Dexter Jones' Circus Orchestra - Side By Side


 



Stil (Spielzeit): Southern Rock / Classic Rock / Acoustic Rock (36:38)

Label/Vertrieb (VÖ): Fuzzorama / Rough Trade (17.08.07)

Bewertung: 8/10

Link: www.circusorchestra.com/
www.myspace.com/dexterjonescircusorchestra

 
Das DEXTER JONES' CIRCUS ORCHESTRA besteht aus viereinhalb Schweden (Band plus Sound Engineer), die bewaffnet mit Talent, Rocker-Herzen, Hippie-Attitüde, Bärten und langen Haaren den Sound der 60er und 70er zu unsereins teleportieren. Oder uns zum Sound von damals? Egal, jedenfalls soll hier ein für allemal gesagt werden, dass dieses Orchester rein gar nicht mit diversen Retro-Bands gemein hat, die Gefahr laufen, das Objekt irgendwelcher Bravo-Titelstories zu werden. Hier geht's um Southern Rock und um AOR, wobei das "A" für "Adult" betont werden darf.

Denn zum Glück haben die nicht mehr ganz so jugendlichen Jungs des DEXTER JONES' CIRCUS ORCHESTRA nicht viel für pseudocoole Posen übrig, sondern zaubern auf den zumeist unverzerrten Gitarren stundenlang im Ohr verweilende Melodien gleich im Zehnerpack. Neben den MASTERS OF REALITY fällt mir spontan keine Band ein, die Southern Rock so lässig spielt. Dabei sind die einzelnen Songs immer stringent und gönnen sich höchstens mal ein (natürlich unverzerrtes) Gitarrensolo. Langweilig ist das aber noch lange nicht, denn dazu werden die feinen Melodien einfach zu gut variiert. Wir haben es also mit ausgefeiltem statt abgefahrenem Material zu tun, was uns bei der Qualität der Stücke geradezu verpflichtet, sie genießerisch mehrmals zu hören. Gesagt, getan und immer noch tauchen keine Ermüdungsanzeichen auf. Stattdessen werden einige Feinheiten deutlicher: zum Beispiel der unvermittelte Akustikgitarren-Ausklang von "Feel The Cold", oder wie einen der Anfang von "Expectations" in die ruhige Verträumtheit des Stückes hineinzieht (wobei dieser Anfang genau genommen die erste Hälfte des Rahmens dieses Songs ist), oder wie ungeheuer zielsicher bei dem abschließenden Titeltrack "Side By Side" eine düstere Orgel eingesetzt wird. In dessen Text geht es übrigens um zwei im gegenseitigen Hass vereinte Ex-Partner – soviel zu dem auf den ersten Blick fast naiv anmutenden Albumtitel.

Aber ich zäume ja das Pferd von hinten auf, dabei lohnt es sich, von Beginn an gut zuzuhören. Bereits mit "Lock The Cage" legt die Platte schon sehr beachtlich los und legt mit "Nyby" umgehend mindestens das gleiche Kaliber nach. Die an dritter Stelle stehende Gegenüberstellung von "Wir ("We are everything you try not to be") und "Ihr" (ironisch: "You are cool, you are right / You are great, you are delight") kann man als die ideologische Einordnung der Band verstehen.
Und was die Präsentation der Texte angeht, ist der Gesang von Hauptsongwriter und -texter (und somit Zirkusdirektor) Tia Marklund bemerkenswert direkt eingefangen und erhält vom mehrstimmigen Background-Gesang der Band in bester Classic Rock -Manier Rückendeckung. Einen Makel mag man darin sehen, dass Marklund trotz an sich guter Stimme nicht gerade selten etwas nölig beziehungsweise nasal klingt.

Wer dem Sound dieses nach dem selbstbetitelten Debüt zweiten DJCO-Longplayers beim Durchhören bis hier immer noch nicht die Prädikatsauszeichnung "organisch" gegeben hat, hat ein anderes Album als ich gehört. Da fällt mir ein: Kennt ihr die leicht gelbstichigen und bereits verblassenden Fotos und Dias (!) eurer Eltern? Könnt ihr euch dazu den Rock der Prä-Glam-70er vorstellen, als eine Gitarre noch nach Gitarre klang? Und als Rocker und Hippies manchmal ein und dieselbe Person waren? Falls, nur falls ihr jetzt was positives vor Augen habt, dann könnte das diesem Album entsprechen.
Schade nur, dass diese Rückschau von nicht einmal 40 Minuten DJCO-Soundtrack untermalt wird. Etwas mehr erwarte ich von einem ausgewachsenen Album dann doch.
Genug fabuliert. Wer wissen will, wie gut unverzerrter Rock zwischen AOR, Southern Rock, Alternative, Akustik-Rock und Stoner klingen kann, der sollte sich "Side By Side" vom DEXTER JONES' CIRCUS ORCHESTRA unbedingt anhören.