Turbostaat - Nachtbrot Tipp

Turbostaat - Nachtbrot

TURBOSTAAT gelten nicht umsonst als eine der besten Livebands des Landes. Umso schöner war der Moment, als die Band ihr erstes Livealbum "Nachtbrot" in Kombination mit einem dicken Fotobuch ankündigte. Auf die erste Vorfreude folgten Bedenken: Kann man die Atmosphäre auf einem TURBOSTAAT-Konzert wirklich authentisch einfangen? Und überhaupt, nennt mir doch mal drei richtig starke deutsche Punk-Live-Alben?!

Die Info, dass der lange Weggefährte und ausgewiesene Musikaholic Moses Schneider mit der Aufgabe betraut ist, ließ dann wieder aufatmen. Zu dem 60-seitigen Fotobuch können wir (noch) nichts sagen, denn aktuell liegt uns lediglich der musikalische Teil vor. Die private Vorbestellung ist natürlich längst raus und über das Livealbum mit 82 Minuten Spielzeit lässt sich jetzt schon sagen, dass es wunderbar geworden ist und kaum besser sein könnte.

"Nachtbrot" und dann ab ins Leben 

Was macht ein TURBOSTAAT Konzert eigentlich zu einem besonders guten Konzert? Es sind zum einen die Fans, die mit Leidenschaft und Herzblut aktiv das Konzert mitgestalten und sich nicht nur anspielen lassen. Ungerührte Besucher, die eben einfach mal so zufällig beim Konzert gelandet zu sein scheinen, sieht man bei TURBOSTAAT eigentlich eher selten. Die Die-Hard-Fans sind es, die sich immer wieder und zeitig ihre Karten sichern. Und der Kreis der TURBOSTAAT-Fans scheint sich stetig zu erweitern und dann, erstmal von der Faszination des gemeinsamen Klagens, Trauerns und Zweifelns befallen, äußerst treu zu sein. "Nachtbrot" hat sie eingefangen, die Momente, in denen die lauten Fangesänge Gänsehaut erzeugen und zwischen Band und Publikum eine wirklich, echte Verbindung entsteht. Bei TURBOSTAAT gibt es kein arrogantes "ihr zahlt, wir spielen"-Getue.

TURBOSTAAT und ihre Fans – 20 Jahre gemeinsam

TURBOSTAAT sind eine der wenigen Bands, die eben auch im Praxistest genau die Emotionen vermitteln können, die sie selbst propagieren. Liebe, Punk, Zusammenhalt, Wut und Trauer. Genau das macht sie schon immer zu einer besonderen Band, einer ständig genannten Inspiration für andere Bands. Genau diese Zwischentöne hat "Nachtbrot" perfekt eingefangen.

Moses Schneider hat dem Album einen Sound verpasst, mit dem sich der Hörer mitten ins Geschehen fühlen kann. Ein großer Vorteil ist, da gerade die ersten beiden Alben teilweise noch sehr scherbelig klingen, dass man wirklich jedes einzelne gesungene Wort versteht und entgegen der sonstigen Vermutung, dass die Gitarren alles alleine wegregeln, auch mal die Wichtigkeit von Toberts Bassspiel wahrnehmen kann. Aufgenommen wurde an drei aufeinander folgenden Tagen in Leipzig, mithilfe von 20 eigenen Songs wird einmal quer durch die Diskografie gereist, obendrauf gibt es mit "Kriechkotze" ein gelungenes Cover eines Songs der Band DELLWO.

Womit wir bei der nächsten wichtigen Zutat wären, der Band TURBOSTAAT selbst. Es wird mit Sicherheit Momente geben, in denen sie auch zweifeln, in denen sie unsicher sind, ob und was das alles eigentlich alles bringen soll. Das jahrelange Zetern, Zweifeln und manchmal auch zynisch sein. Bei den Konzerten scheinen sie dann aber auch eingefangen zu sein, von der Verbindung, die zwischen ihnen und dem Publikum entsteht. Das sieht man in ihren Augen, merkt man an ihren Reaktionen. Es sind selbstvergessene Momente, Momente, die sich nicht viele Künstler leisten können oder wollen.

Nonverbale Kommunikation ist laut Klischee nicht nur bei Norddeutschen sehr beliebt, sondern generell ein Zeichen von Vertrauen und inniger Verbundenheit. Sänger Jan beschränkt sich, trotz der besonderen Aufnahmesituation, auf weniger als eine Handvoll Ansagen und hält sich kurz angebunden. Nach Leipzig in Conne Island sind sie gekommen, "weil das hier immer so geil ist". Genau deshalb kommen die Leute wohl immer zu TURBOSTAAT, weil das mit euch immer so geil ist.

Wir gratulieren zum 20. Bandgeburtstag und freuen uns auf die weiteren Jahre mit TURBOSTAAT!

Nachtbrot Trackliste:

"Rupert Grün"
"Haubentaucherwelpen"
"Tut es doch weh?"
"Ja, Roducheln"
"Abalonia"
"Fraukes Ende"
"Ufos im Moor"
"Wolter"
"Pennen bei Glufke"
"18:09 h, Mist, verlaufen"
"Sohnemann Heinz"
"Eisenmann"
"Insel"
"Alles bleibt Konfus"
"Kriechkotze"
"Drei Ecken - ein Elvers"
"Monstermutter"
"Island Manöver"
"Harm Rochel"
"Vormann Leiss"
"Schwan"