Geschrieben von Mittwoch, 27 September 2006 20:47

Fair Warning - Interview mit Bassist Ule Ritgen

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Fünf Jahre sind seit ihrem letzten Release “Four” ins Land gezogen. Eine ziemlich lange Zeit für eine Band, die sich auf nationaler wie auch auf internationaler Ebene eine hervorragenden Ruf erspielte und mit ihren Plattenverkäufen in Regionen aufstieg, von denen so manche Band träumt. 
Mit „Brother’s Keeper“ meldeten sich die Melodic Hard Rocker aus deutschen Landen eindrucksvoll zurück. Besonders in Fernost hat die Singleauskopplung „Don’t Keep Me Waiting“ eingeschlagen wie eine Bombe und jede Menge Lorbeeren geerntet. Gründe sind also genug vorhanden, mal ein paar Fragen in Richtung Band loszulassen. 
Bassist Ule Ritgen nahm sich die Zeit, um auf diese Fragen einzugehen.


Hi Ule. Zuallererst möchte ich euch natürlich zu eurem neuen Album „Brother’s Keeper“ gratulieren, mit dem ihr euch eindrucksvoll in der Szene zurückgemeldet habt. Was waren denn eigentlich die Gründe für eure fast fünfjährige Abwesenheit? 

Tommy (Heart, vocals) wollte einfach mal etwas ganz anderes machen, was er mit SOULDOCTOR auch realisierte. Und Helge (Engelke, guitars) gründete in dieser Zeit DREAMTIDE.

Was habt ihr denn so die ganze Zeit ohne FAIR WARNING getrieben? 

Tommy und Helge waren, wie gesagt, mit ihren neuen Bands sehr beschäftig und haben sich voll darauf konzentriert, was sich auf den Alben, die sie aufgenommen haben und den Konzerten, die sie gespielt haben, widerspiegelt. Ich habe die Zeit genutzt, um jede Menge Musik zu komponieren. 

Obwohl man bei „Brother’s Keeper“ eindeutig FAIR WARNING erkennt, klingt das Album für mich doch eine ganze Ecke heavier als zum Beispiel „Rainmaker“ oder „Go“. Diese Einschätzung bezieht sich nicht nur auf den Sound, sondern auch vor allem auf den Gesang von Tommy. War das eine bewusste Entscheidung von euch, oder hat sich das eher zufällig beim Songwriting ergeben? 

Das hat sich ganz natürlich aus den Songs heraus ergeben. Ich finde, dass Tommy’s Gesang in der Zwischenzeit aber auch noch besser und ausdrucksvoller geworden ist. 
Und das kommt der Musik echt zugute. 

Wie läuft denn bei euch im Allgemeinen das Songwriting ab? Ist dafür einer von euch verantwortlich, oder entstehen die Songs im Proberaum mit der kompletten Band? 

Bisher haben bei FAIR WARNING immer Helge und ich die Songs geschrieben, wobei jeder seine fertig komponierten Sachen der Band vorgespielt hat und dann gemeinsam die Auswahl für das Album getroffen wird.

Mir haben besonders die Songs „Don’t Keep Me Waiting“, „Tell Me Lies“, „Generation Jedi“ und die wirklich tolle Ballade „All My Love“ gefallen. Welche Songs vom neuen Album spielt ihr am liebsten?

Sehr schwer zu sagen, da hat sicher jeder von uns seine persönlichen Faves. Bei mir hängt das auch von meiner momentanen Stimmung ab, es wechselt also ständig. 
Im Grunde aber spielen wir sie alle gerne.

An welchem Song habt ihr am längsten getüftelt und welcher ging euch am schnellsten von der Hand? 

Erstaunlicherweise gingen uns fast alle Songs wirklich leicht von der Hand, alles lief viel unkomplizierter und leichter als früher. Am längsten haben wir wohl an den Sound- und Levelverhältnissen zwischen Gitarren und Keyboards bei „My Way“ gebastelt. Aber auch dieser Song war verhältnismäßig schnell fertig. 

Ihr habt das Album selbst produziert. Was hat euch bewogen, keinen namhaften Produzenten zu verpflichten? Ein gewisses Risiko seid ihr mit dieser Entscheidung schon eingegangen, oder? 

Eigentlich nicht. Nach unserem Debütalbum haben wir ja alle Scheiben selbst produziert, und dadurch nicht nur genügend Erfahrung, sondern auch das nötige Selbstbewusstsein aufgebaut, um so eine große Produktion im Griff zu behalten. 

Neben der aktuellen Veröffentlichung wird es ja auch ein Re-Release eures Debütalbum „Fair Warning“ geben. War das eine Entscheidung von euch oder eurem Label? 

Das war unsere Idee. Wir wollten damit unseren neueren Fans einfach ersparen, weiterhin 30 Euro und mehr für die teuren Japan-Importe von „Fair Warning“ und „Rainmaker“ zu bezahlen. Unsere Plattenfirma hat diese Idee dann dankbar aufgegriffen und sofort umgesetzt.

Besonders in Japan hat eure erste Singleauskopplung „Don’t Keep Me Waiting“ hervorragend eingeschlagen. Im japanischen Burrn“ – Magazine hat der Song 92 von 100 Punkten erreicht. Was ist der Grund für euren enormen Erfolg im Land der aufgehenden Sonne? 

