel mit dem Label gesprochen, außer über unsere viel zu späte Lizenzabrechnung, nachdem wir einen sehr unfreundlichen Anruf in Bezug auf ein Interview mit einer lokalen Zeitung erhielten, der wir unsere Geschichte erzählten. Lektion gelernt!

Wie hat das Publikum eigentlich auf eure neuen Songs bei den letzten Touren reagiert?

Ausgezeichnet. Wie ich schon früher in diesem Interview sagte, hatten wir zwei Ersatzleute mit dabei, am Bass und am Schlagzeug. Wir konnten also nur die Setliste spielen, die wir ihnen vorher zugesandt hatten, damit sie die Songs proben konnten. Bei den Shows waren nun eine ganze Reihe an Leuten, die Songs von uns vom neuen Album forderten und teilweise sogar gesanglich anstimmten, die wir eben nicht spielen konnten. Bei der nächsten Tour werden wir dann aber definitiv mehr Songs einstudieren, so dass wir dann auch mehr spontane Wünsche erfüllen können.

Kommen wir zum Ende, wie sehen eure weiteren Pläne für die nächste Zeit aus?

Wir werden noch mehr touren, da kannst du dir sicher sein. Auch werden wir neue Songs schreiben, Split „7“Inches veröffentlichen und eine ganze Reihe an neuen Merchandise-Designs kreieren. In Europa werden wir dann im Mai und Juni wieder zu sehen sein.

Zum Abschluss, hast du noch ein paar letzte Worte?

Danke an all die Leute, die uns einen Platz zum Schlafen überlassen, an die, die bei unseren Shows in der ersten Reihe stehen und lauthals mitgröhlen und natürlich an all die Leute, die uns wie eine Familie behandeln, obwohl wir soweit von zu Hause entfernt sind…Danke an euch alle!

Vielen Dank Noah, für deine Zeit und dieses ausführliche Gespräch!