Chain Reaction - Cutthroat Melodies Tipp

Chain_Reaction_-_Cutthroat_Melodies_-_CD

Stil (Spielzeit): Thrash’n’Roll (43:34)
Label/Vertrieb (VÖ): Kolony Records / Twilight (04.06.10)
Bewertung: 8 / 10

Link:
http://www.myspace.com/chainreactionpl
Alles nur geklaut... Die fünf Jungs von CHAIN REACTION stammen allesamt aus unserem Lieblingsnachbarland Polen und damit steht ja wohl von vornherein fest, dass uns auf deren mittlerweile zweiten Longplayer „Cutthroat Melodies“ nichts Neues erwarten kann, sondern hier lediglich allerlei von diversen Szenegrößen gestohlenes Material neu zusammengesetzt wurde. Oder? Sollte sich dieses „Heute-gestohlen-morgen-schon-in-Polen“-Vorurteil etwa als unwahr herausstellen? Musikalisch zumindest hat das Land des Barszcz ja schon so etliche Perlen ins Gefecht geschickt. Ob VADER oder BEHEMOTH: Eine gewisse Einzigartigkeit kann man diesen Bands durchaus nicht absprechen. Doch kann sich Polen auch im Bereich des Thrashmetals durchsetzen? Oder muss man hier tatsächlich auf den einleitenden Satz zurückgreifen?

Um all diese Fragen ein für alle Mal zu klären: Nein, ja, ja, nein. Nein, es erwartet uns sehr eigenständiges Material. Ja, dieses Vorurteil ist unwahr. Ja, auch mit Thrashmetal kennen sich die Polen bestens aus. Nein, geklaut wurde hier nichts. Höchstens beeinflusst. Das kann und will auch niemand abstreiten. Wenn man Vergleiche zu Bands wie PANTERA oder MACHINE HEAD zu besten Zeiten ziehen kann, dann sollte eigentlich jedes Thrasher-Herz der Neuzeit höher schlagen. Und diese Vergleiche sind auf „Cutthroat Melodies“ definitiv nicht unangebracht. Die rotzige Rock-Attitüde der Neo-Thrash-Könige PANTERA begleitet auch die elf Songs dieser Scheibe durchgehend. Doch gehen CHAIN REACTION noch einen Schritt weiter. Teilweise driftet die Mucke des Quintetts regelrecht in Stoner-Rock-Gefilde ab. Dann macht sich die einzigartige Coolness von Bands wie KYUSS breit und vermittelt dem geneigten Hörer ein Bild von teuren Autos auf staubigen Highways. Was die Jungs ebenfalls mit der Formation um Phil Anselmo gemein haben, ist der Hang zum klassischen Heavy Metal. Das Riffing gerade in Verbindung mit den sporadisch auftauchenden Soli sollte auf alle Fälle auch in der IRON MAIDEN-Fangemeinschaft Anklang finden. Das wohl auffälligste Merkmal dieser Band ist aber ein anderes. Und zwar haben die fünf lässigen Herren eine deutlich hörbare Vorliebe für mitreißende Grooves. Wer gerne mit dem Kopf nickt, der ist hier sowas von richtig!

Man höre sich nur mal solch einen Nackenbrecher wie „Elder thrived“ an und damit sollten dann eigentlich alle Fragen geklärt und sämtliche Zweifel aus der Welt geschaffen sein. Ich möchte bei dieser Gelegenheit um äußerste Vorsicht beim Konsum dieser Scheibe während des Führens eines Kraftfahrzeuges bitten, denn der unweigerliche Drang zur zunehmenden Abwärtsbewegung des rechten Fußes in Verbindung mit gesenkter Aufmerksamkeit durch zwanghafte Kopfbewegungen könnte zu einem Gesetzeskonflikt oder Schlimmerem führen. Songtitel wie „When road & booze collide“ sprechen für sich. Wobei gerade dieser zu den etwas ruhigeren und vor allem sehr melodischen Tracks auf der Platte gehört. Denn CHAIN REACTION können auch melodisch. Und wie! Wer von dem großartigen „Projecting. AM“ keinen Ohrwurm bekommt, sollte mal ernsthaft überlegen, ob er mit dreckig-coolem Heavy-Thrash-Stoner-Rock’n’Roll wirklich etwas anfangen kann. Und wer das kann, der kommt um diese Veröffentlichung eigentlich nicht herum. Denn wenn auch nicht jeder einzelne Song auf der Scheibe hundertprozentig zünden will, so gibt es doch auf alle Fälle jede Menge Stoff zum Abgehen!

Ob es gerade ballert wie MACHINE HEAD zu „Burn My Eyes“-Zeiten, rockt wie die QUEENS OF THE STONE AGE, bloß vier Stufen härter, oder einfach so lässig dahinrollt, dass man den Schnäuzer geradezu wachsen fühlen kann: Mit „Cutthroat Melodies“ haben die Mannen um Frontmann Bartosz Szarek ein nahezu grandioses Album eingespielt, welches in allen Punkten zu überzeugen weiß. Das Debut-Album schlägt übrigens bereits den gleichen Weg ein und unterscheidet sich hauptsächlich in Sachen Sound von dem hier vorliegenden. Dieser lässt ebenfalls nichts zu wünschen übrig und ist sozusagen das Sahnehäubchen, welches aus diesem Album eine astreine Kaufempfehlung meinerseits macht. Lecker...