Geschrieben von Donnerstag, 14 Juni 2012 22:01

Sweden Rock 2012 - Festivalbericht mit Bildergalerie


Sweden Rock 2012 Festival

Auch wenn von den drei Headlinern in diesem Jahr vor allem SOUNDGARDEN so gar nicht mein Fall war, stellte sich die Frage für mich im Vorfeld erst gar nicht, ob ich nun nach Sölvesborg fahre oder nicht – denn in der Breite war dieses wohl geilste Festival Europas mal wieder verdammt heftig aufgestellt. Also galt auch 2012 für uns wieder das Motto des Festivals: Fill Your Head With Rock!


Mittwoch, 06.06.2012

Die erste Auffälligkeit ist die Umstrukturierung des Geländes: Die Rockklassiker Stage steht jetzt quasi Rücken an Rücken mit der Zeppelin Stage, und die VIP Area wurde rechts vor der großen Festival Stage platziert. Dort, wo sie sich in den letzten Jahren befunden hat, wurde jetzt die Production Aera eingerichtet, die ausschließlich dem Sweden Rock Team sowie den Subunternehmen vorbehalten ist. Auf das Riesenrad und die anderen Fahrgeschäfte wurde glücklicherweise komplett verzichtet.

Bei leicht bedecktem, aber trockenem Wetter haben REENACT die große Ehre, die Einführungsrunde zu bestreiten. Obwohl es vor der Zeppelin Stage noch nicht richtig voll ist, und großes Gedränge anders aussieht, freut sich die Band bestimmt über die ca. 1000 Fans, die der diesjährigen Entjungferung beiwohnen. Die Schweden, die in diesem Jahr mit ihrem Debüt „Face Your Memories" hauptsächlich in ihrer Heimat punkten konnten, machen einen tollen Job, knien sich voll rein und überzeugen auf der ganzen Linie.

POMPEI NIGHTS hauen in dieselbe Kerbe, also sorgen auch dafür, dass die Fans bei durchwachsenen 14°C nicht frieren. Die Sleazer spielen ein solides Set und machen Spaß, haben aber was das Songwriting angeht durchaus noch Luft nach oben. Aber die Band ist noch jung und für ein Debütalbum ist „Rather Die Than Live In Boundaries" ein ordentlicher Anfang. „Midnight Mistress" und „Mistreated" sind live wie auf dem Album die Hinhörer.

Schon als die Running Order veröffentlicht wurde, habe ich mir verwundert die Augen gerieben: SABATON um 16:30h und dann nur 30 Minuten? Das kann ja nur ein Irrtum sein. Aber offensichtlich liegt der Grund hierfür an der Tour der Band, die am nächsten Tag startet, und so müssen Joakim Broden und Co. um diese unchristliche Uhrzeit ran. Die Fläche vor der Sweden Rock Stage platzt förmlich auseinander, als SABATON die Bühne entern. Gut geschätzte 15.000 Fans wollen ihre Landsleute sehen, die mit einer „Special National Anthem"-Show angekündigt wurden.

Die schwedische Nationalhymne spielen die Jungens aber nur kurz an, den Rest übernehmen die Fans, die ihre Hymne so lautstark mitsingen, dass mir im Fotograben Angst und Bange wird. Gänsehaut pur. Natürlich kommen mit „Gott Mit Uns" und dem Titelsong „Carolus Rex" auch Songs vom aktuellen Album zum Einsatz. Die Band, die bis auf Sänger Joakim Broden und Bassist Pär Sundström neu besetzt ist, zeigt sich schon erstaunlich gut eingespielt, auch wenn Gitarrist Chris Rörland das eine oder andere Mal seine Sänger fast über den Haufen rennt. „Ghost Division", „Into The Fire" und „Metal Crüe" vervollständigen die viel zu kurze Setlist. SABATON sind in Schweden wahre Helden und auch bei kurzer Spielzeit die eigentlichen, heimlichen Headliner dieses Mittwochs. Da wird es EDGUY in der Nacht schwer haben, diese Stimmung zu toppen.

Kontrastprogramm pur – also normal für Sweden Rock Verhältnisse – geht es auf der Zeppelin Stage jetzt wieder wesentlich melodischer ab. H.E.A.T. machen ebenfalls alles richtig und gehören zu den wenigen Bands an diesem Tag, die wirklich einen perfekten Soundmix erwischt haben. Die Peinlichkeit des Tages liefern die Jungens aber auch direkt, denn das Drumsolo kommt teilweise vom Band und Drummer Crash schafft es nicht, das Timing dieser Konserve zu halten. Wer so scheiße trommelt, sollte a) kein Solo spielen und sich b) nicht Crash nennen. Da er allerdings während der Songs solide trommelt, sei ihm verziehen. „Breaking The Silence" und „On The Run" vom aktuellen Album „Address The Nation" rockten die Massen am besten, und als Bandbesten würde ich Sänger Erik Gronwall hervorheben, der eine unglaublich geile Live-Stimme zur Schau stellt.

THE CROWN
beweisen danach, dass es auch schlecht geht, und zwar vom Sound und der Performance her. Im Jahr 2004 haben sich die Schweden bereits einmal aufgelöst, um sich Ende 2009 wieder zu vereinigen. Zwar starten ca. 150 Fans vor der Bühne einen Moshpit, der Rest der ca. 2.000 Leute steht aber eher unbeteiligt vor der Bühne und es kommt nicht wirklich Stimmung auf. Vielleicht war den Moshpitlern auch einfach nur kalt. Mir haben Jonas Stålhammar und Co. zumindest nicht wirklich viel gegeben.

