My Own Private Alaska - s/t (EP)



Stil (Spielzeit): Experimentell/Avantgarde-Screamo (40:09)
Label/Vertrieb (VÖ): Believe Records (29.08.08)
Bewertung: 8/10
Link: www.myownprivatealaska.com
www.myspace.com/myownprivatealaska

Das ist doch wirklich abgefahren, um nicht zu sagen fast schon krank: 
Drei junge Männer sitzen (die Betonung liegt auf sitzen!) auf der Bühne, der eine hinten am Schlagzeug, Sänger mit Mikro zu seiner linken, ein Pianist zu seiner rechten. Was folgt, ist schwer zu verdauen und und im wahrsten Sinne des Wortes verstörend-schön: 
MY OWN PRIVATE ALASKA, drei junge Franzosen, legen ihre selbstbetitelte EP vor – und die hat es wahrhaft in sich. Hier wird so ziemlich mit jedem bekannten Stil gebrochen, was es uns sehr schwer macht, MOPA irgendwo einzukategorisieren...aber dies ist wahrscheinlich unnötig und in Anbetracht ihrer befremdlichen Musik völlig belanglos, sodass man am besten bei den sechs Songs der EP ( die es trotzdem auf immerhin rund 40 Minuten bringt und in schickt designter DVD-Hülle daherkommt) einfach von unkonventioneller, experimenteller Musik, wenn nicht sogar mehr als andere Musikrichtungen von einer wirklichen Kunstform sprechen kann. 
Die Referenzen der drei Herren, deren richtige Namen nicht in Erfahrung gebracht werden können, außer ihre Kürzel T., M. und Y., sprechen für sich: Von niemand geringerem als Megaproduzent Ross Robinson (SLIPKNOT, KORN, LIMP BIZKIT) entdeckt, befinden sich die Franzosen zur Zeit mit jenem im Studio, um ihr erstes Full-Length-Ergebnis einzuspielen, und gerade erst waren MOPA mit den Größen WILL HAVEN auf großer Europa-Tournee. 

Das elementare Instrument der Musik ist das Klavier, welches mit treibenden Drums begleitet wird, Gitarren, Bässe oder gar Synthies oder ähnliches sucht man vergebens. Sie sind schlichtweg nicht da. Nirgends. 
Nun gut, werden vielleicht manche sagen, das macht die Musik ja nicht gleich zu etwas so Besonderem. 
Jedoch gesellt sich zur Instrumentierung ein wirklich derber Screamogesang, ein Gekreische, welches konsequent durchgezogen wird, ohne den Hörer zu schonen. Ausnahme bildet der letzte Song „First Steps“ welcher lediglich aus einer tollen Klavierleistung besteht und den strapazierten Ohren Besinnung gönnt, indem er komplett auf Gesang bzw. Geschrei und Schlagzeug verzichtet. 
„First Steps“ ist somit eine tolle Moll-Ballade, die vorigen Songs ziemlich gewöhnungsbedürftig. 
Der Opener „Die For Me (If I Say Please)“ ist genauso schön wie zerstörerisch und „I Am An Island“ verlangt dem Hörer einiges ab. 
Das Fehlen von Bass oder Gitarren verleihen der Musik einen seltsamen hallenden Touch, zu Beginn vermisst man eine gewisse Härte, die man normalerweise mit einem so harten Gesang untermalt. Und wo das Klavier, welches übrigens auch nicht groß experimentiert, sondern eher flüssig-schöne-melodisch-melancholische Läufe ins Rollen bringt, wird mit dem Geschrei von Sänger M. ein sehr krasser Gegensatz gezeichnet, der den Hörer geradezu zwingt, sich mit diesem Erlebnis bewusst einzulassen...somit ist „My Own Private Alaska“ teilweise sehr anstrengend, wer sich jedoch dem Abgrund nicht verwehrt, der einem hier geöffnet wird, wird anerkennen müssen, dass es sich bei MY OWN PRIVATE ALASKA um eine Ausnahemband handelt, die seinesgleichen sucht. 
Und deren Welt sich nicht auf übliche Weise erschließen lässt, sondern mit einer gewissen Toleranz und Offenheit gegenüber Stilbrüchen und neuartigen Hörerlebnissen. 

Mehr als andere Veröffentlichungen ist diese Scheibe damit starke Geschmackssache, einige werden an der Sperrigkeit vermutlich scheitern, und diese Scheibe vielleicht einmal hören und danach nie wieder. Auch bleibt das kommende Album abzuwarten, denn für mich stellt sich die Frage, wie lange eine solche minimalistische Instrumentierung heutzutage die Leute noch ansprechen kann, falls die Herren ihrer Linie treu bleiben sollten. Die EP auf jeden Fall macht Ernst. 
Aber wer weiß, vielleicht wird man ja erneut positiv überrascht. Mir jedenfalls hat der psychedelische Trip nach Alaska gefallen.