Geschrieben von Dienstag, 29 April 2014 18:20

Satan - Interview mit Sänger Brian Ross und Gitarrist Steve Ramsey

SATAN sind zurück und klingen so stark wie lange nicht mehr. Am Rande des HELL OVER HAMMABURG-Festivals traf ich mich mit Gitarrist Steve Ramsey und Sänger Brian Ross zum Interview. Die beiden Heavy Metal-Urgesteine haben sehr gute Laune, reißen Witze und blicken mit Humor und Optimismus in Vergangenheit und Zukunft  – wobei Brian es sich nicht nehmen lässt, immer wieder auch über seine Zweitband BLITZKRIEG zu berichten, die ebenfalls jüngst ein neues Album veröffentlicht hat, das von der Szene sehr gut aufgenommen worden ist.

Ich habe eure Musik zum ersten Mal entdeckt, als ich die Vinyl-Sammlung meines Vaters, der Fan der ersten Stunde ist, durchstöbert habe ...

Steve und Brian:
Wow!

Das neue Album „Life Sentence“ war dann das zweite, welches ich von euch gehört habe – und ich war ziemlich überrascht, weil es nicht so klingt, als wärt ihr irgendwie gealtert: Der Gesang klingt immer noch großartig und die Musik frisch, aber traditionsbewusst. Hört ihr noch die gleiche Musik, habt ihr noch dieselben Einflüsse wie damals? Oder hat
sich irgendwas geändert?

Steve: Ich höre von allem etwas, verschiedene Musikstile, und ich habe auch die ganzen Veränderungen in der Metalszene etwas verfolgt. Aber generell – egal, was wir tun – das, was uns beeinflusst, ist das, womit wir aufgewachsen sind. Bands wie JUDAS PRIEST, BLACK SABBATH, THIN LIZZY. Ich würde also sagen, dass unsere Musik eher von der Vergangenheit als von der Gegenwart beeinflusst ist.

Brian: Mit 'Life Sentence' wollten wir das Album schreiben, das 'Court In The Act' gefolgt wäre. Das haben wir uns von Anfang an vorgenommen. Du sagst, dass es so klingt, und damit haben wir das geschafft, was wir uns vorgenommen hatten. Wie Steve schon sagt, wir hören alle Arten von Musik, nicht nur Metal. Ich mag die BEATLES, ich mag alles mögliche. Die Einflüsse haben sich über die Jahre also nicht wirklich verändert – immer noch ein bisschen PRIEST, ein bisschen DEEP PURPLE, ein bisschen SABBATH, ein bisschen ZEPPELIN.

Steve Harris meinte einmal, dass er Punk immer gehasst hat und dass Punk auch keinen Einfluss auf MAIDEN gehabt hätte. (Beide schauen mich ungläubig an.) Wie seht ihr das in Bezug auf SATAN?

Steve: Jaaaa, genau!

Brian: IRON MAIDEN haben also nicht als Punkband angefangen? Das haben sie! Sie haben als Punkband angefangen ...

Steve (unterbricht): ...und dann sind sie besser geworden, haha!

Brian: Eine Menge der New Wave Of British Heavy Metal Bands haben als Punkbands angefangen. BLITZKRIEG (Brian's andere Band, Anm.d.Red.) und SATAN zwar nicht, aber eine Menge anderer.

Ihr habt am Anfang auch eine Menge Punksongs gespielt, oder?

Steve: Als wir die Band gründeten, spielten wir eine Menge Zeug, wie die DEAD KENNEDYS, RAMONES ...

Brian (unterbricht): BLITZKRIEG nicht. Am Anfang haben wir mit BLITZKRIEG eine Menge PRIEST UND PURPLE gespielt.

Mit eurem neuen Album habt ihr eine Menge neuer Fans und eine jüngere Generation erreicht – inwiefern hat sich die Metalszene eurer Meinung nach über die Jahre verändert?

Brian: Ja, wenn man ins Publikum schaut, denkt man vielleicht, dass da nur Leute in unserem Alter stehen, aber das ist nicht so. Diese Leute bringen ihre Kinder mit; du selbst hast dir die „Court In The Act“-Platte deines Vaters angehört, und das ist cool, weil es zeigt, dass wir wirklich ein brandneues Publikum erreichen.

