Geschrieben von Freitag, 11 Mai 2018 10:12

Angra, Operation Mindcrime, Halcyon Way und Ravenscry - Turock Essen

19.04.2018 Essen - ANGRA, die brasilianische, progressive Power-Metal Truppe, ist im gemütlichen Turock in Essen zu Besuch und hat sich internationalen und musikalisch vielseitigen Besuch mitgebracht.

Trotz des guten Wetters gibt es schon früh eine für das Turock nicht unbeachtliche Schlange Metaller, die aufmerksam von den zwei Folk-Punk-Formationen beobachtet wird, die nebenan ebenfalls mit ihrem Soundcheck beschäftigt sind. Großer Diversitätstreiber im Publikum dürften OPERATION MINDCRIME sein, die als Co-Headliner das gleichnamige, mittlerweile 30 Jahre alte Album in voller Länge zum Besten geben. Zusätzlich gibt es zwei Vorbands, bei denen man eine geschickte Wahl attestieren muss: Unterschiedlich genug, um für Vielseitigkeit zu sorgen, aber doch deutlich verwandt und für Fans leicht zugänglich.

Ravenscry

Eröffnen dürfen RAVENSCRY aus Italien. Die Truppe um Frontfrau Guilia Stefani geht ein bisschen Richtung Gothic und Alternative, fügt sich aber in den generell eher progressiven Einschlag des Abends nahtlos ein. Technisch sauber und überraschend – muss man leider mittlerweile sagen – gut gemischt spielen sie sich überzeugt und überzeugend durch ihr letztes Set der Tour. HALCYON WAY sorgen mit ihrer überraschenden Bierlieferung, zur Feier des gemeinsamen Tourabschlusses, für etwas Unruhe auf der Bühne. Komplett aus der Ruhe bringen lassen sich die Italiener vom Bier allerdings nicht und bringen ihr Set souverän zu Ende. Eine sympathische Band mit viel Potential und leider deutlich zu wenig Output. Es lohnt sich aber trotzdem, ein Auge drauf zu werfen und zu hoffen, dass die nächsten 10 Jahre mehr als zwei Alben bringen.

Halcyon Way

Nachdem einige Bandmitglider schon als Kellner für RAVENSCRY auf der Bühne zu sehen waren, darf HALCYON WAY jetzt vollzählig und mit Instrumenten auf die Bretter. Die amerikanische Progressive Truppe spielt sich mit viel Freude und Energie durch ein starkes Set. Neben OPERATION MINDCRIME Gitarrist Kieran Robertson und ANGRAs Rafael Bittencourt als zeitweilige Verstärkung, stürmen irgendwann auch musikalisch aktuell unbeteiligte Musiker die Bühne, ausgerüstet mit einer Silikonnachbildungen männlicher Anatomie, die von den Amerikanern wahlweise als Hut getragen oder als Mikrofonersatz verwendet wird. Tourabschluss ist eben Tourabschluss. Ähnlich wie RAVENSCRY lässt sich auch bei HALCYON WAY hohe Qualität und viel Potential in Kombination mit frustrierend unregelmäßigen Veröffentlichungen feststellen. Beide sind live eine echte Empfehlung und auch auf Platte kann man sich den halben Nachmittag zum vollständigen Hören gönnen.

Operation Mindcrime

Wenn man sich die Schwankungen des Publikums anschaut, ist OPERATION MINDCRIME die Hauptattraktion des Abends. Die Truppe um Ex-QUEENSRŸCHE Sänger Geoff Tate ist die einzige Band des Abends, die das Privileg genießt, vor komplett vollem Haus zu spielen und außerdem – man möchte annehmen aus Respekt und nicht auf eigenen Wunsch – von Streichen zum Tourabschluss verschont bleibt. Zum 30 Jährigen Jubiläum gibt es das legendäre "Operation Mindcrime"-Album von QUEENSRŸCHE in voller Länge und der Name zieht Publikum.

Im vollen Haus stolpert man gelegentlich auch über bekanntere Gesichter wie den lokalen Ex-SODOM Bernd "Bernemann" Kost, die die seltene Gelegenheit nutzen, das Konzeptalbum live zu sehen. Und die Band kann den Andrang durchaus rechtfertigen: Technisch sauber, selbst nach 30 Jahren noch mit Herzblut vorgetragen und mit teilweise fast theaterwürdiger Show erweckt die Band das 30 Jahre alte Werk zum Leben. Solide gemischt und stark gespielt und definitiv etwas, das man gesehen und gehört haben sollte.

Angra

Den Abschluss des Abends übernehmen ANGRA. Die Brasilianer, für deren Hauptschreiber und Gitarristen Rafael Bittencourt nach eigenen Angaben QUEENRŸCHE der Türöffner zum progressiven Metal waren, dürfen im Anschluss an die Urgesteine zeigen, was die aktuelle Generation zu bieten hat. Neben Power-Metal mit progressivem Einschlag, oder Progressiv-Metal mit Power-Einschlag, den ANGRA gekonnt und enthusiastisch auf die Bühne bringen, scheinen auch immer wieder die brasilianischen Wurzeln mit gelegentlichen Sambarhythmen durch.

Schön zu beobachten ist auch hier die gute Beziehung zwischen den vier Bands. Immer mal wieder schleichen sich Gastmusiker ein und selbst Geoff Tate kommt zum Gastgesang mit auf die Bühne. Streiche lassen sich auch hier zum Abschluss des Europaabschnittes der Tour nicht vermeiden und so singen Geoff Tate und ANGRA Frontmann Fabio Lione am Ende zur Zugabe "Silent Lucidity", bis das Konzert dann auf voller Bühne zwischen Dildos und Reitern selbstgebastelter Pappsteckenpferde seinem Ende zueskaliert.

Eine in Deutschland immer noch ein wenig zu unbekannte Band, denen der Einstieg von Ex-RHAPSODY Sänger Fabio Lione, zumindest unter Powermetal-Fans, ein bisschen mehr Sichtbarkeit verschafft hat. Insgesamt bringt der Abend drei klare Empfehlungen. Bei "Operation Mindcrime" ist das hoffentlich nicht mehr nötig.