Auf der Rockklassiker Stage gibt es dafür jetzt die Kombination aus allem bisher erlebten, und zwar in Form von DYNAZTY, die eine megageile Performance hinlegen, dafür aber mit dem bisher schlechtesten Sound ausgestattet sind. Würde man heutzutage noch teeren und federn, wäre der Soundman mit Sicherheit einer, der ganz vorne in der Schlange stehen würde. Schwerpunkt im Programm der schwedischen Hard Rocker sind die Songs ihres aktuellen Albums „Sultan Of Sins", und Mittelpunkt auf der Bühne ist mit Sicherheit Sänger und Frauenliebling Nils Molin. Der Titelsong sowie „Raise Your Hands" kommen trotz Soundkatastrophe am besten und die Band beweist, zu was sie im Stande wäre, wenn der Klang mal passt. Gefeiert werden die Jungens trotzdem ohne Ende, und es sollte nicht das einzige Mal bleiben, dass sich die Platzierung der Rockklassiker Stage aufgrund der etwas geringen Kapazität für die Zuschauer als eher suboptimal erweist.

EDGUY steigen mit „Nobody's Hero" in ihr Set ein und werden schon beim Intro von ca. 15.000 Fans euphorisch empfangen. Deutsche Bands sind in Schweden ja immer sehr beliebt, aber EDGUY haben hier offensichtlich einen Stein mehr im Brett. Der Sound ist ebenfalls perfekt, nur die Beleuchtung der Bühne bereitet mir im Fotograben erhebliche Schwierigkeiten. Mit Songs wie „Tears Of A Mandrake", „Rock Of Cashel", „Lavatory Love Machine", Superheroes" und „Robin Hood" machen die Jungens auch alles richtig, der Partyfaktor ist ganz weit oben. Was mir nur mittlerweile richtig auf den Senkel geht, ist das viele Gelaber von Tobi. Man kann sich damit ja vielleicht noch abfinden, wenn er ab und an mal was Neues einbauen würde, aber teilweise kommen die „Jokes" ja schon in diversen Live-Mitschnitten vor, sodass der Spaß-Faktor nicht wirklich hoch ist. Aber davon abgesehen ist der Gig sehr unterhaltsam, und „Vain Glory Opera", „Land Of A Miracle" und „King Of Fools" als letzte Zugabe runden die ganze Geschichte ab.


Donnerstag, 07.06.2012

11:30 Uhr, das Wetter hält immer noch, die Frisur sitzt und DEALS DEATH bieten genau das richtige Programm, um den ersten SRF Kater aus dem Kopf zu ballern. Der Melodic Death Metal der Band und ihre Präsenz auf der Bühne mit dem kollektiven Gebange ist die perfekte visuelle Untermalung von Songs wie „Collapse" oder „Fortified", die vom aktuellen Album „Elite" stammen. Sänger Olle Ekmann ist zwar mit seinen dicken Armen ein kleiner Poser, aber wer viel hat, kann auch viel zeigen. So geht der erste komplette Tag zumindest schon einmal gelungen los.

Auf der Rockklassiker Stage stehen als nächstes SCARLET DROP an. Vor der Stage mache ich mir aber zunächst Gedanken, ob der Gig tatsächlich stattfindet, denn ich bin fünf Minuten vor Showbeginn der Einzige, der sich zur kleinsten der fünf Bühnen verirrt hat. Glücklicherweise sind es dann doch ca. 150 Nasen, als die Band auf die Bühne kommt. Zwei ziemlich kleine Mädels stehen da mit ihren Klampfen um den Hals, und ich rechne bei den ersten Klängen eigentlich eher mit Melodic Rock, als die Band von einer Sekunde zur anderen den Hebel umlegt und so dreckig abgeht und losgrowlt, dass einem Hören und Sehen vergehen. Unverhofft kommt oft... Auf alle Fälle kommen die vier Schweden – zur Band gehören auch noch zwei Männer – verdammt gut an. „Just Watch Me" und „This Is A Story" ballern am besten und die Band hätte definitiv mehr Zuspruch verdient.

Auf EXCITER aus Kanada hab ich mich auch sehr gefreut, denn der Speed Metal der Kanadier war einer der Vorreiter eines ganzen Genres. Dass von den Gründungsmitgliedern nur noch Gitarrist John Ricci dabei ist, stört mich weniger, zumal mit Sänger Kenny „Metal Mouth" Winter ein begnadeter Sänger in den Reihen der Band steht. „Aggressor", „I Am The Beast", „Heavy Metal Maniac", „Rising Of The Dead" – die Band hätte die Songs nicht besser aussuchen können. Sänger Kenny schneidet Grimassen wie ein Weltmeister und macht seinem Namen alle Ehre. Zu Recht wird die Band, die sich nicht mit langen Dialogen zwischen den Songs aufhält, von ca. 5.000 Fans gefeiert. Leider ist auch hier viel zu schnell Schluss, denn nach „Long Live The Loud" und „Violence & Force" freuen sich die Musiker über die anhaltenden „Exciter! Exciter!"-Rufe.

FRONTBACK, eine femal fronted Rockband aus Schweden, entern danach die kleine Rockklassiker Stage und haben mit dem Publikum etwas mehr Glück als zuvor SCARLET DROP, denn es haben sich ca. 500 Fans versammelt. Man kann aber schon sehen, dass die Band um die Geschwister AnnLouise und Bill Front bereits auf größeren Bühnen gestanden hat, denn der Gig ist höchst professionell. Mir ist vor allem „Time Is Running Out" im Ohr hängengeblieben, die Band werde ich mir auf alle Fälle mal merken.

