Geschrieben von Montag, 13 Juli 2020 16:37

Suicide Silence - Der Bericht von der "Virtual World Tour 2020"

Bild: Nuclear Blast Bild: Nuclear Blast

09.07.2020, Stuttgart – Sind virtuelle Konzerte die Zukunft des Musikgeschäfts? SUICIDE SILENCE gehen in der Corona-Krise neue Wege und machten auf ihrer virtuellen Tour auch in Stuttgart Halt. Wir haben dem Modell einmal auf den Zahn gefühlt.

„I wanna see this chat mosh!“ - Jepp, solche Sätze fallen an diesem Abend gar nicht so selten. Denn obwohl die Realität eines vollständig digitalisierten Konzerterlebnisses für alle Beteiligten noch ungewohnt ist, gibt sich das Quintett aus Amerika redlich Mühe, wenigstens ein bisschen Metal-Feeling heraufzubeschwören. Da stehen sie also nun. Allein in einer Hütte in den Staaten, umringt von unzähligen Amps und Lautsprechern, und zocken ihr aktuelles Live-Set runter.

Und das nicht zum ersten Mal, denn SUICIDE SILENCE haben aus der Not eine Tugend gemacht. Während die Krise Wellen von Tourabsagen heraufbeschworen hat, haben die US-Amerikaner ihre Pläne einfach an den Zeitgeist angepasst. Ein Konzert-Marathon von 39 Shows steht an, jede Einzelne mit einem eigenen Geogate versehen – eine Band ist auf Tour, ohne sich einen einzigen Millimeter zu bewegen. Modernster Bild- und Tontechnik sei dank.

Querschnitt durch alle Alben

So drängt auch an diesem Abend Deathcore in feinster Abstimmung aus den heimischen Lautsprechern. SUICIDE SILENCE legen sich spürbar ins Zeug, von Müdigkeit ist trotz des vorangeschrittenen Tourplans nichts zu sehen. Stattdessen geht es mit "Meltdown“ sowie dem "Become The Hunter“-Kracher "Two Steps“ gleich in die Vollen.

Während sich die Band leidenschaftlich durch das zehn Stücke lange Set zockt, klatschen die Fans munter Beifall im Chatroom. Das ist ungewohnt, funktioniert aber überraschend gesittet – selbst Fragen an die Band dürfen gestellt werden. Und wem das alles zu langweilig ist, scrollt einfach weiter runter und kauft am Merchtisch exklusive Tour-Shirts. Eifrig wird auch von der Umfrage Gebrauch gemacht. Welchen Song soll die Band heute spielen? Stuttgart entscheidet sich für "Skin Tight“, "Destruction Of A Statue“ hat heute Pause.

Nachdem die Band ihr Set mit dem wuchtigen "Hold Me Up, Hold Me Down“ zu Ende gebracht hat, gibt es für die Fans noch ein echtes Schmankerl: erste Einblicke in die kommende DVD "Live Life Hard“. Zwar dreht sich hier – wie auch im darauffolgenden Q&A – fast alles ums Saufen, das Publikum hat dennoch seinen Spaß. Pünktlich um 20:32 deutscher Ortszeit kommt der Stream letztlich zu seinem Ende. Schließlich muss sich die Band noch für die abendliche Chile-Show vorbereiten.

Interessantes Konzept mit Zukunftspotenzial

Das Fazit? Gemischt, denn der Illusion, dass virtuelle Konzerte das echte Erlebnis ersetzen können, kann man sich nur schwerlich hingeben. Nichtsdestotrotz hat die Idee Potenzial, welches weit über das Ende der Krise hinaus wirken könnte. Der Probelauf mit SUICIDE SILENCE hat zumindest hervorragend funktioniert. Klar, Konzerte werden irgendwann wieder möglich sein. Doch was spricht eigentlich dagegen, diese zusätzlich in geographische Gebiete zu streamen, die sonst nur selten in den Genuss einer echten Tour kommen? Einen Versuch wäre es allemal wert.

Setlist

  1. Meltdown
  2. Two Steps
  3. You Only Live Once
  4. Unanswered
  5. Disengage
  6. Sacred Words
  7. No Pity For A Coward
  8. Wake Up
  9. Skin Tight
  10. Hold Me Up, Hold Me Down