Geschrieben von Sonntag, 15 Oktober 2006 21:45

Mercenary - Interview mit Keyboarder Morten Sandager

morten



 

 
Die Dänen von MERCENARY haben sehr bewegte Monate hinter sich. Das Ausscheiden von Bassist Henrik "Kral" Andersen und die Veröffentlichung der neuen CD "The Hours That Remain" waren für BurnYourEars gute Gründe, ein paar Fragen über die Datenautobahn zu jagen. - Keyboarder Morten Sandager antwortete.

Hallo Morten, Glückwunsch zur neuen CD. Sehr gute Arbeit, wie ich finde.

Vielen Dank.

Wie fühlt es sich an, wenn Du an Euer neues Album denkst?

Sehr gut. Und aufgeregt, dass es endlich draußen ist. Für mich persönlich war es dieses Mal eine ganz andere Erfahrung, ich fühle mich mehr verantwortlich.
Wie würdest du Eure Entwicklung in den letzten Jahren beschreiben und was fällt Dir ein, wenn dich jemand bittet, „11 Dreams“ und „The Hours That Remain“ zu vergleichen?

Oh, das ruft nach einer etwas längeren Antwort. Hauptsächlich, weil so viel mit uns passiert ist und weil die beiden Platten in vielerlei Hinsicht unterschiedlich sind.
Zuallererst fingen wir an, diese Platte aufzunehmen ohne wirklich zu wissen, ob wir jetzt fünf oder sechs Leute in der Band waren, und wir wussten nicht, was passieren würde. Seitdem Martin (Lead Guitar) 2003 der Band beigetreten ist, haben wir Veränderungen nicht nur musikalischer Natur durchgemacht. Auch in der Band hatte sich was verändert. Irgendetwas war passiert, und das Sechs-Leute-Line Up lief richtig gut.
Dann entschied sich Kral, die Band zu verlassen, was für uns wirklich überraschend kam, uns aber auch auf eine eigenartige Art und Weise half, das Album so zu schreiben, wie es ist. Die Gefühle, mit denen wir zurückgelassen worden waren, und die Verantwortung, der Mikkel gegenüberstand, alle Vocals und Lyrics zu übernehmen, war eine völlig neue Situation, die auch definitiv in den Lyrics reflektiert wird.
Kral hatte in gewissem Sinne eine „Führungsrolle“ in manchen Situationen, auf seine Meinungen und Gesinnungen konnten wir neueren Mitglieder uns gut stützen, denn sie waren tief im Geist von MERCENARY verwurzelt. Ohne diese waren wir auf einmal alleine und mussten herausfinden, welchen Weg wir nun musikalisch gehen wollten.
Zum Glück haben wir Jakob in der Band, der schon in der Vergangenheit für viele „Mercenary trademarks“ verantwortlich war. - Die besondere Art, Riffs, Melodien und Arrangements aufzubauen. Das bringt mich jetzt zum nächsten Thema: „11 Dreams“ gegen „The Hours That Remain“ (THTR) - THTR ist roher und härter. Es ist ehrlicher und zu 110 % das, was wir in genau diesem Moment sind. Es spiegelt uns so gut wider, weil die Zeit, in der wir es geschrieben und aufgenommen haben, für unsere Verhältnisse sehr kurz war. "11 Dreams" hat viel mehr Lagen, und das Kreieren dauerte Äonen (fast 1 ½ Jahre). Dieses ist insofern gut, weil man selber alles so oft hört und wirklich dazu kommt, alle Ideen auszutesten. Das Endprodukt ist dann so „poliert“ und gut, dass es schon fast unheimlich ist. Der Nachteil war, dass wir Musiker uns in 1 1/2 Jahren stark weiterentwickeln, und irgendwann kamen wir in eine Phase, in der wir bereits aufgenommene Parts verändern wollten, um zu zeigen, wo wir zu dem Moment musikalisch standen. Als wir also anfingen, „11 Dreams“ live zu spielen, war es für uns wie eine alte Neuigkeit. THTR hat nebenbei auch viel verschiedenere Keyboardelemente als „11 Dreams“,

Für THTR habt ihr mit verschiedenen Persönlichkeiten zusammengearbeitet: SOILWORK’s Speed und Markus von HEAVEN SHALL BURN als Gastsänger, Jacob Hansen als Produzent und Bassist, und Travis Smith, der das Cover entworfen hat. Wie war es für Dich, mit ihnen zusammen zu arbeiten?

