Nach über vier Jahren Pause melden sich POISON THE WELL mit „Versions" zurück. Die in Ft. Lauderdale/Miami, Florida, beheimatete Band ist nun schon seit neun Jahren unterwegs und war ja immer dafür bekannt sich eigentlich mit jedem Album zu verändern und trotzdem einen ziemlich unverkennbaren Stil beizubehalten. Bei ihrem letzten Album „You Come Before You" (2003) trieben sie es auf die Spitze und schafften ein Werk, welches viele Hardcore-Kids damals verschreckte. Ich kenne eine Menge Leute, die seit dieser Zeit sagen, dass das nicht mehr die PTW sind, die sie einst liebten.
Doch für mich war gerade diese Platte nach „The Opposite Of December" (1999) das stärkste Album, welches die Band bisher veröffentlich hat. Nun ja, um es kurz zu machen, mit „Versions" werden sie diese Leute ganz bestimmt nicht zurückbekommen. Denn das neue Album führt den Kurs des Vorgängers weiter und schmückt ihn noch mehr aus. Versucht man dieses Werk in irgendwelche Schubladen zu quetschen, dann wird es wohl irgendwie in die Post Hardcore/atmosphärischer Rock-Abteilung eingeordnet werden.
Die zwölf Songs sind eigentlich noch vielschichtiger und verhaltener als auf „You Come Before You". Bis auf vier Ausnahmen („Letter Thing, „The Notches That Create Your Headboard", „Prematurito El Baby", „Naive Monarch") sind alle Songs auf „Versions" eher ruhig gehalten. Sänger Jeffrey Moreira verschönert diese Stücke mit seiner wirklich außergewöhnlichen Gänsehaut-Stimme, bricht aber auch des Öfteren in seinen charismatischen Schrei-Gesang aus. In solchen Momenten erinnern mich POISON THE WELL von den Gefühlen und Intentionen an eine eigenständige Version von den DEFTONES.
Um die Außergewöhnlichkeit von „Versions" zu unterstreichen wurden außer dem normalen Rock-Band-Setup bestehend aus Gitarre, Bass und Schlagzeug abermals auch ungewöhnliche Instrumente wie Mandoline, Slide-Guitar, Hörner, Banjos und die Hammond Orgel eingesetzt. Doch wirken diese Instrumente keinesfalls fehl am Platz. Schließlich hätte ich seit „Loved Ones" auf „You Come Before You" auch nicht gedacht, dass man eine Trillerpfeife sinnvoll in ein Stück einbauen kann. Doch POISON THE WELL schaffen es einfach, solche Instrumente vernünftig zu verwenden, so dass sie nicht „aufgesetzt" klingen. Mich würde nur interessieren, ob dies so auch live umgesetzt werden wird.
Mein Fazit: „Versions" braucht, wie man es von einem solchen Album auch erwartet, seine Zeit. Man muss diese Platte schon mindestens fünf Mal hören um überhaupt ansatzweise die großen Gefühle dieser 42 Minuten Musik zu verstehen. Doch mir gefällt das Album mit jedem Hören mehr und mehr. „Versions" ist ganz großes Kino. Sei es nun das Songwriting, welches die ganze Zeit wirklich den Song im Auge behält, oder die Texte oder die ungeahnten Wendungen, die manche Songs nehmen. POISON THE WELL begeistern mich auch auf ihrem neuen Album zutiefst!