Geschrieben von Montag, 11 Dezember 2006 16:54

Arch Enemy, Maroon & Textures - Hamburg / Knust


Review


Link: http://www.texturesband.com/
http://www.maroonhate.com/
http://www.archenemy.net

30.11.06 - Der Vorabend schmerzte noch in den Gliedern, während ich mich durch die schmalen, hohen Gänge des Clubs drückte. Ein ziemlich aufschlussreiches Interview hatte ich bereits hinter mich gebracht, und so nuckelte ich etwas benommen an meinem Getränk und wartete darauf, dass etwas passiert.

Nicht gerade einfach wurde einem der Einstieg mit TEXTURES gemacht. Eben diese Niederländer, die sich weitestgehend außerhalb der Gesetze der Musik bewegten, zerlegten nämlich jede Harmonie in abstrakte geometrische Gebilde und stifteten zunächst Verwirrung anstatt Partystimmung. Die wilden, technisch anspruchsvollen und schwer nachvollziehbaren Stücke wurden aber gewürdigt und die Band erntete reichlich Applaus für ihre ausgefallenen Arrangements. Ein Keyboard im Hintergrund erzeugte vereinzelt stimmungsvolle Atmosphäre, die aber nach wenigen Sekunden auf brutalste Weise zerfetzt wurde. Irgendwo zwischen den experimentellen Klängen kamen zwar zumindest im Gesang Erinnerungen an verschiedenste Bands hoch, doch insgesamt war ich nach der halben Stunde Chaos von dem Erfindergeist beeindruckt.

Auf MAROON freute ich mich, obwohl ich etwas angeschlagen und träge durch die Gänge streifte, während die Band umbaute. Ein kurzer, unheimlicher Auftakt vom Band schuf eine hoffnungslose Atmosphäre von nacktem Stahl. "24 Hour Hate" und "And If I Lose Welcome Annihilation" ließen das überwiegend langhaarige Publikum auch gleich in Feierlaune versinken. Weder an der Akustik, noch an der mit Elan getränkten Show gab es etwas auszusetzen, und so bahnten sich die Ostdeutschen ihren Weg durch eine Wand von Vorurteilen, der ihrem Mischgenre anhaftet. Wie nicht anders zu erwarten, lag zwar der Fokus auf der aktuellen Veröffentlichung, so auch mit den Stücken "Wake Up In Hell" und "Annular Eclipse", aber auch die Vorgänger wurden unter anderem mit "Without A Face" gewürdigt. Die ersten Hüllen fielen und der Schweiß ran durch die Gesichter. Aalglatt und erfrischend ging der druckvolle Cocktail herunter und viele, die die Band im Vorfeld auf Grund eines berüchtigten TV-Beitrages belächelt hatten oder gar nicht erst kannten, revidierten wohl ihr Urteil nach dem dreißigminütigem Inferno.

Nicht selten wird die Sängerin einer Band auf ihr Äußeres reduziert, besonders dann, wenn sie einer ansonsten durchgehend männlich dominierten Gruppe ihre Stimme leiht und dazu noch vor einem nahezu durchgehend männlich dominiertem Publikum einer überwiegend männlich dominierten Szene auftritt. Und doch genießt ARCH ENEMY nicht wegen dieser Exotenrolle massig Respekt, sondern vor allem, weil sich so mancher Schreihals ein paar Scheiben von der schönen Blondine abschneiden könnte. Ihre musikalischen Kompetenzen stellte sie dann nach einer epischen Einleitung gleich bei "Nemesis" unter Beweis, und das leidige Thema Sexismus wurde in Ansagen vom Tisch gekehrt.
Zwar möchte man leicht meinen, dass der Rest der Band eher den musikalischen Bodensatz zu repräsentieren vermag, doch mit dieser Annahme würde man den Musikern Unrecht tun. Peitschende Trommelschläge und tödliche Salven von schwingenden Stahlsaiten formten ein abwechselungsreiches Fundament. In ausgedehnten Schlagzeug- und Gitarrensoli stellten sie ihre ebenfalls überragenden Fertigkeiten unter Beweis, und die Besucher waren ihnen und ihren gewaltigen Klanglandschaften hörig. Die Kölnerin am Mikrophon ließ ihre Mähne kreisen und sowohl die schwedischen Kollegen auf der Bühne, als auch die Gäste folgten ihrem Beispiel. Zudem erleichterte ein von der Band durchgesetztes und von den Meisten eingehaltenes Rauchverbot in dem Raum das Atmen, was nette Rahmenbedingungen und eine gelungene Atmosphäre ermöglichte. In der Zugabe erreichte der Auftritt nach dem ersten bereits erwähnten Höhepunkt mit "We Will Rise" einen weiteren. Zufrieden und ohne Beanstandungen, außer meiner eigenen Erschöpfung der vorangegangen Tage, verließen sie die Bühne nach guten neunzig Minuten.

Fazit: Ein wirklich schöner Abend, doch leider war ich, wie bereits einige Male angeschnitten, nicht im Zenit meiner Kräfte und wurde nach dem Konzert auch bald ein wenig krank, sodass ich es nicht immer in vollen Zügen genießen konnte. Wenn sich die Gelegenheit bietet, werde ich wohl aber wieder dabei sein.