Antlered Man – Giftes Parts 1 and 2 Tipp

The-Antlered-Man

Stil (Spielzeit): Rock (unter Einsatz aller Mittel) (49:03)
Label/Vertrieb (VÖ): Nois-O-Lution (Indigo) (24.02.12)
Bewertung: 8 /10

Antlered Man

ANTLERED MAN sind die neue Hoffnung aus London und werden schon im Vorfeld mit niemand Geringerem als den mächtigen, wegweisenden SYSTEM OF A DOWN verglichen. Ich versuche größtenteils auf Namedropping zu verzichten und kann schon vorab sagen, das haben ANTLERED MAN gar nicht nötig. 

Was sie mit der Band gemeinsam haben, ist die Tatsache, dass sich im Gefüge von ANTLERED MAN ebenfalls vier Mannen tummeln und die Tatsache, dass ANTLERED MAN von geordneten Songstrukturen nichts zu halten scheinen. Die Band ist sperrig, und wer es gerne glatt und gefällig hat, der soll am besten die Finger vom Material der Band lassen. Dabei muss man gleich berichtigen, dass es auch Bands gibt, bei denen man sich krampfhaft einhören muss, das ist natürlich nicht gemeint.

ANTLERED MAN haben vom ersten Ton an dieses gewisse Etwas. Man merkt gleich, dass hier Visionäre am Werk sind, die sicherlich die Fähigkeit haben, das Business mal ordentlich von unten aufzuwirbeln. Anspieltipps kann man bei „Giftes Parts 1 and 2" getrost vergessen, denn jeder Song hat etwas Besonderes und seinen eigenen Charme. Der vorab mit Videoclip versehene Song „Platoono Of Uno" ist schon nach zwei, drei Durchgängen als eingängig zu bezeichnen, wenn man den Rest der Scheibe als Vergleich heranzieht. Man weiß nie, was bei ANTLERED MAN um die Ecke kommt, welche Richtung der Song nimmt, und ich konnte auch nach mehrmaligem Hören noch keine Art von Konzept erkennen. Wenn man nämlich erst mal erkannt hat, nach welchem Prinzip eine Band vorgeht, kann es ganz schnell langweilig werden.

ANTLERED MAN haben entweder kein Konzept oder ich habe es (noch) nicht verstanden. Aber je weniger ich verstehe, was mich da eigentlich so beeindruckt, umso mehr liebe ich diesen Sound. Fremdartig und wirr, mit Einsatz aller Mittel, aller Stimm- und Tonlagen, die man sich nur vorstellen kann.

„Better The Calamity You Know" ist ein düsteres Stück mit spacigen Einlagen, bei dem sich der stampfende Schlagzeugtakt von Oliver Parker abwechselt mit einer hohen Indie- Gitarrenmelodie. Der Song endet in einer schon fast mantraartigen Wiederholung der Hook. Hört sich komisch an, ist aber wahnsinnig mitreißend. Ebenso beim folgenden „Surrounded By The White Man", böse und angepisst wiederholt Sänger Damo Ezekiel Holmes ständig die Drohung vor den weißen Männern, diesmal untermalt vom bedrohlich rumpelnden Bass von Sam Ray.

Es macht richtig Spaß, mit der Band auf Entdeckungsreise zu gehen, und wer dann mal vom normalen Sound auf Kopfhörer umsteigt, wird mit noch mehr Sinneseindrücken und Soundgimmicks belohnt. Bei den eher langsamen Songs wie „Buddhist Soup" und „Schizo Tennis" ist der Instrumenten- und Geräuscheeinsatz besonders vielfältig und die psychedelische Stimmung trägt einen tatsächlich in andere Sphären. Ich will überhaupt nicht zuviel vorwegnehmen und niemanden um die eigene Erfahrung mit ANTLERED MAN bringen. Spätestens als die Band bei „Schizo Tennis" die orientalisch anmutenden Streicherklänge auspackt und in diesem Moment nicht nur erfolgreich einen Angriff auf mein Hirn sondern auch auf mein Herz startet, war es um mich geschehen und sicher geht es vielen anderen ähnlich.

ANTLERED MAN servieren uns mit „Giftes Parts 1 and 2" ein buntes Potpourri aus frischen Idee und beeindruckend vielfältiger Spielweise, mit Einflüssen aus den unterschiedlichsten (rockigen) Genres. Mir macht es sehr viel Spaß, mit ANTLERED MAN den Blick durch das Kaleidoskop zu wagen und sicher werden viele Musikfans, die mit anspruchsvoller, schöner Rockmusik etwas anfangen können, ebenso begeistert sein.

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