Der erste Gig auf der Hauptbühne, der Festival Stage, ist 10CC vorbehalten. Eigentlich eher eine Band, zu der meine Mutter das Tanzbein schwingen würde, muss man den „Jungens" aber einen wirklich geilen Gig attestieren. Die Songs sind zwar nicht immer meins, aber die oft dreistimmigen Leadvocals kommen glasklar und auf den Punkt gesungen. Wenn ich mir vor Augen führe, dass diese Band sogar noch vor meiner Geburt gegründet wurde, kann man nur den Hut ziehen, wie gut der Haufen noch drauf ist. Natürlich sind neben den vielen Songs, die ich nicht kenne, die Megahits „Rubber Bullets", „I'm Not In Love" und das sogar für mich geniale „Dreadlock Holiday" am Start. Schönes Ding, man kann ja nicht immer nur die Matte kreisen lassen.

Als nächstes geht es wieder zur Zeppelin Stage, meiner Lieblingsbühne beim Sweden Rock, um die LITTLE ANGELS zu begutachten. Mir sind die Briten eigentlich nur mit ihrem erfolgreichsten Album „JAM", und dabei vor allem mit dem Song „Too Much Too Young" in Erinnerung, aber der komplette Gig rockt ohne Ende, und Sänger Toby Jepson hat das zahlreich erschienene Publikum von der ersten Sekunde an im Griff.

EXODUS oder DANKO JONES ist die Frage, die sich jetzt stellt, denn wie immer lässt es sich bei einem Festival mit fünf Bühnen nicht vermeiden, dass auch gelegentlich mal Bands parallel spielen, die ich beide gerne gesehen hätte. Letztendlich wird es DANKO JONES, und der Kandier enttäuscht nicht. Neben vielen sympathischen Ansagen zwischen den Songs knallt die Band mit „Sticky Situation", „Forget My Name", „Caramel City", „Invisible" oder „Cadillac Play" in die Vollen und sorgt für euphorische Stimmung vor der Bühne. Dass Danko den Fotograben während des kompletten Gigs und nicht nur für die ersten drei Songs geöffnet lässt, unterstreicht das sympathische Auftreten der Band. Was das angeht, könnten sich sogenannte Superstars gerne eine Scheibe von Herrn Jones abschneiden, wie wir später noch merken werden.

Die Doomer SAINT VITUS wollte ich mir eigentlich kneifen, da ich sie schon auf CD völlig überwertet finde, aber irgendwie lande ich doch vor der Zeppelin Stage. Allerdings tatsächlich nur für drei Songs, denn meine Vorabmeinung bestätigt sich: Das Geschreddel der Amis ist einfach nur grottig. Auch wenn die Band, die mit einer Unterbrechung von neun Jahren seit 1979 ihr Unwesen treibt, bei vielen Fans Kult-Status erreicht hat, fand ich den Auftritt einfach nur unmotiviert. Die ersten drei Songs sind „Blessed Night", „I Bleed Black" und „Clear Windowpane" und schaffen es nicht, mich zu überzeugen. Es liegt vielleicht auch daran, dass Doom nicht zu meinen bevorzugten Musikgenres gehört. Aber wie sagt unser ehemaliger Torwart-Titan: Mund abwischen und weiter geht's.

Das bedeutet in diesem Fall auf zur Festival Stage, auf der sich NIGHT RANGER ankündigen. Vor der Bühne ist es richtig voll, und die Amis steigen „Lay It On Me" fulminant in ihr Set ein. Der Sound ist perfekt. Das betone ich deshalb so oft, weil in diesem Jahr auch oftmals der Sound ziemlich daneben war. Hier passt es aber wunderbar, und neben den NIGHT RANGER Klassikern wie „Seven Wishes" „Growing Up In California" oder „Rock In America", zu dem sich die Ober-Schwester Dee Snider mit auf die Bühne gesellt, kommen auch die DAMN YANKEES Songs „High Enough" und „Coming Of Age" zum Zuge. Und da Gitarrist Brad Gillis auch ein Album mit Ozzy eingespielt hat, kommt als besonderes Goodie auch noch die Coverversion von „Crazy Train". Ganz fett, was NIGHT RANGER hier abliefern. Mit „Sister Christian" und „Don't Tell Me You Love Me" verabschiedet sich die Band und wird lautstark bejubelt.

Bevor es zur Comedy-Show von STEEL PANTHER geht, gönne ich mir noch ein paar Takte von RIVAL SONS, die ihren anspruchsvollen Blues-Rock auf der Zeppelin Stage präsentieren. Die Songs „Pressure & Time" und „Burn Down Los Angeles" kommen richtig gut und ich hätte die Amis gerne bis zum Ende gesehen, aber STEEL PANTHER ist für mich eine must-see Geschichte. Also geht es sofort weiter zur zweitgrößten Bühne, der Rock Stage. Und die Kalifornier enttäuschen mich erneut nicht. Auch wenn ich die Band jetzt schon drei Mal live gesehen habe, machen sie nicht denselben Fehler wie EDGUY und bringen ständig dieselben Ansagen und Jokes, sondern sind spontaner und abwechslungsreicher.

Auch musikalisch haben Sänger Michael Starr, Gitarrist Satchel, Drummer Stix Zadinia und Bass-Schönheit Lexxi Fox mit „Ball's Out" ein gewichtiges Pfund zugelegt. Dass die Band im Sleaze- und Glam Rock verseuchten Schweden leichtes Spiel hat, beweist der ohrenbetäubende Jubel, der beim Intro „Into The Future" aufkommt. Mit „Supersonic Sex Machine" geht die Poser-Orgie los, und die Band ist wirklich super bei Laune. Ist ja auch kein Wunder, denn vor der Bühne stehen 15.000 feiernde Fans und mittlerweile scheint sogar die Sonne.

