Geschrieben von Donnerstag, 08 Mai 2008 19:28

Interview mit Sänger und Produzent Michael Bormann

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Link: http://www.michaelbormannpage.de
Michael Bormann ist eine Art Hans Dampf in allen Gassen, wobei das absolut positiv gemeint ist. Neben seinen Solo-Alben, die er fast im Alleingang aufnimmt, hat er auch etliche Scheiben für andere Bands eingesungen, wie zum Beispiel zuletzt das geniale Album "Book Of The Dead" der Schweden BLOODBOUND, und war ganz nebenbei 14 Jahre lang die Stimme von JADED HEART. Auch als Produzent ist er mittlerweile ein sehr gefragter Mann. Grund genug, mal ein paar Fragen in seine Richtung loszulassen, die er äußerst entspannt und ausführlich beantwortete.

Hallo Michael. Mit deinem aktuellen Solo-Album „Capture The Moment“, das bei uns mit 8,5 von 10 Punkten ziemlich gut abgeschnitten hat, bist du nun bereits das dritte mal auf Solo Pfaden unterwegs. Wie würdest du das Album jemandem beschreiben, der bisher von dir noch nichts gehört hat?
 

Tja, wie soll ich selbst meine Musik beschreiben. Das überlasse ich meistens anderen Leuten, da ich ja nicht wirklich objektiv sein kann. Ich versuche es mal. Eingängige Rockmusik, bei der alles stimmt. Eine perfekte Mischung aus Balladen und Rocksongs.

Hat der Titel „Capture The Moment" eine bestimmte Bedeutung? 

Der Titel spiegelt eigentlich mein Leben wider, bzw. meine Einstellung zum Leben. Ich habe stets so gelebt, als würde es kein morgen geben. Du solltest, egal in welcher Lebenslage, versuchen, das Beste aus der Situation zu machen. Ich habe es bis dato immer verstanden, mein Leben zu genießen. Für mich ist jeder Moment eine eigene neue Erfahrung. Diese gilt es festzuhalten.

Worin liegt deiner Meinung nach der größte Unterschied zwischen dem selbstbetitelten Debüt aus dem Jahr 2001, dem 2006er Album „Conspiracy“ und dem aktuellen Album? 

Das ist wirklich easy zu beantworten. Das Debüt war ein wirkliches Solo-Album. Da konnte ich meine softere, akustischere Seite voll ausleben. Das hätte ich gerne auch so beibehalten. Mit der Trennung von JADED HEART musste ich sozusagen jetzt alles unter einen Hut bringen. Mit „Conspiracy“ wollte ich allerdings zeigen, wer nun JADED HEART war (14 Jahre lang), also packte ich überwiegend Songs drauf, die eigentlich auf dem „Trust“-Nachfolger gelandet wären. 
Jetzt bei „Capture The Moment“ war ich freier und hab einfach auch frischen Wind zugelassen. Das heißt ich verwendete auch viele modernere Elemente. Ich denke, dass alle 3 Alben unterschiedlich sind, was aber nicht so geplant war, sondern eher eine Entwicklung anhand der Umstände ist. 

Auf „Capture The Moment“ beweist du mal wieder dein feines Gespür für tolle und eingängige Melodien, die zum Teil richtigen Ohrwurm-Charakter haben. Feilst du lange an den Melodiebögen, oder hast du sofort im Ohr, wenn etwas richtig klingt? 

Das meiste habe ich direkt im Ohr. Sobald mir eine Melodie einfällt, halte ich sie kurz auf meinem Diktiergerät fest, oder ich rufe mich selbst an und singe auf meinen Anrufbeantworter, wenn mal nichts zur Hand ist. Meistens kurz mit akustischer Gitarre. Bei Stücken, wo´s mal anders läuft, habe ich auch immer spontan gleich Melodien. Ein großes „Feilen“ findet eigentlich nie statt. Ist natürlich schon einige sehr wenige Male vorgekommen. (lacht) 

Michael, du hast ja bis auf einige wenige Parts neben dem Gesang auch fast alle Instrumente selbst eingespielt. Welches Instrument benutzt du zum Songwriting am häufigsten? 

