Geschrieben von Donnerstag, 11 September 2008 11:40

Trivium – Interview mit Sänger/Gitarrist Matt Heafy zum neuen Album 'Shogun'


trivium

Bereits mehr als zwei Monate vor Veröffentlichung des neuen TRIVIUM-Albums „Shogun“ (VÖ: 26.09.08) lud das Label Roadrunner nach Köln, um Interviewtermine mit Sänger und Gitarrist Matt Heafy und Gitarrist Corey Beaulieu wahrzunehmen. Im Vorfeld gab es die neuen Songs bereits als Rough Mixes zu hören.
Ich sprach mit einem für seine gerade mal 22 Jahre äußerst professionell auftretenden und sehr sympathischen Matt Heafy, der sich zu Hause in den USA beim Gewichte stemmen den Rücken verknackst hat:  Über das neue Album, die bevorstehende Tour mit SLAYER, die Band allgemein, Merchandise-Preise und einige andere Dinge.


Matt, du bist hier in Köln, um das neue Album zu promoten. Was magst du an Köln und generell an Deutschland?


Einfach alles. Bis heute hatten wir zum Beispiel nie die Möglichkeit, einheimisches Essen in Köln zu futtern, weil immer irgendjemand das Catering gemacht hat oder wir ein Konzert gespielt haben. Du kannst eine Menge aus kulturellem Essen lernen!
Ich habe es immer genossen, Shows in Deutschland zu spielen, und die Gigs in Köln waren immer klasse! Wir hatten hier immer eine gute Zeit.

Das neue Album „Shogun“ wird Ende September erscheinen. Seid ihr schon gespannt, wie die Fans reagieren werden?

Ja klar! Die Leute, die schon etwas hören konnten, mochten das Material sehr. Wir denken, dass es unser bestes Album ist und mögen einfach alles daran. Ich hoffe, unseren Fans wird es genauso gehen.

Bevor ihr „Shogun“ veröffentlicht, wird es aber bereits ein neues Lebenszeichen in Form eines IRON MAIDEN-Covers für das britische Kerrang!-Magazin geben (siehe auch das Review zu V.A. – Maiden Heaven: A Tribute To Iron Maiden). Warum habt ihr euch für „Iron Maiden“ entschieden?

Es war so verdammt hart, einen MAIDEN-Song auszuwählen, weil wir wussten, dass, egal welchen Song wir nehmen, das Resultat nie wie das Original sein wird. Ich meine, das sind fuckin’ MAIDEN! Es gibt so viele geile, klassische Nummern, aber wir alle lieben den Song „Iron Maiden“. Er hat tolle Arrangements, wir konnten ihn auch auf unsere Weise spielen und er trägt den Bandnamen im Titel. Deshalb zeigt diese Nummer, wie sehr wir die Band lieben.

Kannst du kurz die Entwicklung TRIVIUMs von „Ember To Inferno“ über „Ascendancy“ und „The Crusade“ bis hin zu „Shogun“ umreißen?

„From Ember To Inferno“ war eben unser erstes Album... Auf „Ascendancy“ haben wir eine Menge Neues ausprobiert, es war ein großer Fortschritt gegenüber „From Ember...“. Es war schon noch auf der selben Linie, aber auch anders. „The Crusade“ sollte im TRIVIUM-Kontext das genaue Gegenteil zu „Ascendancy“ bilden, wir haben immer noch neue Sachen ausprobiert, sind aber etwas zurück zu den Wurzeln gegangen. „Shogun“ ist eine Art Zusammenfassung all dessen, was wir bisher gemacht haben und ein neuer Schritt für TRIVIUM.

Für mich klingt es wie eine Mischung aus „Ascendancy“ und „The Crusade“ mit einigen neuen Elementen wie mehr Epik.

(nickt zustimmend) Ja, damit hast du es ziemlich gut auf den Punkt gebracht.

Ich finde, „The Crusade“ hatte ziemlich viel von diesen Thrash-Vibes und erinnerte an alte Thrash-Bands, während „Shogun“ mich ein wenig an IRON MAIDEN erinnert und  einige Passagen sogar zu DREAM THEATER passen könnten, weil manche Gitarrenintros nach dieser Band klingen. Haben diese Bands euch beeinflusst?

Weißt du, wir versuchen nie, einen Song nach dem Schema „Dieser Track soll sich nach X anhören“ zu machen. Das hat eher was mit unterbewussten Einflüssen zu tun, glaube ich. Wir lieben DREAM THEATER und IRON MAIDEN. Es finden sich viele Einflüsse auf dem neuen Album, sogar ein paar extreme Metal-Sachen, die größtenteils von Paolo (Gregoletto; Bass) und Corey (Beaulieu, Gitarre) stammen. Aber auch ich mag Death Metal und war sogar in einer Death/Black Metal-Band, bevor ich mit TRIVIUM angefangen habe. Manche Riffs, die sich steigern oder dunkel klingen, haben diesen Death Metal-Touch.

