Heir Apparent - Graceful Inheritance (Re-Release) Tipp

Heir Apparent - Graceful Inheritance (Re-Release)

Mit seiner perfekt ausgewogenen Mischung aus traditionellem US-Metal, feinsten Melodien und einer leicht progressiven, aber nie verkopften Ausrichtung gilt "Graceful Inheritance" von HEIR APPARENT als echter Underground-Klassiker. Mit einem neuen Re-Release versucht Hammerheart Records nun, der Metal-Perle die Beachtung zu schenken, die sie auch im Jahre 2022 noch verdient.

"Graceful Inheritance" erschien ursprünglich beim französischen Label Black Dragon Records, das sich jedoch herzlich wenig um Promotion und Tourneen kümmerte. So kam es, dass HEIR APPARENT für eine lange Zeit nur eingefleischten Underground-Maniacs ein Begriff waren. Nach mehreren Neuauflagen, von denen die mittlerweile vergriffene, 2012 veröffentlichte Version auf Death Rider Records mit zahlreichen Bonustracks und zusätzlicher DVD als umfangreichste gelten dürfte, kann man sich als Interessent und/oder Fan das legendäre Debütalbum des amerikanischen Quartetts dank Hammerheart Records jetzt also wieder offiziell ins CD- oder Plattenregal stellen.

Re-Release 2022: CD und LP mit originalem Cover und Remastering

Zur Wahl stehen die CD im Slipcase und - für Sammler mit Plattenspieler wohl alternativlos - eine Vinyl-Version auf 180 Gramm in verschiedenen, limitierten Farben. Im Gegensatz zu allen anderen Neuauflagen ist das originale Cover des ursprünglichen Releases zu sehen. Um das Remastering kümmerte sich in seinen eigenen Toneshed Studios der Niederländer Erwin Hermsen, der bereits Bands wie PESTILENCE und TROUBLE zu einem aufpolierten Sound verholfen hat.

Wie sich der Sound im Vergleich zum Original schlägt, vermag ich nicht zu beurteilen. Im direkten Vergleich zur Hellion-Records-Version von 1999, die auch auf Spotify zu hören ist, fällt unter dem Kopfhörer auf, dass das neue Remaster viel weniger verwaschen und hallig und damit deutlich transparenter klingt. Generell ist der Sound auf "Graceful Inheritance" weder besonders druck- noch kraftvoll, besitzt aber ähnlich wie QUEENSRYCHEs "The Warning" einen dynamischen, charismatischen Klang, der einfach passt. Instrumente und Vocals stehen sehr gut ausbalanciert nebeneinander, insbesondere der prägnante Bass ist deutlich hörbar. Der Sound unterstreicht die mystisch-erhabene, teils kämpferische Atmosphäre der 13 Tracks.

HEIR APPARENT sorgen mit ihrem Debüt für eine Sternstunde des amerikanischen Metals

Das Songwriting des amerikanischen Quartetts ist nach wie vor über jeden Zweifel erhaben. Ob das kurze, majestätische "Entrance", die mitreißende Midtempo-Göttergabe "Another Candle" mit wahnsinnig guten Gesangslinien und grandiosen Gitarren, der fabelhafte Ohrwurm "Tear Down The Walls", das höchst abwechslungsreiche Instrumental "R.I.P. (Live)", der schwere, in bester JUDAS-PRIEST-Tradition stehende und zum Fäuste recken einladende "Hands Of Destiny", das pfeilschnelle "Nightmare" (Faces In The Dark"), die sehnsuchtsvolle und doch völlig kitschfreie Halbballade "Keeper Of The Reign" oder das rockig-vertrackte, latent an RUSH erinnernde "Running From The Thunder": In einer Dreiviertelstunde ohne eine einzige schwache Sekunde liefern HEIR APPARENT gleich mit ihrem Debüt eine Sternstunde des US-Metals ab.

Jeder einzelne, meist in mittlerem Tempo gehaltene Track auf "Graceful Inheritance" überzeugt durch exzellente Gitarrenparts von Bandgründer Terry Gorle, dessen Riffs, Soli und Leads nicht von dieser Welt sind. Garniert von Paul Davidsons charismatischen Vocals, dem äußerst versierten Bassspiel von Derek Peace und dem abwechslungsreichen Drumming von Raymond Black ist diese Platte auch heute noch ein echter Meilenstein, den man als Fan der frühen QUEENSRYCHE, FATES WARNING und von melodischem, leicht progressiven Heavy Metal im Allgemeinen unbedingt gehört haben sollte.

Lohnt sich eine ältere Version von "Graceful Inheritance"?

Die 2012er Version auf Death Rider Records ist wesentlich umfangreicher. Neben den zwei Bonustracks beinhaltet sie das 1984er Demo und einen Uralt-Fernsehauftritt auf der Bonus-DVD. Blöd nur, dass diese Version praktisch nicht mehr aufzutreiben ist. Und selbst für die 1999er Version auf Hellion Records mit 15 Songs werden mittlerweile stolze Preise aufgerufen.

Das hier fehlende Bonusmaterial könnte man bemängeln. Allerdings stammen die keyboardlastigen "Tomorrow Night" und "We, The People"  aus den Sessions zum zweiten Album "One Small Voice" und stehen in keinerlei Verbindung zum Debüt. Im Gegenteil wirken sie mitten in die Tracklist eingebunden wie Fremdkörper. Die frühen Demos findet man auf einer eigenen Compilation namens "Foundations". Und selbst den TV-Auftritt kann man sich, ergänzt um viele weitere alte und aktuelle Aufnahmen, zumindest teilweise auf dem YouTube-Channel der Band ansehen, auch wenn er als komplette Beigabe das i-Tüpfelchen gewesen wäre.

Der Re-Release von "Graceful Inheritance" ist somit so nah am Original wie möglich. Wer scharf auf das originale Cover und den besseren Sound ist, hat im Grunde keine Alternative - schon gar nicht, wenn es um das Vinyl geht. Wer das HEIR-APPARENT-Debüt noch gar nicht sein Eigen nennt, sollte sowieso zugreifen!

"Graceful Inheritance" Trackliste:

1. Entrance
2. Another Candle
3. The Servant
4. Tear Down the Walls
5. Running from the Thunder
6. The Cloak
7. R.I.P. (Live)
8. Hands of Destiny
9. Keeper of the Reign
10. Dragon’s Lair
11. Masters of Invasion
12. Nightmare (Faces in the Dark)
13. A.N.D. ... Dogro Lived on

HEIR APPARENT Line-up:

Paul Davidson – vocals
Terry Gorle – guitar and vocals
Derek Peace – bass
Raymond Black – drums