Wie gewohnt werden die Songs permanent durch anzügliche, ordinäre und sexistische Dialoge (... ich sag nur: „Michael, are you ok??") kommentiert, Bass-Beau Lexxi Fox holt wie immer den Schminkspiegel raus und korrigiert sein Make-up, und Party-Hymnen wie „Tomorrow Night", „Fat Girl", „Party All Day, Fuck All Night" und „Community Property" lassen die Stimmung vor der Bühne überkochen. Dass die Powerballade „Weenie Ride" nicht in der Setlist ist, kann ich nachvollziehen, denn die Stimmungskurve kann somit durchgängig hoch gehalten werden. „17 Girls In Row" und „Death To All But Metal" sind die Rausschmeißer einer zum wiederholten Mal großartigen Show, was offensichtlich nicht nur ich so sehe, denn die „Steel Panther! Steel Panther!"-Rufe sind noch zu hören, als die Band schon längst weg und das Outro verklungen ist.

GRAVEYARD haben es jetzt verhältnismäßig schwer, die Menge vor der Zeppelin Stage in den Griff und auf Touren zu bringen. ... Dachte ich zumindest, werde aber nach den ersten Klängen sofort eines Besseren belehrt. Die Hard Rocker aus Göteborg haben offensichtlich eine große Fanbase in Schweden, denn die Meute vor der Bühne geht absolut steil. Wieder eine Band, die auf meiner To-Do-Liste landet und mit der ich mich 100%ig noch näher beschäftigen werde.

Nach dem Gig muss man sich eigentlich nur vom Strom der Massen führen lassen, denn alle strömen zur Rock Stage, um Ex-SKID ROW Röhre SEBASTIAN BACH zu sehen. Schließlich wurde er ja auch oft genug von den Stahl Panthern in ihrem Gig angepriesen. Solange Sebastian Bach den ein oder anderen SKID ROW Klassiker einstreut, kann er gar nichts falsch machen. „Slave To The Grind", „Monkey Business" und „I Remember You" werden demnach auch am lautesten mitgegrölt, und zu dem mehrfach vehement geforderten „Youth Gone Wild" kommt erneut Dee Snider auf die Bühne und der Song endet in einem fast schon frenetisch gefeierten „We're Not Gonna Take It". Ich hätte gerne auch „18 And Life" gehört, aber im Vergleich zu den Gigs aus der näheren Vergangenheit ist der Song wohl aus der Setlist gefallen. Schade, aber trotzdem kann man die Show mit mehr als gelungen betiteln.

Dann geht es schon zum ersten Headliner. SOUNDGARDEN haben das Vergnügen, den ersten kompletten Festivaltag abzuschließen. Nur leider kann man der Band nicht eine Minute lang wirkliches Vergnügen ansehen. Gitarrist Kim Thayil, Bassist Ben Sheperd, Drummer Matt Cameron und vor allem Sänger Chris Cornell stehen bei „Searching With My Good Eyes Closed", „ Spoonman", "Let Me Drown" und "Outshined" mit dem Bewegungsradius von vier Bierdeckeln auf der Bühne. Kaum Emotionen und auch kaum Reaktionen von Seiten des Publikums. Dabei haben SOUNDGARDEN das, was viele Bands heute nicht hatten, nämlich einen wirklich satten und gut gemischten Sound. Während „Flower", „Drawing Flies" und „Hunted Down" setzt eine Massenwanderung in Richtung Ausgang ein, und auch wir entscheiden, uns langsam aber sicher zu verabschieden. Als wir am Ausgang sind, ist der Platz vor der Bühne nicht einmal mehr ¾ so voll wie zu Beginn der Show.

„Blow Up The Outside World" und „Fell On Black Days" hören wir noch auf dem Heimweg. Als wir am nächsten Tag einige Unentwegte treffen, die bis zum Ende geblieben sind, erfahren wir, dass es auch bei den restlichen Songs nicht wesentlich emotionaler wurde. Womit sich meine Befürchtung bestätigte, dass SOUNDGARDEN es schwer haben würden, mich wirklich zu überzeugen. Um das zu schaffen hätte hier wesentlich mehr kommen müssen.


Freitag, 08.06.2012

Kalt, grau und wolkenverhangen startet der Freitag, und musikalisch versuchen die Letten SKYFORGER mit ihrem Folk Metal die ca. 500 Leute, die sich aus den Zelten getraut haben, aufzuwärmen. Und das machen die in traditionellen, sehr warm aussehenden Trachten gewandeten Musiker sehr ordentlich.

Was ADRENALINE MOB, die Band um Ausnahme-Sänger Russel Allan (u.a auch mit SYMPHONY X in Schweden am Start) und Ex-DREAM THEATER Drummer Mike Portnoy im Anschluss auf die Rock Stage zaubern, ist schlichtweg atemberaubend. Zusammen mit Gitarrero Mike Orlando und Bassmonster John Moyer zeigt die Band das, was viele der sogenannten Supergroups vermissen lassen, nämlich Leidenschaft, Homogenität und unglaubliche Spielfreude. „Feeling Me", „Hit The Wall", "Angel Sky" und das geniale, Russells Tochter gewidmete „All On The Line" hauen mich förmlich um. Unglaublich wie die Band es schafft, wirklich alle Fans in ihren Bann zu ziehen.
Dass „The Mob Rules" Ronnie James Dio gewidmet wird, gleichzeitig aber auch ein Querverweis auf den Bandnamen ist, stellt Russell Allan in der Ankündigung mit einem Augenzwinkern sofort klar. Für mich ist der Gig der Band eines der großen Highlights des bisherigen Events, und das Debütalbum „Omerta" sei nur jedem Rocker wärmstens ans Herz gelegt.