Steve: Und das Material, das wir damals geschrieben haben, ist immer noch gut genug, dass du es dir heute anhörst.

Brian: Weil die jungen Fans vielleicht gerade erst 'Court In The Act' entdecken, und das ist für uns ein ziemlich cooler Punkt, weil eine Band ausstirbt, wenn du keine jüngere Generation erreichst. Ich glaube, eine Menge Kids standen auf das ganze Thrash-Zeug und wollten dann wissen, was diese Bands, zum Beispiel METALLICA, beeinflusste. Also sind sie in der Zeit zurückgegangen und haben sich Bands wie uns angehört – BLITZKRIEG, FIST, VENOM und das ganze Zeug. Und das ist eine neue Erfahrung für sie.

Jetzt kommen ein paar Fragen, die ihr wahrscheinlich leid seid – aber vielleicht habt ihr Lust, sie für unser Magazin trotzdem zu beantworten ...

Steve: Natürlich!

Ihr habt euren Namen 1984 in BLIND FURY geändert, weil ihr nicht mit den ganzen Black Metal Bands in Verbindung gebracht werden wolltet.

Brian (grinsend): Diese Frage kann Steve beantworten!

Waren die Bands zu extrem für euren Geschmack?

Steve: Nein, die waren nicht zu extrem für uns, ich mag SLAYER und solchen Kram, aber wir sind nicht so wie sie. Unser Bandname wurde von den Leuten aber dementsprechend interpretiert – und damit wurden wir in eine Kategorie gesteckt, in die wir nicht gehörten. Aber der Hauptgrund war ein anderer:

Als wir 'Court In The Act' veröffentlichten, spielten wir hauptsächlich in England und Holland. Die beiden großen Magazine zu der Zeit waren das "Kerrang!"-Magazin in England und "Aardschok" in Holland. Und obwohl die Leute heute sagen, es sei das beste Metal-Album aller Zeiten ... legendär und der ganze Scheiß ... bekamen wir in beiden Magazinen schlechte Rezensionen. Und weil wir jung waren, dachten wir, wir hätten etwas falsch gemacht.
Wir dachten, dass es vielleicht am Namen liegen könnte, deshalb änderten wir ihn – rückblickend war das eine schlechte Idee. Wir hätten einfach auf dem Weg bleiben sollen, den wir eingeschlagen hatten.

Brian: Ich hab' das zu der Zeit schon gesagt ... dafür wurde ich gefeuert. (Bricht in schallendes Gelächter aus)

Steve: Wir waren zu jung und naiv, so zu denken. Wir dachten, dass wir etwas falsch machen würden und dass keiner die Musik mag.

1988 habt ihr euren Namen in PARIAH geändert – schon wieder ein Fehler?

Steve (ahmt ein Furzgeräusch nach): Will ich das wissen? Zu dem Zeitpunkt war eh alles im Arsch. Wir haben uns dann wieder in SATAN umbenannt, weil wir gemerkt haben, dass wir mit BLIND FURY komplett auf dem falschen Weg waren. Wir haben den Musikstil geändert und waren eher die Backingband des damaligen Sängers Luke Taylor, als die Band, die wir als Kids gegründet hatten. Also sind wir wieder zum Namen SATAN und zu dem zurückgekehrt, was wir am besten konnten, haben also wieder unsere typische Musik gemacht. Und dann passierte wieder so eine Scheiße.

Wir waren auf Tour mit RUNNING WILD und bei einer Show in Deutschland standen Christen vor der Tür und haben versucht, die Kids davon abzuhalten hereinzukommen, weil wir schließlich der Teufel und der ganze Mist seien ...

Brian: Wir hatten mit BLITZKRIEG dasselbe Problem – letztes Jahr haben BLITZKRIEG ein paar Dates in Deutschland gespielt, so eine Art Mini-Tour, und in einem der kleinen Läden haben Leute angefangen, die Poster abzureißen, weil sie dachten, wir wären Nazis. Manche Namen erzeugen Probleme, aber ich denke, dass das Problem eher bei der Engstirnigkeit der Leute liegt. Anstatt herauszufinden, was es wirklich mit der Band auf sich hat, nehmen sie einfach an, dass du etwas Bestimmtes bist. Und das ist falsch. Es ist total falsch.