Hmmm, Jacob hat MERCENARY schon so lange betreut, für uns ist es jedesmal, wenn wir zu ihm fahren, als würden wir nach Hause kommen. Er kennt uns gut und das macht viele Dinge einfacher. Er hat großartige, konstruktive Eingebungen zur Musik und natürlich, er macht den Sound, den wir wollen. Seine Musikalität zeigt sich wirklich auf dem gesamten Album. Gleichermaßen in Bezug auf das Bassspiel und den gesamten Sound.
Wir haben mit Travis Smith bei „Everblack“ zusammen gearbeitet, und er weiß auch gewissermaßen, was wir mögen. So kann er schnell auf unsere Ideen eingehen und sie so visualisieren, dass sie gut zu unserer Musik passen.
Björn und Markus sind zwei Sänger, bei denen wir sehr stolz sind, sie auf unserem Album zu haben. Sie begleiten Mikkel so gut, es ist erstaunlich. Und weil Kral nicht da war und René nicht früh genug in der Band war, um auf diesem Album dabei zu sein, war es definitiv schön, zu einem gewissen Grad doch ein „Zwei-Stimmen-Element“ zu bekommen. Die Songs, bei denen sie individuell singen, scheinen wirklich für sie gemacht. Aber ich denke, das passiert, wenn man so erfahrene Sänger bittet, bei den Aufnahmen mitzuwirken. 

Kral ist vor einigen Monaten bei MERCENARY ausgestiegen. War es sonderbar für Euch, ein Album ohne ihn aufzunehmen? Oder wie wird es sein, ohne ihn auf der Bühne zu stehen? Ist es auch ungewohnt oder sogar unangenehm?
Wie ich bereits gesagt habe, ist es sonderbar, Dinge ohne Kral zu tun, und das wird es auch wohl noch einige Zeit sein, denn er war wirklich schon für lange Zeit ein Teil der Band, bevor wir anderen beigetreten sind. Und natürlich wird man für gewisse Zeit gewisse Elemente vermissen. Das soll aber nicht heißen, dass es für mich jemals unangenehm wäre, mit René auf der Bühne zu stehen. Er ist so lebendig und natürlich. Er hat die Energie und einen Schrei, der dich einfach wegpustet. Zudem ist er sehr überzeugend in allem, was er tut. 

Gab es irgendwelche speziellen Gründe für Kral, bei MERCENARY auszusteigen?
Ich denke, für ihn gab es viele kleinere Gründe, die Band zu verlassen und nicht wirklich DEN einen großen. Zuallererst brauchte Kral eine kleine Pause, als wir von der Tour mit NEVERMORE letztes Jahr zurück nach Hause kamen. Wir anderen fingen sehr schnell wieder mit den Proben an und begannen, neue Songs zu schreiben. Ich denke, das hat ihn ein Stück weit von uns entfernt, nicht ein Teil dessen zu sein, wo er so lange dabei war. So hatte er wahrscheinlich Schwierigkeiten, sich selbst mit der Musik zu identifizieren.
Auch ist es immer schwer von daheim, der Familie und den Kindern weg zu sein. Es kann dir wirklich eine großartige Tour vermiesen, wenn du Dinge vermisst und lieber woanders wärest. Wahrscheinlich wollte er uns ermöglichen, das Beste daraus zu machen und nicht versuchen, wieder ins Rennen einzugreifen.
War es schwer für euch, einen neuen Bassisten zu finden? Und wie war es für Mikkel, er musste alle Gesangsparts übernehmen?
Wir haben sehr viele Antworten während der Suche nach einem Bassisten bekommen, aber das Problem war halt, dass diese Antworten meistens aus dem Ausland kamen. Es hätte wirklich schwer werden können, einen Gig in Heimatnähe zu spielen und dann jemanden aus Frankreich, Brasilien oder was weiß ich woher einzufliegen. Auch war die Idee, jemanden aus der Nähe zu haben, attraktiv. René hat mit seiner Band vor zwei Jahren einige Aufnahmen in meinem Studio gemacht, und so kannte ich ihn ein wenig. Er war eine der vielen dänischen Möglichkeiten (die sich nicht für den Job beworben hatten), die wir diskutierten.
Für Mikkel hieß es, dass er ganz plötzlich alleine mit einer riesigen Verantwortung da stand. Normalerweise ist er kein Growler oder Shouter, und so konnten wir den Anteil dieser Vocals nicht halten, wie wir es in der Vergangenheit getan hatten. Er synchronisierte immer alle Songs mit seinen Shouts, welches das „Kral-Feeling“ erhält, aber ich bin schon sehr gespannt, beide, Mikkel und René, auf den folgenden Alben zu hören.
Das bin ich auch. Gibt es eigenlich eine Hauptidee hinter „The Hours That Remain“? Kannst du mir etwas über die Texte erzählen?