Kurz bevor unser blonder Sonnenschein aus dem Ruhrpott, AXEL RUDI PELL, mit seinen Jungens die Festival Stage entert, ist auch meteorologisch Schluss mit Sonnenschein, denn der Himmel öffnet seine Pforten und ich werde das erste Mal sicke nass. „Ghost In The Black" kommt als Opener gut, leider verkriechen sich alle Musiker wegen des Regens in die hintersten Ecken der Bühne. Nur Sänger Johnny Gioeli traut sich gelegentlich an den Bühnenrand. Nichts desto trotz kann ich meinen Landsleuten einen grundsoliden Gig bescheinigen, auch wenn „Strong As A Rock", „Before I Die", das Medley von „The Masquerade Ball", „Casbah" und „Dreaming Dead" sowie „Tear Down The Wall" es nicht ganz schaffen, die durchnässten Fans auf Touren zu bringen. Und auch wenn Mike Terrana ein Tier hinter den Drums ist, ist ein Schlagzeugsolo auf einem Festival für mich so überflüssig wie ein Kropf. So was kann man auf der regulären Tour bringen, aber nicht wenn man eh schon eine begrenzte Spielzeit zur Verfügung hat.

Das Wetter sieht noch nicht nach Besserung aus, und so hat MICHAEL SCHENKER die schwere Aufgabe, durchnässte und frierende Fans zu begeistern. Weil die Schweden aber größtenteils hart im Nehmen sind, stehen auch hier geschätzte 8.000 Fans vor der Rock Stage und gehen richtig ab. Da die Band mit Bassist Francis Buchholz und Drummer Hermann „The German" Rarebell zwei Ex-SCORPIONS Mucker im Line Up hat, ist irgendwie klar, dass wir auch verstärkt Klassiker der Hannoveraner erwarten können. Und wer „Holiday", „Rock You Like A Hurricane" und „Black Out" von Dougie White gesungen hört, braucht sich Klaus Meine wirklich nie mehr zu geben.
Das Instrumental „Coast To Coast" kommt auch noch gut, und UFOs „Rock Bottom" ist für mich eh immer DAS Highlight einer jeden Michael Schenker Show. Dass die eigenen, neuen Stücke von „Temple Of Rock" dabei etwas in den Hintergrund treten, scheint hier keinen wirklich zu stören. Da ich mich für Schenker entschieden habe, ist GAMMA RAY leider an mir vorbei gegangen – aber ich nach dem, was ich gehört habe, war es die richtige Entscheidung.

BLUE ÖYSTER CULT,
eine weitere „Dino"-Band beim diesjährigen Sweden Rock, teilen das Schicksal mit ARP, denn der nächste heftige Regenschauer verhindert eine euphorische Stimmung vor der Bühne. Größtenteils sieht man nur Regenponchos, die bewegungslos vor der Stage verharren. Schade, denn die Band um Sänger Eric Bloom und Bass-Legende Rudy Sarzo, der seit 2007 im Line Up der New Yorker steht, geben sich redlich Mühe, die Fans irgendwie bei Laune zu halten. Das klappt aber mit „The Red & The Black", „Burning For You", "Harvest Moon", dem wirklich tollen "Than Came The Last Days Of May" und "Hot Rails To Hell" leider nur bedingt. Bei trockenem Wetter und Sonnenschein wäre hier bestimmt die Hölle losgewesen.

Bei TYGERS OF PAN TANG, einer der ersten NWobHM Bands, ist es zwar immer noch kalt, windig und bewölkt, aber zumindest trocken. „Hellbound", „Rock'n Roll Man" und „Live For The Day" waren gut, aber alles in allem war der Gig nicht überragend, im Grunde habe ich mehr erwartet.

Das habe ich auch von GOTTHARD, die als nächste Band die Rock Stage beackern. Besonders gespannt bin ich auf den neuen Sänger Nic Maeder, der ja bekanntlich den verstorbenen Ausnahmesänger Steve Lee ersetzt. Und das macht der junge Mann verdammt gut, wenn man bedenkt, dass es bestimmt einfachere Jobs gibt, als Steve Lee zu beerben. „Dream On", „Anytime Anywhere", „Remember It's Me" lassen die Fans endlich wieder warm werden. Endgültig vorbei ist die Kälte, als bei „Lift U Up" kollektives Gehüpfe angesagt ist. Nic hält sich ziemlich zurück, was das Stage Acting angeht, dafür post Gitarrist Leo Leonie wie ein Verrückter und ist der unumstrittene Fixpunkt der Show. Nic Maeders Stimme ist nicht so dominant und kraftvoll wie die von Steve, aber dafür eine ganze Ecke rockiger, was besonders bei den schnelleren Stücken gut rüberkommt. Sympathisch finde ich, dass er erst gar nicht versucht, Steve in irgendeiner Form zu kopieren. Ok, würde eh nicht klappen, aber er scheint selbstbewusst genug zu sein, seine Fähigkeiten in die Band einzubringen. Und das ist gut so. Mit GOTTHARD darf also (zum Glück) weiterhin gerechnet werden.

THE DARKNESS. Was soll ich dazu sagen? Als die Bestätigung der Band kam, war ich zuerst einmal sehr bestürzt, da THE DARKNESS allein wegen des nervigen Gesangs von Justin Hawkins nie den Weg in meine CD-Sammlung schafften. Und wenn selbst Engländer sich bereits vor dem Gig für ihre Landsleute entschuldigen, spricht das auch nicht gerade für ihren Ruf in der Heimat. Justins Aufruf: „Gimme a 'D', Gimme an 'arkness'" wurde von unseren englischen Freunden nur mit „Gimme a 'D', Gimme an 'ickhead'" kommentiert. Das sagt alles.