Definitiv die akustische Gitarre. 

Hast du die Instrumente alle mal spielen gelernt, also mit Lehrer, oder bist du da eher autodidaktisch vorgegangen und hast Dir die Fähigkeiten selber drauf getan? 

Also ich bin völlig Autodidakt. Ein gewisses Talent gehört einfach dazu, um richtig gut zu werden. Nicht zu vergessen, das trotzdem nur Übung den Meister macht. Hab jahrelang vor dem, damals noch, Plattenspieler gehockt und Songs rausgehört. Ich war nie auf nur ein Instrument fixiert. Mich hat immer das Gesamte interessiert. 
Deswegen spiele ich wahrscheinlich auch mehrere Instrumente. Aber um die Kirche im Dorf zu lassen: Perfekt spiele ich nichts. Es reicht halt für meinen Gebrauch. (lacht) 

Und hattest du jemals Gesangunterricht, oder eine Ausbildung in der Richtung? 

Nee, hatte ich nicht. Ich nahm mal 5 Stunden, als ich 20 war. Das war´s aber auch schon. Ich kam sehr spät in den Stimmbruch und hatte mit 16-17 immer noch eine Stimme wie Micky Mouse. Hab da auch noch alles von, da mein Vater damals alles dokumentierte. Als ich mit rund 19/20 dann nur noch singen wollte, legten mir meine Bandmitglieder an´s Herz, doch lieber einen Sänger zu suchen, da ich doch besser Gitarre spielen würde. (lacht) Ja ja, so war das damals. 

Wie bist du überhaupt zur Musik gekommen, und wann war für dich klar, dass du damit einmal deinen Lebensunterhalt verdienen möchtest?

Mein Dad war auch Musiker in den 60s. Irgendwann überkam´s mich. Erste Versuche machte ich wohl mit rund 8 Jahren, aber nichts Wirkliches. Als ich dann 12 war, sagte ich dann zu meinem Dad: „Hey, ich will ne Band machen“. Seit dem habe ich nie wieder aufgehört, Musik zu machen. Da mein Vater mich immer unterstützte (er ging auch völlig in der Technik auf), kaufte und baute er. Also stand auch in kürzester Zeit gleich Equipment zur Verfügung. Es dauerte auch nicht lang, bis wir ein eigenes Studio hatten. Das darf man sich allerdings nicht so vorstellen wie heute. Heute hast du mit 20 € schon non plus ultra. Damals investierte mein Vater rund 80.000 € und hatte immer noch „nur“ ein Homestudio. Professionelle Ambitionen hatte ich dann mit rund 19, 20. Da wusste ich, dass ich nichts anderes machen möchte. Es liegt mir einfach im Blut. 

Was ist für dich live schwerer zu singen: Balladen oder Rock-Nummern? 

Da gibt es für mich keinen Unterschied. Ich mag es, Balladen zu singen, da es sich spätestens da zeigt, ob du singen kannst oder nicht. Jeder kann irgendwie was Rockiges runter leiern. Aber schwierig ist das nicht, wenn man singen kann! Es gibt sowohl schwere Balladen als auch Rocksongs, und umgekehrt. 

Beruhen deine Texte auf persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen, oder sind deine Lyrics eher fiktiv? 

Das stimmt schon. Seit rund 10 Jahren gewannen die Texte mehr an Bedeutung für mich. Wenn´s früher eher nur das „Beiwerk“ zur Musik war, ist´s heutzutage überwiegend der Spiegel meines Lebens. Zumindest zu 70 Prozent.

Wie sieht deine Vorgehensweise normalerweise aus? Hast du ein bestimmtes Schema, z.B. zuerst kommt die Musik und dann die Lyrics, oder umgekehrt? Oder ist das eher unterschiedlich? 

