Helloween - Giants & Monsters Tipp

Helloween - Giants & Monsters
    Heavy Metal

    Label: Reigning Phoenix
    VÖ: 29.08.2025
    Bewertung:9/10

    HELLOWEEN im Web


Das deutsche Metal-Urgestein HELLOWEEN ist wohl das Paradebeispiel dafür, wie man aktuelle und alte Bandmitglieder als erweiteres Line-up unter einen Hut bekommt und sich gegenseitig kreativ befruchtet. Nach dem 2021 erschienenen Reunion-Album "Helloween" und zahlreichen Konzerten bringt die siebenköpfige Truppe mit "Giants & Monsters" einen weiteren Longplayer heraus, der unter Beweis stellt, wie prächtig die einzelnen Charaktere miteinander harmonieren.

Veredelt von einem wunderschön gezeichneten Coverartwork singen sich (hauptsächlich) Michael Kiske und Andi Deris durch zehn neue Tracks, während das Gitarren-Trio Kai Hansen, Sascha Gersnter und Michael Weikath für satte Riffs, wunderschöne Harmonien und abgefahrene Soli sorgt. Nach vorne getrieben wird das alles von Bassist Markus Grosskopf und Drummer Dani Löble, die für ein fettes Rhythmus-Fundament sorgen. Wie nicht anders zu erwarten ist "Giants & Monsters" HELLOWEEN in Reinkultur - gepaart mit so viel Spielwitz und Leidenschaft, dass man es kaum fassen kann, denn immerhin sind die Jungs auch schon 40 Jahre mit dabei.

"Giants & Monsters" punktet mit Abwechslungsreichtum pur

Musikalisch ist "Giants On The Run" als Opener eine mutige Wahl. Der Quasi-Titeltrack ist trotz flottem Beginn mit Andi Deris' typisch einschmeichelnden Vocals, die den Hörer sofort in ihren Bann ziehen, treibendem Bass und episch angehauchtem Refrain recht sperrig. In den sechseinhalb Minuten Spielzeit wird mächtig Abwechslung aufgefahren - samt mystischer Akustikpassage, Kai Hansen als singendem Erzähler, rhythmischen Spielereien und an QUEEN erinnerndem Bombast. Braucht ein paar Durchläufe, zündet dann umso mehr.

Mit "Savior Of The World" segeln HELLOWEEN hingegen in sicherem Fahrwasser. Von Michael Kiskes Vocals über Doublebass-Drums und klassischen Gitarrenduellen bis hin zum hochmelodischen Chorus samt ausladender Bridge stellt der Track ein Festmahl für alle "Keeper"-Gourmets dar. Das von Andi Deris gesungene "A Little Is A Little Too Much" dürfte mit seiner hochgradig poppigen Ausrichtung für Kontroversen sorgen - und passt doch hundertprozentig zu HELLOWEEN. Innerhalb von dreieinhalb Minuten zaubert das Septett dem Hörer so simpel wie effektiv ein fettes Grinsen ins Gesicht.

Mit dramatischen, düster angehauchten Strophen stellt das rasante "We Can Be Gods" gewissermaßen den Gegenpart dar, bevor im Refrain die Sonne aufgeht. Besonders spannend ist der Pre-Chorus, den sich Kai Hansen und Andi Deris teilen. Die epischen Gitarrenduelle treiben einem die Freudentränen in die Augen, während Kiskes Gesang und die luftigen Klavier-Sprenkler ganz leicht an "Eagle Fly Free" erinnern.

"Into The Sun" kreuzt irgendwo im Fahrwasser von "Light The Universe" und "Forever And One (Neverland)". Die dezent orchestrierte, mit Piano-Farbtupfern versehene Halbballade kommt zügig auf den Punkt und zeigt Kiske und Deris in Höchstform. Sie ist der traumhaft schöne Beweis dafür, wie großartig die beiden Sänger trotz unterschiedlicher Stile und Persönlichkeiten miteinander harmonieren. Absoluter Gänshehautgarant!

"This Is Tokyo" versteht sich stellvertretend als Dankesbekundung an ein ganzes Land, in dem sich HELLOWEEN schon immer großer Beliebtheit erfreuten. Nicht nur auf den Bühnen Japans, sondern bei Gigs auf der ganzen Welt dürfte die knackige Deris-Hymne inbrünstig mitgesungen werden. Von der Machart ähnlich wie "Are You Metal?" gefällt mir "This Is Tokyo" ungleich besser und wirkt weniger aufgesetzt.