Ich muss aber jetzt gestehen, dass die Band nicht soooo schlecht ist. Justin ist zwar mehr oder weniger der Alleinunterhalter auf der Bühne – und seine Stimme ist nicht weniger ätzend als vor sechs oder sieben Jahren – aber mit einem anderen Sänger könnte mich mir „Growing On Me", „Nothing's Gonna Stop Us Now", „Love Is Only A Feeling" und „Every Inch Of You" sogar gut reinziehen. Auch auf die Gefahr hin, dass Sue und Phil beim nächsten Aufeinandertreffen nicht mehr mit mir reden wollen. Fazit von THE DARKNESS: Ich habe schon Schlechteres gesehen, aber auch erheblich Besseres.

Gut, dass danach MOTÖRHEAD auf der Rock Stage spielen. Da weiß man immer, was man bekommt, und das ist meistens gut. Der Bomber hängt unter der Decke, und ich denke mal, so wie SAXON ihren Eagle wohl irgendwo in Wacken in einer Scheune deponieren, werden MOTÖRHEAD das mit dem Bomber hier in Norje machen. „We are Morörhead. And we play Rock'n Roll" ist der Standardsatz, mit dem Lemmy sich und die Band auch heute wieder ankündigt, und auch in der Setlist gibt es keine wirklichen Überraschungen: „Damage Case", „Iron Fist", „I Know How To Die", „Stay Clean", „Metropolis", „Over The Top", „One Night Stand", „The One To Sing The Blues", „Just 'cos You Got The Power", „Going To Brazil". Alles business as usual. Bei „Kill By Death" kommen Gitarrist Andy LaRocque und UGLY KID JOE Sänger Whitfield Crane mit auf die Bühne, was die einzige Abweichung von einem normalen MOTÖRHEAD Gig darstellt. Zugaben: „Bomber", „Ace Of Spades" und „Overkill". MOTÖRHEAD sind eben MOTÖRHEAD. Und auch das ist gut so!

Der zweite Headliner kann im Vergleich zu SOUNDGARDEN am Vortag ja nur gut aussehen, und das ist auch der Fall. TWISTED SISTER sind wesentlich agiler, wesentlich musikalischer, wesentlich rockiger (hab' ich das jetzt wirklich geschrieben?) als die Headliner am Vortag. Und dass viele Songs der Band Partysongs sind, haben wir zum Beispiel in Balingen auf dem BangYourHead Festival schon mehrfach erlebt. „What You Don't Know (Sure Can Hurt You)" macht den Anfang, und Dee Snider jagt von rechts nach links über die Bühne und schafft es tatsächlich, die Fans zum Ausrasten zu bringen. Dass nicht alle Songs gleich gut ankommen und sich langsam aber sicher zu so weit fortgeschrittenen Stunde auch diverse Ermüdungserscheinungen im Publikum bemerkbar machen, ist auch normal.
„Stay Hungry", „You Can't Stop Rock'n Roll", „We're Not Gonna Take It" und „I Wanna Rock" gehen immer noch irgendwie und mobilisieren die letzten Kräfte. Aber nach dem Tag bin ich dann doch froh, als es mit „S.M.F." zu Ende ist, denn die Nässe und Kälte steckt mir immer noch in den Knochen. Im Vergleich der Headliner haben TWISTED SISTER ihr Soll jedoch erfüllt und SOUNDGARDEN locker um Längen hinter sich gelassen.


Samstag, 09.06.2012

Endlich stimmt an diesem Wochenende mal das Wetter: Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein, so geht Festival. THE GLORIA STORY legen auf der Zeppelin Stage los und hören auch sofort wieder auf. Grund: Stromausfall. Absolut professionell, wie Sänger Filip die Leute vor der Bühne ohne Micro unterhält. Er singt Metalklassiker an und die ca. 1500 Leute vor der Bühne singen den Rest. Als ihm der Stoff ausgeht, wird noch eben eine Akustikgitarre zerkloppt und ein Drumsolo gefordert. Klasse. Als der Strom wieder da ist, hat man ihn eigentlich kaum vermisst. Die Band haut acht Songs inkl. KISS Coversong „C'mon And love Me" unter's Volk, bevor nach zwei weiteren zerkloppten Gitarren der Vorhang fällt. Geiler Hard Rock und absolut sympathische Mucker. Also wieder eine Band für meinen Merkzettel.

Vielleicht liegt es am Wetter, vielleicht doch an der Running Order, aber auch bei GIRLSCHOOL geht es mördermäßig gut zur Sache. Die vier Engländerinnen grinsen um die Wette und rocken fett ab, was von den Fans mit viel Mitklatschen und Mitsingen honoriert wird. Die sieben Songs („C'mon Let's Go", „Hit And Run", „Take It All Away", „Yeah Right", „Screaming Blue Murder", „Race With The Devil" und das ZZTop Cover „Tush") werden ohne große Unterbrechungen und Stromausfälle rausgehauen, und damit geht auch dieser Gig viel zu schnell vorbei. Warum spielen in diesem Jahr eigentlich alle meine Faves so früh und damit kurz?

Die Sweden Rock House Band GODA GRANNAR verkneife ich mir in diesem Jahr und gehe lieber zu HELL, was sich als gute Entscheidung entpuppt, denn die Band zeigt sich in bester Verfassung, und das trotz der frühen Tageszeit und strahlendem Sonnenschein. Besonders „On Earth As It Is In Hell" und „Blasphemy And the Master" verfehlen ihre Wirkung nicht, und auch hier feiern die Fans ohne Ende mit.