Ich habe fast immer erst die komplette Musik fertig, dann schreibe ich den Text beim Einsingen. Die Melodien stehen ja dann bereits. Es kommt selten vor, dass ich erst den Text habe, passiert aber schon. Die große Ausnahme sind natürlich Texte, die von Fremdschreibern kommen. Da gibt´s Leute, die einen Song zu ihrem Text brauchen. Dann schreibe ich auch gezielt auf den Text.

An welchem Song auf "Capture The Moment" hast du am längsten gearbeitet, und welcher ging dir am schnellsten und unkompliziertesten von der Hand? 

Schwere Frage... Am längsten würde ich sagen „Glory And Pain“. Das ist einer dieser besagten Songs. Der Text war nicht von mir. Ich schrieb, glaube ich, 10 verschiedene Refrains, bis mir der Song gefiel. Erst dann konnte ich wirklich daran arbeiten. Am schnellsten war glaube ich „Half Way Down“. Niklas gab mir eines seiner Playbacks. Mir gefiel das Intro und auch der Vers-Teil. Ich hatte dazu auch spontan die Melodien im Kopf. Als ich dann im Studio war, kam mir spontan dieser Refrain. Fertig war´s. Allgemein schreibe ich meine Songs in ein paar Minuten. 
Das Produzieren kann dann unter Umständen etwas dauern, da man vielleicht Keyboardsound, Loops, etc. erst suchen muss. 

Wirst du mit „Capture The Moment“ auf Tour gehen, oder ist da erst mal nichts geplant? 

Das würde ich gerne! Ich werde jetzt auch verstärkt daran arbeiten, bzw. die Kontakte dafür knüpfen, gegen Ende des Jahres, oder Anfang nächsten Jahres auf Tour zu gehen. Nun, wir wissen alle, das es leichter gesagt als getan ist. Aber es wäre schon obergeil. Ich war 4 Jahre nicht unterwegs. Ich zähle die Einzel-Shows mit „Rain“ oder „Redrum“ nicht, weil es nicht das Gleiche wie eine ausgiebige Tournee ist. Außerdem wird es auch etwas anderes sein, nur mit meinen Songs zu touren, als Michael Bormann. Das ist eh längst überfällig!! Ich habe es mir fest vorgenommen, und wenn es soweit kommen sollte, dann würde ich mich riesig freuen. Es wird dann auf jeden Fall der Hammer!! Dafür werde ich sorgen. (lacht) 

Wenn das klappt, wie sieht deine Live Band aus? Gibt es da schon Namen? 

Absolut keine Ahnung! Ich mache mir Gedanken darüber, wenn´s spruchreif wird. 

Gibt es Musiker, mit denen es ein Traum für dich wäre, mal live auf der Bühne zu spielen? 

Definitiv! Um Mal ein paar Namen zu nennen: Tommy Aldridge, Dean Castranovo, Dan Huff, Neil Schon, Johnathan Cane.

Du bist ja auch als Produzent unterwegs. Was macht dir mehr Spaß, deine eigenen Songs einzuspielen und zu produzieren, oder mit anderen Bands arbeiten? 

Mir macht beides Spaß. Es ist natürlich viel einfacher für mich, „nur“ Produzent zu sein. Es ist auf jeden Fall schön, die Abwechslung zu haben. Ok, vielleicht macht es mir heutzutage ein wenig mehr Spaß, andere Bands zu produzieren. Das liegt aber einzig und allein daran, dass rund um die Uhr Leute im Studio sind. 
Wenn ich meine Scheiben produziere bin ich überwiegend alleine im Studio. Das geht mir heutzutage manchmal auf den Sack. Ich weiß nicht, wie viele Jahre ich alleine im Studio verbracht habe. Es hat mich bis vor ein paar Jahren aber nie gestört. Jetzt schon. 

