Einen besseren Titel als „The Lives of Brian“ hätte der begeisterte Monty-Python-Fan Brian Johnson nicht für seine 2022 veröffentlichte Biographie wählen können. Zwar konzentriert sich der bald 78-Jährige, der mit AC/DC nach wie vor sämtliche Arenen dieser Welt ausverkauft, weitgehend auf die Zeit von seiner Geburt bis zum Erscheinen von „Back in Black“ im Jahr 1980, doch bis zu diesem Zeitpunkt hat Brian bereits mehr Ups und vor allem Downs erlebt als die meisten Menschen in fünf aufeinanderfolgenden Leben.
„I got a new job, Ma,“ I told her, bursting with pride. „I´m the new lead singer of AC/DC!“ „Oh, that´s a-nice, son“, she said. „Would you like a sandwich?“
Anfänge im Kirchenchor
Als Brian 1947 im englischen Dunston als Sohn einer liebevollen italienischen Mutter und eines strengen, vom Krieg geprägten Vaters geboren wird, ist er von einer Karriere als millionenfach bejubelter Rockstar so weit entfernt wie von einer Reise zum Mond.
Die Familie ist arm, Musik gibt es allenfalls im Radio und im Fernsehen. Dort hört Brian mit elf Jahren zum ersten Mal Little Richard und entbrennt für den Rock´n´Roll. In der Schule und im Kirchenchor fällt die bemerkenswerte Stimme des kleinen Jungen auf – was nicht ohne Folgen bleibt.
The deposed Head Choir Boy was waiting for me outside the church, and he (…) was systematically trying to knock the shit out of me when the choirmaster came out, kicked him in the arse and pulled him off, then told him that kicking the shit out of people is right out of the question on holy ground (tell the Crusaders that).
Mit jeder Menge britischem Humor (daher empfiehlt sich das Lesen der Originalausgabe) erzählt Brian, wie er mit Bands wie THE TOASTY FOLK TRIO und THE GOBI DESERT KANOE KLUB orientierungslos erste musikalische Gehversuche unternimmt, Ausbildungen zum Büroangestellten und Fallschirmspringer absolviert, um das Geld für eine Gesangsanlage zusammenzukratzen, und wie er mit 20 heiratet, als seine Freundin schwanger wird.
Erster Plattenvertrag
In den Nächten steckt Brian all seine Energie in die Musik, und als er 1972 mit der Pop-Rock-Band GEORDIE einen Plattenvertrag ergattern kann, träumt er von der großen Karriere – doch die Realität fordert schon bald ihren Tribut.
„We fucking did it“, he said. (…) „We got a record contract!“ That was when I remembered that I was married with a kid and a full-time office job. So I was delighted. But at the same time, I was like… what the fuck am I going to do now?
Video: GEORDIE mit Brian Johnson 1973
Bildhaft und angenehm bodenständig entführt uns Brian ins Großbritannien der 60er und 70er, lässt uns an seinen Besuchen bei elektrisierenden Konzerten von Jimi Hendrix und STATUS QUO teilhaben und gewährt interessante Einblicke in die damalige britische Musikszene – mit dem staunenden Blick des Jungen vom Land, der mit GEORDIE blauäugig einen Knebelvertrag unterschrieben hat, der ihm nach dem Ende der Band fast das Genick bricht.
I couldn´t help but wonder how I´d gone from appearing on Top of the Pops with Roger Daltrey to this. At the age of thirty-one, I´d lost everything. My marriage, my career, my house…
Plötzlich klingelt das Telefon...
Neben seiner Liebe zum Leben und dem Glauben an sich selbst sind es vor allem sein Humor, seine Loyalität und sein unerschütterliches Arbeitsethos, die Brian dabei helfen, sich einmal mehr durchzubeißen und sich abseits der Musik eine neue Existenz aufzubauen – bis 1980 plötzlich das Telefon klingelt.
Die schottisch-australischen Rocker AC/DC, zu dieser Zeit bereits weltweit berühmt und berüchtigt, suchen einen Nachfolger für ihren kürzlich verstorbenen Sänger Bon Scott – und irgendjemand hat den Namen Brian Johnson in den Raum geworfen. Ein Vorsingen, von dem niemand erfahren darf und das Brians Leben erneut komplett auf den Kopf stellt.
I felt like Bon was right there in the room with us, smiling and sipping on his rum and Coke. (…) Every member in the band playing like their life depended on it. It was the AC/DC way. It sounded so right. This was rock´n´roll. This was how it was all meant to be.
Video: AC/DC 2009 (Live at River Plate)
Auch warum Brian Johnson das Vorsingen beinahe verpasst hätte, wie er die Aufnahmen zu „Back in Black“ (mit 50 Millionen Exemplaren das zweitmeistverkaufte Album der Welt) auf den Bahamas erlebte und was sein plötzlicher Gehörverlust 36 Jahre später in dem AC/DC-Frontmann auslöste, das verrät dieser 360-Seiten-Schmöker (das Buch wird übrigens mittlerweile fast überall vergünstigt angeboten).
„The Lives of Brian“ ist die unglaubliche Geschichte eines einfachen, ungemein sympathischen Mannes, der sich die Chance seines Lebens mit jeder Faser hart erarbeitet hat. Einfach ein schönes Buch!