BONAFIDE wollte ich schon immer mal sehen, obwohl uns viele Schweden davon abraten, uns die Band zu geben – was für uns Grund genug ist, doch zur Zeppelin Stage zu pilgern. Was sich hier abspielt, ist wieder mal als ganz großes Kino zu bezeichnen. Der Hard Rock der Band um den charismatischen Sänger Pontus Snibb könnte erdiger nicht sein und reißt die Massen komplett mit. „Hard Living Man" oder „I Don't Need No Doctor" lassen die Fans fast ausrasten. Ich habe selten um diese Uhrzeit auf dem Sweden Rock so eine Begeisterung gesehen. Das gute Wetter scheint Fans wie Musiker auch noch zu pushen, und nachdem Pontus beim Solo von „Big Boss Man" von der Bühne klettert und einmal quer durch den Pulk rennt, holen BONAFIDE zu „Fill Your Head With Rock" (was ja auch jedes Jahr das Motto des Festivals ist) ca. 100 Fans auf die Bühne, die begeistert den Refrain mitsingen. Was für eine geile Show. Und mein Merkzettel ist schon wieder um eine Band länger.

FISH gebe ich mir dann nur ca. drei Songs lang, da weder diese noch der Sänger selbst irgendwelche Reaktionen im Publikum hervorruft. Im Grunde kann ich den Auftritt des Ex-MARILLION Sängers (lang, lang ist's her) eher als langweilig bezeichnen. Ok, irgendwann muss ja auch an diesem bisher genialsten Tag ein Loch kommen. Und das heißt zumindest für mich FISH.

ORANGE GOBLIN kann ich dann nur drei Songs lang sehen, da BAD COMPANY auf der Festival Stage spielen. Hier habe ich dann zum ersten Mal falsch mit meiner Entscheidung gelegen, denn ORANGE GOBLIN sind klasse. "The Filthy & The Few", „The Ballad Of Solomon Eagle" und „Time Travelling Blues" sind Blues Rock vom allerfeinsten, BAD COMPANY mit „Can't Get Enough", „Honey Child" und „Run With The Pack" dagegen eher ein laues Lüftchen. Ich halte trotzdem durch in der Hoffnung, dass es noch besser wird, aber wirklich gut sind die Jungens erst bei der Zugabe „Ready For Love" und „Bad Company".
Luft holen ist heute wirklich nicht angesagt, denn Mark Slaughter, Jeff Blando, Dana Strum und Blas Elias, zusammen SLAUGHTER, bitten vor die Rock Stage. Die Band aus Las Vegas war Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger mal eine ganz große Nummer, musste sich aber wie so viele Hard Rock Bands damals auch dem aufkommenden Grunge beugen. Namensgeber und Sänger Mark Slaughter hat zwar ein paar Pfündchen mehr auf den Rippen als damals, seinem Stimmvolumen hat das aber nicht geschadet. Vor allem die Big Hits der Band wie „Burning Bridges", „Spend My Life" und „Up All Night" werden lautstark mitgerölt und abgefeiert. Leider auch viel zu kurz, aber die Ankündigung eines neuen Albums lässt zumindest auf neuen Stoff der Amis hoffen.

Zwischendurch muss ich mich kurz zur Rockklassiker Stage durchdrängeln, da dort CRUCIFIED BARBARA angesagt sind. In Schweden sind die vier Mädels Heldinnen, und einmal mehr stellt sich heraus, dass es total bescheuert ist, so eine Band auf der kleinsten Bühne des Festivals zu platzieren. Ich schätze, ca. 7.000 Fans stehen vor der Bühne und zwischen den Fressständen, weil einfach der Platz nicht reicht. Die Mädels haben diesen Zuspruch wirklich verdient, denn sie treten mächtig in den Hintern. „Crucifier" und „Into The Fire" vom neuen Album werden hier genauso gefeiert wie die „älteren" Songs. Sehr nett anzusehen und noch fetter anzuhören.

Haben mich im letzten Jahr noch MOLLY HATCHET live mit ihrem Southern Rock umgehauen, gibt es in diesem Jahr mit LYNYRD SKYNYRD noch einmal eine Steigerung. Southern Rock vom Allerallerallerfeinsten, zum Niederknien. Und heute geht das ja sogar, weil es trocken ist. „Workin' For MCA", „I Ain't The One" und „Skynyrd Nation" knallen aus den Boxen, die Band zeigt sich enorm spielfreudig und nutzt permanent die komplette Bühne inklusive dem Steg, der ins Publikum ragt. Ständig steht Sänger Johnny Van Zant oder mindestens einer der Gitarristen ganz weit im Publikum und bindet die Fans in ihre Show ein. Ganz stark auch „Simple Man" und das Medley mit „Gimme Back My Bullets / Whisky Rock-A-Roller / The Needle And The Spoon".
Hier sind die unerreichten Pioniere des Southern Rock am Werk, die natürlich auch um "Sweet Home Alabama" und „Free Bird" nicht herum kommen. Beide Songs werden von den ca. 20.000 Fans vor der Bühne hingebungsvoll mitgesungen. (Außerdem wurden noch gespielt: „What's Your Name", „Down South Jukin'", „That Smell", „Saturday Night Special", „Tuesday's Gone", "Gimme Three Steps" und "Call Me The Breeze").

Langsam dämmert es, und die äußeren Bedingungen für KING DIAMOND könnten nicht besser sein. Viele der Fans vor der Bühne denken bestimmt, dass LORDIE der Erfinder des theatralischen Shockrocks ist, zumindest wenn man den Altersdurchschnitt zu Grunde legt. Aber alle diese Fans werden heute eines Besseren belehrt, denn hier kommt der Meister. Viel Nebel wabert über die Bühne, die zunächst noch mit einem Zaun vom Publikum abgetrennt ist, als Kim Bendix Petersen alias KING DIAMOND zu „The Candle" die Bühne betritt.