Wie ist es eigentlich seinerzeit zu deiner leider nur kurzen Zusammenarbeit mit BLOODBOUND gekommen, die du ja, wie man lesen konnte, aus Zeitgründen wieder verlassen hast? Das Album hat mir verdammt gut gefallen und hätte einen Nachfolger verdient. 

Frederik (Bergh, Keyboarder von BLOODBOUND), den ich bis zu diesem Zeitpunkt nur über Emails kannte, rief mich irgendwann an. Es gab zu der Zeit Probleme mit ihrem Sänger. Die Produktion war im Kasten, bis auf die Vocals. Ich hörte mir dann ein paar Samples an und mir gefiel, was da aus den Boxen tönte. Da ich gerade ein wenig Zeit hatte, flog ich kurzer Hand in den tiefsten Schnee nach Schweden und sang das Album ein. Es war nie wirklich geplant, einzusteigen. Falls eine Tour angestanden hätte, was ja nicht passierte, wäre ich dabei gewesen. Das hatten wir auch von Anfang an so besprochen. Das war´s aber schon. Aber man weiß ja nie. Vielleicht gibt´s ja noch einen Nachfolger, (lacht). Never say never! 

Wenn du dir eine Traumband zusammenstellen könntest, in der diesmal auch nicht mehr unter uns weilende Musiker vertreten sein dürften, wie würde diese Band aussehen? 

Ich hab keine Ahnung (lacht). Da fiele mir jetzt spontan keiner ein, außer John Lennon. 

Gibt es Songs, die du gerne mal covern würdest? Oder ist das eher nicht dein Ding? 

Man merkt, dass Du nicht viel über mich, bzw. meine Vergangenheit weißt. (lacht) Ich coverte bereits ein paar Songs, wie z.B.: "Help" (Beatles), "Easy Lover" (Phil Collins), "Larger than life" (Backstreet Boys). Es gibt da schon noch einige Songs. Das wirst du dann hören, wenn´s soweit ist. (lacht) 

Doch, das war mir schon bewusst. Ich wollte eigentlich hauptsächlich wissen, ob es einen Song gibt, den du unbedingt mal covern möchtest.
Du hast ja schon einiges in deiner Karriere erlebt. Würdest du heute noch mal alles genauso machen, oder gibt es Situationen, in denen du heute anders entscheiden oder handeln würdest?
 

Das ist schwer zu sagen. Ich würde mal behaupten, dass ich alles wieder genauso machen würde, bis auf vielleicht ein, zwei Dinge. Aber ich bin wie ich bin. Gewisse Dinge ändern sich nun einmal nicht. Der Charakter eines Menschen wird sich nicht „wirklich“ ändern. Ich wünschte, ich wäre nicht immer so gutgläubig gewesen mein ganzes Leben lang. Heutzutage schließe ich für jede Kleinigkeit einen Vertrag ab, was mir aber eigentlich gegen den Strich geht. Leider musste ich das irgendwann, da jeder Arsch meine Gutmütigkeit ausgenutzt hat. Zu viele haben von mir profitiert und ich bin auf der Strecke geblieben. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich dies gerne ändern. Sonst eigentlich nix. 

Möchtest du noch ein paar Worte an unsere Leser richten? 

Ich hoffe wirklich, dass ich bald auf Tournee gehen kann. Und dann auch mal wieder in richtigem Kontakt mit dem Publikum stehe. Nur Studio ist auf die Dauer langweilig. Also, see ya all on tour soon. Keep on rocking!! 

Michael, vielen Dank das du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Ich wünsche dir viel Erfolg mit „Capture The Moment". 

Hat mich gefreut, Dirk. Ich fliege in 4 Stunden nach Rhodos und mache erst mal 2 Wochen Urlaub. Ok, singen werde ich auch ein wenig. (lacht)

Na dann schönen Urlaub, guten Flug und noch mal ein extra Dankeschön, dass du dir vor diesem Hintergrund noch die Zeit genommen hast, meine Fragen so ausführlich zu beantworten.