Die Texte wurden in Zeiten von Zweifel, Sorgen, Einsamkeit und Unsicherheit in der Band und auch in der Welt geschrieben. Man kann seine Taten nicht rückgängig machen. Ich habe versucht, dieses auf der CD mit zahlreichen Samples einzubinden. Zum Beispiel mag ich das Intro.
Das alles übergreifende Thema dieser CD könnte sein, dass alle Menschen auf dieser Welt gleich sind, aber nicht gleich behandelt werden. Was umgeht, kommt herum, und alles ist eigentlich nur ein großes Rad, das sich dreht. Wir alle hassen den Krieg. Immer noch ist niemand in der Lage, etwas dagegen zu tun, außer noch mehr Krieg, was irgendwie ironisch ist. Das ist zumindest meine Meinung.
Das Konzept könnte aber auch sein, dass Ihr alle das Beste aus Eurer Zeit hier machen sollt und andere so behandeln solltet, wie Ihr möchtet, dass sie euch behandeln.
Das Schöne an dieser Sache ist, dass die tiefere Bedeutung dieser Texte tief in Mikkel liegt und dann wiederrum in den tausenden Individuen, die sie lesen und sich ihre eigene Meinung dazu bilden. Gerade so, wie es derzeit in ihre eigene Welt passt. Redifiniert Euch selbst. Eure Welt geht zu Ende.
Was sind die nächsten Pläne von MERCENARY? Plant ihr, durch die Europäischen Clubs zu ziehen, vielleicht auch in Deutschland?
Wir sind für wenigstens für eine kleine Tour mit THE HAUNTED bestätigt. (Am 5. 11 spielen MERCENARY und THE HAUNTED in Köln im Underground – Anm.d.Red.)
Unser Management, Continental Concerts, plant für uns eine Clubtour im nächsten Frühling. Ich glaube, hauptsächlich in Deutschland und den Niederlanden. Das wird dann unsere erste Headlindertour außerhalb von Dänemark sein, also sind wir schon sehr gespannt, ob die Leute kommen werden, um uns zu unterstützen.
Wie habt ihr die Touren in der Vergangenheit erlebt? Gibt es ein Land, das Ihr besonders mögt oder irgendeine Stadt, in der die Fans besonders verrückt waren?
Oh, das ist so unterschiedlich. Meistens wurden wir sehr freundlich von den Leuten empfangen. Auf jeden Fall haben wir öfter in Deutschland oder in den Niederlanden gespielt als zum Beispiel im Vereinigten Königreich. Aber das ist unser eigenes Problem, denn dort haben wir bis jetzt nur fünf oder sechs Mal gespielt. Wir müssen so oft es geht rausgehen und für die Leute spielen. Deswegen machen wir in erster Linie Musik.
Und wie ist es für euch, wenn ihr Konzerte in Dänemark spielt? Wie reagieren die dänischen Metalheads auf eure Musik, und gibt es Unterschiede zu deutschen Fans?
Hmmm. In Dänemark waren auch alle immer sehr nett zu uns, und die Dänen sind eine wirklich coole Meute. Wir haben mittlerweile so oft in Dänemark gespielt, ich weiß gerade nicht wie oft. Es ist alles so, wie man es selber sieht. Ich denke, dass die Deutschen sehr weltoffen sind – oder es ist jedenfalls unsere Erfahrung.
Vielen Dank für das Interview, wir wünschen euch alles Gute für die Zukunft. Irgendwelche „letzten“ Worte?
Ein ganz großes DANKE! an alle, die unsere Platten kaufen und bei unseren Konzerten auflaufen. Ohne Euch wären wir doch bloß eine kleine Hobbycombo.