„Shogun“ hat eine düsterere und melancholischere Atmosphäre als die vorherigen Scheiben.

Yeah, das kommt wahrscheinlich von den Melodien. Das Album besitzt eine dunkle Atmosphäre, auch die Texte sind düster. Ich finde, um episch klingen zu können, muss man auch düster klingen. „Happy epic“ gibt es nicht. (lacht)

Worum drehen sich die Texte? Auf „The Crusade“ gab es unter anderem Lyrics über Morde und Tragödien.

Auf jedem Album, das wir bis jetzt aufgenommen haben, gab es eine ziemlich klare Vorstellung davon, worum sich die Songs drehen. Wenn jemand fragte: „Hey, worum geht es in diesem Track?“, haben wir das auch beantwortet. Bei diesem Album wollen wir die Interpretation den Hörern überlassen. Es gibt viele Dinge zu entdecken; ein wenig griechische Mythologie hier, ein bisschen Historisches da... Es sind auch Antworten auf die heutige Zeit dabei. Bei manchen Songs, deren Texte sich einfach wie von selbst geschrieben haben, wusste ich deren Bedeutung auch erst im Nachhinein.

Ich finde, dass die Band gewachsen und der Sound auf „Shogun“ sehr variabel gestaltet ist. Auch die Gitarren sind ungemein vielfältig, und dein Gesang hat sich sehr verbessert. Hattet ihr das Ziel, ein solch abwechslungsreiches und vielschichtiges Werk aufzunehmen?

Zuerst einmal vielen Dank! Als wir mit „Shogun“ anfingen, kümmerten wir uns nicht darum, wie es klingen könnte. Ob soft, ob heavy, ob ganz anders oder so, wie wir es schon immer gemacht haben – es spielte keine Rolle, so lange es sich in einem natürlichen Prozess entwickelte. Ich glaube, auch schon bei Konzerten wurden die eingängigeren Sachen noch melodischer und die harten Passagen noch härter. Vor allem unser Produzent Nick Raskulinecz half uns, die beste Performance raushauen zu können, zu der wir imstande waren. Sein Lieblingssatz war: „Großartig! Macht das noch mal.“ Es gab Zeiten, in denen ich eine einzige Stelle im Chorus verdammte 30 Mal hintereinander gesungen habe! Wir haben immer und immer wieder die gleichen Sachen gemacht. Bei vielen Metalalben werden die Instrumentalparts eingespielt und dann per Copy & Paste zusammengeschustert. Nick hat uns alles selbst spielen lassen, es war ein langwieriger Prozess. Wir haben uns immer gegenseitig angestachelt.

Also habt ihr die Basictracks vorwiegend live aufgenommen?

Ja, sehr viel davon. Wir haben die Songs größtenteils zusammen gespielt.

Was mich überrascht, ist die große Rolle, welche die Screams wieder einnehmen. In verschiedenen Interviews hast du gesagt, dass...

... dass wir das nicht mehr machen?

...dass du diese nicht mehr unbedingt so magst. Ich habe 2006 die Show in Köln gesehen, und bei den Gigs dieser Tour hast du bei den „Ascendancy“-Songs die Screams durch cleane Gesangparts ersetzt.

Yeah, was wir gemacht haben, war Folgendes: Ich habe gesungen und Gesangparts geändert, und Corey war für die Screams zuständig.
Als wir die Musik für „Shogun“ komponiert haben, haben wir gemerkt, dass die Musik sehr heavy ist. Ich habe versucht, darüber zu singen, aber das hörte sich nicht richtig an, es klang schwach. Also haben wir es mit Screams versucht und gemerkt: Fuck, das passt einfach! Auf „The Crusade“ waren wir fertig mit Screams, wir hatten das so lange gemacht, dass wir nicht mehr so richtig Lust darauf hatten. Vor „The Ascendancy“ war das Geschrei noch nicht ausgereift, mal ein bisschen höher, mal tiefer, das war’s. Dann hat sich meine Stimme weiter entwickelt. Wir mochten die Livesituation (mit Corey und Paolo als zusätzliche bzw. Backgroundsänger), und als wir mit diesem Album begonnen haben, war das immer noch so. Eine Sache, die mir als Bandmitglied sehr gefällt, ist aber, dass man Sachen ändern kann. Also habe ich bei einer Show auch wieder sowohl die cleanen als auch die Scream-Parts und Corey die Backing Vocals übernommen. Die Screams haben mir bei den Aufnahmen außerdem geholfen, besser mit meiner Stimme umgehen zu können. Auf dem neuen Album sind also viele Scream-Parts, aber auch genau so viele Gesangparts.