Steve: Ich glaube, dass es heutzutage etwas anders ist als damals. Ein Name kann zwar andeuten, was man für Musik macht, aber mit dem Internet kannst du heutzutage einfach 'SATAN' eingeben ...

Brian: … und einfach reinhören.

Steve: Du brauchst nicht denken: "Oh, die sind eine Death Metal Band!"

Brian: Ich persönlich denke, dass 'SATAN' der ultimative Name für eine Heavy Metal Band ist. Besser geht es einfach nicht. Und BLITZKRIEG ist der zweitbeste Name für eine Heavy Metal Band, haha!

Steve, du bist ein Gitarrenlehrer – gab es in den letzten Jahren Schwierigkeiten dabei, deine Zeitpläne zu koordinieren, wo du ja mit SATAN auf Tour und im Studio warst? Bestreitest du mit SATAN deinen Lebensunterhalt?

Steve: Naja, ich habe lange Zeit von SKYCLAD gelebt (bei SKYCLAD spielt Steve unter anderem mit seinem Landsmann Martin Walkyier von SABBAT, Anm.d.Red.). Mit den beiden Alben, die wir vor der Gründung von SKYCLAD gemacht haben, konnten wir auch von der Band leben. Bei SKYCLAD konnte ich von der Musik leben, bis Martin die Band verlassen hat – das hat er damals gemacht, weil wir unseren Publishing-Deal verloren hatten.

Von da an habe ich angefangen zu unterrichten, um ein bisschen Geld zu machen. Ich wollte damit eigentlich keine Karriere machen, aber ich war gut darin, also habe ich eine Menge Arbeit bekommen, die sich aufaddiert hat, bis ich Vollzeit gearbeitet habe. Wenn wir jetzt touren, machen wir das während der englischen Schulferien ... (Brian fängt an, zu lachen) ... also an Wochenenden und in den englischen Schulferien. So spielen wir im Moment Konzerte. Ich hoffe, dass ich im nächsten Jahr etwas weniger arbeiten und mehr touren kann, denn wir wollen wirklich nach Deutschland kommen und eine richtige Tour machen – nicht nur diese Eintagesfestivals!

Brian: Es ist wirklich hart! Ich muss auch meine Zeit zwischen BLITZKRIEG und SATAN ausbalancieren.

Steve: ... und SKYCLAD. Außerdem arbeiten wir alle Vollzeit.

Brian: Das macht es schwierig, unsere Zeitpläne zu koordinieren, aber Steve arbeitet sehr hart daran, dass alles gut funktioniert, also ist alles gut. Er stellt sicher, dass diese ganzen Dinge sich nicht überschneiden.

Steve: Und im Moment funktionert es. Im Februar wollen wir auf eine kleine Europatour gehen und auch ein paar Dates in Deutschland spielen.

Brian: BLITZKRIEG werden gegen Ende des Jahres die zweite Hälfte ihrer Europatour vollenden, dafür sollten die Termine auch bald angekündigt werden.

Letzte Frage: Habt ihr schon Pläne für ein neues Album? Habt ihr schon Songs geschrieben?

Steve: Ja, es ist fast fertig! (Beide lachen) Wir hängen nicht einfach rum. Es ist fast fertig und wir nehmen es wohl im nächsten Sommer auf. Und dann kommt am Ende des Jahres oder Anfang des nächsten noch ein weiteres Album. Wir nehmen das alles jetzt sehr ernst, hehe ...

Brian: Es war am Anfang echt harte Arbeit, weil wir anfangs eigentlich nur zusammengekommen sind, um ein paar Gigs zu spielen. Das war großartig. Ich habe dann vorgeschlagen, ein Album aufzunehmen – und ich glaube, am Anfang war da keiner scharf drauf. Alle haben erstmal gelacht. Ich meinte dann: 'Leute, kommt schon, wir können das schaffen, wir können ein Album machen!' Und Steve hatte dann erste Ideen.

Steve: Wir haben einfach einen Song geschrieben, ein bisschen geprobt ...

Brian: ... und alles kam einfach wie von selbst zusammen. Es war toll!

Steve: Jetzt sind wir also wieder auf unserem Pfad, und wir werden wieder gutmachen, dass wir nicht direkt so weitergemacht haben.

Brian: Wir werden es wieder gutmachen!