Das unsere Musik dort Airplay erhält, also im Radio zu hören ist, hilft sicher eine ganze Menge. Außerdem hatten wir in Japan einfach einen guten Start, wurden zum Beispiel mit unserem ersten Album zum Newcomer des Jahres gewählt. Mit „Rainmaker“ und „Go“ konnten wir diesen Erfolg immer weiter ausbauen. Dadurch wuchs die Zahl derer, die uns kennen und gut finden, stetig an. 

Wie sehen denn die Tourplanungen aus, um „Brother’s Keeper“ zu promoten? Werdet ihr eher eine kleine Headliner Tour veranstalten, oder als Support für eine andere Band spielen? 

Verschiedene Alternativen sind zurzeit in Planung. Es ist aber noch nichts entschieden, und zu früh etwas Konkretes zu sagen. 

Gibt es eine Band, mit der du besonders gerne touren würdest? 

Am liebsten natürlich eine Band, die stilistisch zu uns passt, so wie damals GIANT. Aber eigentlich sind wir auch da sehr flexibel, solange man uns fair und professionell behandelt. 

Ihr seid ja jetzt auch keine Newbies mehr und schon länger im Geschäft. Mich würden mal die Bands interessieren, die euch beeinflusst haben.

Auch das ist natürlich bei jedem von uns unterschiedlich. Von Tommy weiß ich zum Beispiel, dass er als Kind der totale KISS Fan war, während Helge schon immer auf RAINBOW, LED ZEPPELIN und QUEEN stand. Bei mir waren es gar nicht bestimmte Bands, sondern eher einzelne Songs, die mich beeindruckt und inspiriert haben, und zwar von ganz verschiedenen Leuten. 

Als ich auf der Tracklist „Once Bitten, Twice Shy“ gelesen habe, hatte ich zuerst mit einem Coversong von GREAT WHITE gerechnet, was ja dann doch nicht der Fall war. Habt ihr jemals in Betracht gezogen, Songs zu covern? Und wenn ja, welche? 

Wir haben schon des öfteren für die Bühne Songs gecovert, wie zum Beispiel „Mickey’s Monkey“ von MOTHER’S FINEST, „Edge Of The Blade“ von JOURNEY oder „Eastern Sun“ von ZENO. Im Studio aufgenommen haben wir aber bisher nur eine Akustikversion von „In The Ghetto“ von ELVIS PRESLEY. 

Welche Musik läuft bei euch privat im Player? 

Auch das ist natürlich ganz verschieden. Das geht über die volle Bandbreite von AUDIOSLAVE über BLACK EYED PEAS bis zu den BACKYARD BABIES. Oder von MOZART bis CHOPIN. 

Ihr seid ja jetzt wieder in der originalen Besetzung zusammen, also mit CC Behrens an den Drums. Beschreib mal, wie du dich gefühlt hast, nach all den Jahren wieder zusammen zu spielen? 

Das war tatsächlich ein sehr beeindruckendes Erlebnis. Die alte Chemistry, Vertrautheit und Sicherheit war sofort wieder 100%ig vorhanden, so, als hätte es nie einen Break gehabt. 
CC ist einfach ein sehr guter Musiker, der zuhört während er spielt und dabei nicht nur auf sich selbst hört. 

Eine Frage, die mich immer wieder interessiert, ist die nach dem Equipment. Welche Instrumente und Verstärker benutzt ihr, und ist euer Studioequipment identisch mit dem Liveequipment? 

Wir benutzen alle eine ganze Reihe von Amps und Gitarren im Studio, je nach Bedarf. Helge hat sicherlich an die 20 verschiedene Amps benutzt. Das fängt beim Vox Ac30 an, geht über jede Menge verschiedener Marshalls über Engls und Mesa Boogies bis hin zu alten Fender Amps. 
Den Bass nehme ich immer erstmal direkt über einen Summit Kanalzug auf, später wird er dann, wieder je nach Bedarf, durch verschieden Amps wie Ampeg, Marshall etc. geschickt. Erst beim Mix entscheiden wir dann, welche Kombination wir benutzen. Ja, das Liveequipment ist identisch mit dem Studioequipment, aber man benutzt eben eine kleinere Auswahl.

Wie würdest du die Metalszene im Moment beschreiben? Nachdem, was da jetzt, auch gerade bei eurem Label, an Alben veröffentlicht wird, scheint die Nachfrage nach gutem, melodiösen Metal ja eigentlich wieder recht gut zu sein. 

Ich bin da, ehrlich gesagt, nicht wirklich auf dem Laufenden, glaube aber, dass sich gute und echte Musik, egal ob Metal, Rock oder Alternative, immer durchsetzen kann. Einfach, weil sie die Leute nicht kalt lässt. 

Wie bereitet ihr euch im Allgemeinen auf eine Tour vor?

Wir gehen in den Proberaum und proben eine große Anzahl an Songs. Dann wird gemeinsam eine Auswahl und die Reihenfolge festgelegt, und dieses Set wird dann bis zur Bühnenreife immer und immer wieder gespielt. 

Noch ein paar Worte an die Fans? 

Danke für eure Geduld. „Brother’s Keeper“ aufzunehmen hat uns allen sehr viel Spaß gemacht, und ich finde das kann man auch spüren und hören. Hört rein, ich bin sicher, ihr werdet nicht enttäuscht sein. Cheers, Ule. 

Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, meine Fragen zu beantworten. Ich wünsche euch viel Erfolg mit „Brother’s Keeper“ und hoffe, dass wir uns irgendwo auf der Tour mal über den Weg laufen.