Schon die einnehmenden Gitarren und der vorweggenommene, majestätische Chorus lassen Großes für "Universe (Gravity For Hearts)" erahnen. Und so präsentiert sich der von Michael Kiske gesungene Achtminüter mit peitschendem Doublebass-Geballer und hektischen riffenden Gitarren als typische HELLOWEEN-High-Speed-Nummer mit Achtziger-Flair, bevor nach dreieinhalb Minuten ein Break für eine kurze Atempause sorgt, um dann wieder volle Fahrt aufzunehmen und in einen ausladenden Instrumentalteil mit wunderbaren Gitarren-Harmonien überzugehen. Nach dem mehrmals wiederholten Chorus beenden erneut astral-geheimnisvolle Gitarren und langsamer werdende Herzschläge den Longtrack.

Keine vier Minuten braucht das straighte "Hand Of God", um über die Ziellinie zu laufen. Ein typischer Deris-Ohrwurm mit stoischem Groove - simpel, effektiv und höchst eingängig. Noch kürzer ist "Under The Moonlight", mit dem HELLOWEEN mal eben eine Kreuzung aus "Dr. Stein" und "Rise And Fall" ins Jahr 2025 transformieren. Beschwingt im Midtempo gehalten und mit einem Chorus versehen, der schon nach einmaligem Hören im Ohr bleibt, atmet die perfekt auf Michael Kiske zugeschnittene Nummer hörbar den Geist der bekannten HELLOWEEN-Tracks.

In "Majestic" geht's ein weiteres Mal groß und episch zu. Gekonnt bauen HELLOWEEN Spannung auf und überraschen mit orientalisch angehauchten Gitarren-Leads im ausladenden Instrumentalteil, in dem sich alle drei Sechssaiter austoben dürfen. Auch Kai Hansen tritt nochmals als Sänger (oder Erzähler) in Erscheinung - das passiert auf "Giants & Monsters" wie auf "Helloween" für meinen Geschmack zu selten. Mit gleich drei Vokalisten haben HELLOWEEN allerdings auch ein echtes Luxusproblem. Schade nur, dass die gitarrenlastige Nummer etwas zu fix ausfadet.

HELLOWEEN sind zu siebt einfach besser

Dass einem manche Passagen ein wenig bekannt vorkommen (ich hatte mehrmals das wundervolle "Skyfall" im Ohr) und HELLOWEEN das melodische Power-Metal-Rad nicht neu erfinden, versteht sich von selbst. Doch ich wiederhole es gerne, weil es so wichtig und großartig ist: die Spielfreude, Kreativität und Begeisterung, mit der die sieben Bandmitglieder nach wie vor oder wieder dabei sind, ist spürbar und hörbar - und das auf einem Studioalbum! Einzig den leicht verwaschen wirkenden Sound könnte man als Haar in der Suppe finden. Die Drums hätten noch einen kleinen Extra-Punch vertragen können. Aber das ist nun wirklich Meckern auf allerhöchstem Niveau.

"Giants & Monsters" gefällt mir noch einen Tick besser als der starke Vorgänger und läuft bei mir auf Dauerrotation. Hoffentlich finden auch einige der neuen Tracks ihren Weg in die Setlist der kommenden Tour!

"Giants & Monsters" Trackliste:

01. Giants On The Run
02. Savior Of The World
03. A Little Is A Little Too Much
04. We Can Be Gods
05. Into The Sun
06. This Is Tokyo
07. Universe (Gravity For Hearts)
08. Hand Of God
09. Under The Moonlight
10. Majestic

HELLOWEEN Line-up:

Michael Kiske - Vocals
Andi Deris - Vocals
Kai Hansen - Guitars, Vocals
Michael Weikath - Guitars
Sascha Gerstner - Guitars
Markus Grosskopf - Bass
Dani Löble - Drums

Chrischi

Musik ist immer da. Sie ist ein Geschenk und wird nie vergehen. Sie ist Seelentröster, Stimmungsmacher, Runterbringer, Frustbewältigung, Freiheit und Gefühl. Und weil sie oft genug so unfassbar geil ist, sollten wir drüber reden. 

Stile: Metal und (Hard) Rock in allen möglichen Facetten – von knüppelhart über symphonisch bis vertrackt und balladesk.

Bands: Metallica, Iron Maiden, Bruce Dickinson, Blind Guardian, Avantasia, Helloween, Nightwish, Ayreon, Dream Theater, Lorna Shore, Wintersun, Opeth, Foo Fighters, Pearl Jam, Linkin Park, Motörhead, AC/DC, Rammstein, Armored Saint, Night Demon, Hans Zimmer und so verflucht viele mehr ...

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