Sigurd - Doppelgänger


 



Stil (Spielzeit): Alternative, Indie, Postrock (59:43)

Label/Vertrieb (VÖ): Gentleman Records / Alive (25.08.2006)

Bewertung: kraftvoll, atmosphärisch, psychedelisch, überraschend! (8,5/10)

Link: www.myspace.com/sigurdmusic

SIGURD lassen staunen! Auf ihrem Album "Doppelgänger" rocken sie zu zweit mehr als die meisten stärker besetzten Bands, scheinen Ideen ('tschuldigung) scheißen zu können und erweisen sich als Spezialisten für Ohrwürmer der wünschenswerten Art.

Gesang bieten die beiden ehemaligen Mitglieder der aufgelösten Indie-Band CHEWY nur bei vier Songs und dem Bonustrack, aber den vermisst man auch gar nicht, weil die beiden Schweizer einem ein starkes Stück nach dem anderen um die Ohren hauen. Wundervollen, hypnotisch-psychedelischen, instrumentalen Alternative-Indie-Rock bieten "Planète Noire", "Delaunay", "Velociraptor", "Kinder Menuet", "Antilibido" und "Capsule". Mathieu Urfer (Gitarre, Gesang, Hammond Bass [helft mir: ist das ein Fußpedal-Bass?]) und Sebastien Altevogt (Drums, Glockenspiel) haben mit diesen Songs Rock weit jenseits der Charts auf ihren Silberling gezaubert. Große Spannungsbögen, fetter Sound und die nötige Portion an verrückten Einfällen machen jedes dieser Stücke zwischen Schwermut, grinsen-lassender Verspieltheit und schierer Power zu einer Perle des Genres.

Aber das ist noch nicht alles. Bei den eher als Indie-Pop-Rock zu bezeichnenden Songs "Sonar Sonar", "Twin Sisters", "Nawa Shibari" und "No Sex, No Drugs, No Rock'n'Roll" glänzt Mathieu Urfer mit ungemein passendem, im übertragenen Sinn schrägem, englischsprachigem Gesang. Technisch vielleicht nicht perfekt, aber ebenso atmosphärisch wie alles andere an diesem dicht klingenden Album, das einer Wundertüte gleich immer wieder überraschen kann.
Ohne zu viel verraten zu wollen, stoßen einem beispielsweise bei "Vitrail", einer Art Zwischenstück, völlig neue Klänge vor den Kopf, schwellen symphonisch und noisig an und leiten in stimmungsvoller Weise zum hypnotischen "Antilibido" über.

Insgesamt tue ich mich mit Vergleichen schwer. Ein Song, "Nawa Shibari", erinnert an die rockigeren Stücke von PLACEBO, aber das weckt nur falsche Assoziationen. Die als Bezugspunkt für Kleinstbands häufig herangezogenen WHITE STRIPES bieten auch keinen echten Anhaltspunkt, sind sie doch klarer im Bluesrock verwurzelt, während SIGURD deutlich von Postrock und Indie geprägt sind und manchmal auf die Wall Of Sound abzielen. Nicht ganz ernst gemeint und doch teilweise nicht völlig abwegig ist diese Liste der angeblichen Einflüsse, wie sie auf der Myspace-Seite zu finden ist:
Glenn Gould, Spinanes, The White Stripes, Renaud, Burzum, Dimmu Borgir, les Béruriers Noirs, Isan, Fats Waller, Emperor, Jimmy Hendrix, Honey for Petzi, Depeche Mode, Death, Sonic Youth, Ricardo Villalobos, Jacques Dutronc, QOTSA, Guv'ner, Dinosaur Jr, Penumbra, Cradle Of Filth.
Metal gibt's zwar nicht wirklich zu hören, doch an manchen Stellen reicht's allemal zum Moshen.
Bleibt noch zu sagen, dass die bei Myspace angebotenen Stücke vielleicht nicht unbedingt die besten sind, aber das breite Spektrum von "Doppelgänger" sehr gut repräsentieren.

Entscheidend ist: klasse Album!



Anspieltipps:
instrumental: "Planète Noire", "Velociraptor", "Kinder Menuet"
mit Gesang: "Nawa Shibari" und "No Sex, No Drugs, No Rock'n'Roll"

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