„Welcome Home" folgt und KD ist prächtig bei Stimme, was ja nicht unbedingt selbstverständlich ist, denn a) sind seine Parts mit Sicherheit mega anspruchsvoll zu singen, und b) wurde Kim ja 2010 nach mehreren nicht erkannten Infarkten am offenen Herzen operiert. Dafür ist er prächtig in Form und nimmt sich kein bisschen zurück. Songs von „Conspiracy", „Abigail" und „The Eye" sind dabei, was für mich die halbe Miete bedeutet, da dies die Scheiben sind, die ich in meiner Sammlung habe. Mit Andy LaRocque und Mike Weed (beide Gitarre), Bassist Hal Patino und Drummer Matt Thompson hat KING DIAMOND aber auch absolute Könner in seinem Line Up, die genau wie er nicht an Theatralik sparen und die Songs grandios performen.

Dass KING DIOMAND Kult Charakter haben, zeigt sich auch daran, dass unzählige Musiker gerne als Gäste auf der Bühne gewesen wären. Die Wahl des King fällt dabei auf Michael Poulsen von VOLBEAT, der zu „Come To The Sabbath" offensichtlich stolz wie Oskar auf die Bühne darf, und MOTÖRHEAD Drummer Mikkey Dee, der allein aufgrund seiner schwedischen Abstammung in Sölvesborg gefeiert wird – und zu „Halloween" das Drumkit in seiner üblichen Art beackert (ich sag nur „The Animal" aus der Muppet Show...).
Schade ist nur, dass aufgrund des Zaunes und des vielen Nebels kaum gute Fotos möglich sind. „Black Horseman" ist der Rausschmeißer einer Show, die mit vielen theatralischen Elementen zu einer wirklichen Horrorshow wurde.

Kurz bevor MÖTLEY CRÜE starten, wird bekannt, dass die Herren Superstars den Fotograben erst gar nicht aufmachen. Was das soll, weiß keiner, aber das toppt AEROSMITH, bei denen man 2007 noch einen extra Vertrag unterschreiben musste, um überhaupt eine Erlaubnis zu bekommen, den Fotograben zu betreten. Vince Neil, Tommy Lee, Mick Mars und Nikki Sixx starten ihr Set mit „Wild Side", „Live Wire" und „Too Fast For Love", wobei ich das nur erkenne, weil Vince die Songs ansagt. Ansonsten haben MÖTLEY CRÜE den wohl schlechtesten Sound des Festivals, was sehr schade ist, denn die Band rackert sich ordentlich ab und lässt sich nicht unterkriegen, auch wenn sich die Reaktionen der Fans auf die ersten drei Reihen beschränkt.
„Saints Of Los Angeles", „Shout At The Devil" und „Don't Go Away Mad (Just Go Away)" ragen auch nicht sonderlich aus dem Soundbrei heraus. Zumindest der Gitarrensound bei den Soli von Mick Mars ist jetzt herauszuhören, und bei „Looks That Kill" und „Piece Of Your Action" pegelt sich der Sound langsam auf ein erträgliches Niveau ein. Nicht gut, aber man kann die Songs jetzt wenigstens erkennen. „Smokin' In The Boys Room" wird jetzt auch weiter hinten gefeiert.

Und dann kommt das, worauf hier wirklich alle gewartet haben: das Drumsolo von Tommy Lee. Sein Kit ist auf einer Schiene montiert und er wird während seines Solos immer wieder im Kreis gefahren, so dass er teilweise mit dem Kopf und dem Schlagzeug nach unten hängend spielt. Lee ist ja bekannt für seine extravaganten Drumsoli, aber das hier ist wirklich spektakulär. Da ihm das allein „fahren" offensichtlich zu langweilig ist, wird kurzerhand ein zweiter Sitz angebracht, und ein (natürlich weiblicher und blonder) Fan darf ein paar Runden mit ihm drehen, während er weiter sein Kit beackert.
Anscheinend haben aber wirklich alle nur auf dieses Solo gewartet, denn kaum ist es zu Ende, setzt die große Wanderung Richtung Ausgang ein. Da danach nur noch „Girls, Girls, Girls", „Dr. Feelgood", „Home Sweet Home" und natürlich „Kickstart My Heart" kommen, die man auf dem Weg ja noch hören kann, haben die Leute auch nicht mehr so richtig viel verpasst.


Fazit: Das Sweden Rock war wieder einmal der Hammer. Die Security, die Mitarbeiter der Fressstände, das Sweden Rock Team, alle waren wie immer vorbildlich, hilfsbereit und immer freundlich. Dass es auch in diesem Jahr wieder absolut friedlich bleibt, ist auch schon fast Tradition, nicht mal das kleinste Scharmützel oder Handgemenge ist uns aufgefallen. Ok, das Wetter hat am Freitag nicht gepasst, aber dafür kann ja keiner was. Die Headliner waren bis auf TWISTED SISTER und EDGUY am Mittwoch eher schwach, dafür war das Festival diesmal in der Breite extrem geil aufgestellt. Noch nie habe ich in den frühen Vormittagsstunden schon so viele tolle Bands gesehen.

Neben den vielen positiven Aspekten habe ich in diesem Jahr viel zu wenig Elch gegessen. Das muss sich im nächsten Jahr dringend wieder ändern. Und da für 2013 mit RUSH bereits der erste Hammer-Headliner bestätigt wurde, heißt es für uns ganz klar: Nach dem Festival ist vor dem Festival. Danke Sölvesborg (oder besser Norje), danke Sweden Rock Team, bis 2013!

Alle Fotos (c) copyright Dirk Götze / BurnYourEars Webzine

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