Callejon - Hartgeld im Club Tipp

Callejon - Hartgeld im Club
    Metalcore / Crossover

    Label: Century Media
    VÖ: 04.01.2019
    Bewertung:8/10

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CALLEJON haben bereits auf dem 2013 erschienenen Album „Man spricht Deutsch“ bekannten deutschsprachigen Songs die Metal-Kutte angezogen. Diesmal legen die Jungs mit „Hartgeld im Club“ ein weiteres Coveralbum nach, das neben zwei neuen, eigenen Tracks ausschließlich deutschsprachige Hip-Hop-Songs beherbergt. 

Hip-Hop-Songs als Metalcover

Die Älteren werden sich noch an das Metal-Genre „Nu-Metal“ erinnern können. Und auch mit Hip-Hop hatten CALLEJON in ihrer Historie mehrfach Berührungspunkte: Auf „Man spricht Deutsch“ wurden die Songs „Schwule Mädchen“ (FETTES BROT) und „Mein Block“ (SIDO) gecovert. Die Rapper von K.I.Z wirkten beim Cover von „Ich find dich scheiße“ (TIC TAC TOE) mit und übernahmen schon vorher Parts auf CALLEJON-Tracks („Porn from Spain 1+2“, die auf den Alben "Zombieactionhauptquartier" und "Blitzkreuz" erschienen sind.)

Auf „Hartgeld im Club“ gibt es jetzt den dritten Teil von „Porn from Spain“, natürlich wieder mit K.I.Z. Zusätzlich gibt sich auf dem Track aber auch die U.S. Hip-Hop-Legende ICE-T die Ehre. ICE-T ist immerhin maßgeblich an der Gründung der Metalband BODY COUNT beteiligt und bis heute ihr Frontmann. Alle Beteiligten haben also bereits Kontakt mit dem anderen Genre gehabt und wissen, was sie tun. CALLEJON klingen auf "Hartgeld im Club" dreckig und hart. 

Breiter Querschnitt durch das Hip-Hop-Genre 

Wer sich nicht gut im Hip-Hop-Genre auskennt, wird wahrscheinlich nicht alle der gecoverten Songs kennen. So waren mir beim Durchhören auch zwei oder drei Songs zunächst unbekannt. Und das lag nicht daran, dass CALLEJON die Originalversionen durch ihr Cover verhunzt haben, sondern einzig daran, dass sich z.B. der Rapper HAFTBEFEHL bisher nicht in meinen Playlists befand. 

Direkt den ersten Song „Von Party zu Party“ vom weiblichen Hip-Hop-Duo SXTN machen sich CALLEJON zu Eigen und ihre Interpretation hört sich an, als ob er schon seit Jahren zum festen Repertoire der Band gehört. „Schlechtes Vorbild“ von SIDO hingegen klingt beim ersten Durchhören fast etwas hektisch und instrumental überladen. Das Original ist aber auch einen Tick schneller, als ich es in Erinnerung hatte.

Teilweise befremdlicher Stumpfsinn

Wer bereits Alben von CALLEJON gehört hat, wird eventuell etwas fremdeln, wenn er den charismatischen BastiBasti stumpfsinnige Hip-Hop-Texte ‎à la HAFTBEFEHL oder das wirklich miserable „Bros“ perfomen hört. Zur Ehrenrettung muss man sagen, dass das Cover viel besser klingt, als das „chillige“ Original von RIN. "Ich rolle mit meim Besten" von HAFTBEFEHL hat, wenn auch nur musikalisch, hingegen deutlich mehr Tiefgang. 

„Palmen aus Plastik“ von BONEZ MC und RAF CAMORA ist auch so ein Beispiel. Während die Originalversion eher so vor sich hinplätschert und etwas lieblos produziert wirkt, schaffen es CALLEJON, den Track mit instrumentalem Nachdruck ins Trommelfell zu hämmern. Eine ähnliche Transformation gelingt den Jungs auch mit „Was du Liebe nennst“ von BAUSA.

Zwei eigene Songs als Highlights

Der Titeltrack „Hartgeld im Club“ ist gespickt mit unzähligen Anspielungen auf andere Hip-Hop- und auch eigene Songs. Der Text ist im Gegensatz zu einigen der gecoverten Tracks alles andere als hirnlos – das schließt allerdings nicht aus, dass man sich desselben Jargons bedienen kann. Der geneigte Hip-Hop-Fan muss sich also keine Gedanken machen, dass CALLEJON in die im Gerne zurecht belächelte "Studentenrapper"-Schiene abdriftet.

Sobald bei "Hartgeld im Club" die Gitarren zum weiblichen Rap-Part (ANTIFUCHS und PILZ) einsetzen, hört man, wie die Symbiose von Metal und Hip-Hop klingen kann. Der Track und vielleicht auch das ganze Album erleben hier ihren Höhepunkt.

Der laut Band-Aussage „asozialste Song der je geschrieben wurde“ ("Porn from Spain 2") bekommt mit „Porn from Spain 3“ einen würdigen und düsteren Nachfolger. In allen drei Teilen wird kräftig die Gesellschaft bzw. die Szene kritisiert. Diesmal setzt die Band mit „Olé olé, ganz Deutschland hasst die AFD“ ein Statement gegen Rechts. ICE-T geht noch einen Schritt weiter und singt von sexueller Erregung, die er verspürt, wenn er Nazis tötet. Der Track spart auch sonst nicht an Kritik, also unbedingt anhören. Der Rap-Part von ICE-T fügt sich nahtlos in den ziemlich harten Track ein. 

Fazit: 

Es ist wirklich beeindruckend, wie bekannte Songs um die Metal-Elemente ergänzt werden. Am Ende kommt eine gelungene Symbiose heraus, die weder den Hip-Hop noch Metal in den Hintergrund treten lässt oder parodiert. Das Konzept geht einzig bei „Arbeit nervt“ von DEICHKIND und „Willst du“ von ALLIGATOAH nicht ganz auf. Die Songs sind einfach zu markant, um ihnen eine maßgeschneiderte Metal-Kutte überzuziehen. 

CALLEJON geben wieder Vollgas und klingen deutlich aggressiver als zuletzt. "Hartgeld im Club" ist nicht nur ein Cover-, sondern eben auch ein Crossover-Album, was dem gemeinen Metal-Fan einen breiten Querschnitt durch das Hip-Hop-Genre liefert. Gelungen ist es auf jeden Fall, die Highlights bilden dabei die beiden Eigenkreationen. Man kann also auf die kommende Tour gespannt sein, denn live wird das Ganze gewiss ein Spektakel.

"Hartgeld im Club" Tracklist:

  1. Von Party zu Party 
  2. Schlechtes Vorbild 
  3. Kids (2 Finger an den Kopf) 
  4. Palmen aus Plastik 
  5. Was du Liebe nennst 
  6. Willst du 
  7. Arbeit nervt 
  8. Urlaub fürs Gehirn 
  9. So perfekt 
  10. Bros 
  11. Ich rolle mit meim Besten 
  12. Hartgeld im Club feat. Antifuchs und Pilz
  13. Porn From Spain 3 feat. Ice-T und K.I.Z 

Callejon sind:

BASTIBASTI - Vocals
BERNHARD HORN - Guitars
CHRISTOPH "KOTSCHE" KOTERZINA - Guitars
THORSTEN BECKER - Bass
MAX "KOTZE" KOTZMANN – Drums