Also ich mag beide Stile.

Das ist sehr gut, dann ist für jeden etwas dabei!

Denkst du, dass euch manche Leute nun wieder in die Metalcore-Ecke stecken werden?

Oh, ich hoffe nicht, dass das passiert! (lacht) Wenn das irgendjemand wirklich tut, ist er meiner Meinung nach taub, weil harte Musik und Screams extremen Metal ergeben. Metalcore ist eine Kombination aus Hardcore und Metal. Und wir vier haben niemals Hardcore gespielt – außer vielleicht mal für einen Monat in der Highschool.

Heutzutage denken aber viele so: Harte Passagen, ein paar Melodien und Screams – das ist Metalcore.

Ich glaube, Metalcore ist gestorben. In den Staaten ist es vorbei, und all die Bands, die Metalcore gezockt haben, spielen nun Deathcore.
Ich verstehe es nicht wirklich... (seufzt) Ich meine, im Metalcore hat man Breakdowns und so was, und das haben wir nicht. Bei uns ist es einfach Metal. Da wir diejenigen sind, die diese Musik spielen, denke ich, dass wir besser wissen was wir spielen als andere.

Kommen wir zu den Tracks von „Shogun“. Der Titelsong ist der längste und epischste Song, den ihr je aufgenommen habt. Wie schwer war es, dieses Lied zu schreiben?

Das war tatsächlich einer der leichtesten Songs! Das kam alles ziemlich schnell, „Shogun“ ist der erste ältere Song auf diesem Album. Es hat nur lange gedauert, bis wir ihn aufgenommen hatten. Die Drums waren ok, die Vocals auch, aber womit wir uns so lange aufgehalten haben, war dieser akustische Mittelteil. Es dauerte zwei volle Tage, diesen Part aufzunehmen. Der Song enthält so viele Details... Da gibt es so viel zu entdecken, z.B. Synthies oder die klassische Sektion. Einer der Beschäftigten im Studio war ein Klavierspieler, den wir auch gleich eingespannt haben. Wir haben einige coole Sachen gemacht.

Denkst du, es wird schwer, den Song live zu spielen?

(pfeift) Weißt du, wir werden natürlich nicht die 65 Millionen Gitarrenspuren reproduzieren können, aber wir werden definitiv nahe daran herankommen, weil Corey viele der Gesangsmelodien übernehmen soll. Paolo singt auch wie ein Motherfucker, und ich versuche mich am Hauptteil des Gesangs... Es wird dem Studiosound ziemlich nahe kommen. Ich möchte aber keine Samples benutzen, das habe ich nie gemacht und ich finde die einfach scheiße – abgesehen von einem Geigenpart oder so etwas in der Art. Was ich bei uns cool finde, ist, dass du uns live siehst und – gerade bei den „The Crusade“-Songs – die Nummern wachsen und besser und kraftvoller klingen, weil wir live verschiedene Dinge ausprobieren. Ich persönlich möchte keine Band auf der Bühne sehen, die genauso klingt wie auf einem Album. Ich möchte zwar, dass es sich gut genug anhört, aber ich will auch andere Sachen hören. Wenn ich die CD hören will, kann ich das schließlich zu Hause tun.

Ein weiteres Highlight ist „He Who Spawned The Furies“.

Ja, das ist wie ein ziemlich seltsamer Jam, weil er so viele verschiedene Dinge enthält. Ist dir der extrem dunkle Gesang während der Verse aufgefallen? Das war ich, ich habe versucht, so tief zu gehen wie ich kann, fast wie Till von RAMMSTEIN (zeigt auf mein RAMMSTEIN-Shirt). Dieser Song hat ziemlich viel Spaß gemacht, wir lieben den Aufbau dieser Nummer. Der Mittelpart ist einer der härtesten Momente auf dem gesamten Album.

Was mir sehr gut gefällt, ist der Gitarrensound. Die Gitarren spielen nicht nur einfach die Gesangsmelodien nach, sondern haben ganz eigene Melodien und Riffs, die den Gesang nicht einfach unterstützen. Ich kann mir vorstellen, dass die Umsetzung auf der Bühne schwierig sein wird.

Das macht Corey für mich (lacht). Yeah, dass wir von den Gitarren unabhängigen Gesang oder unabhängige Gitarren haben, finde ich gut. Die Melodien prallen aber nicht aufeinander! Das ist wieder was ganz anderes als auf „The Crusade“, da wollten wir solche Melodien in den Refrains nicht haben, weil wir das schon auf dem Vorgänger ausprobiert hatten.

Der Sound ist ziemlich kraftvoll. Vor allem dass der Bass gut herauszuhören ist, finde ich klasse!

Ja, es war auch unser Ziel, die Instrumente und den Gesang gleichberechtigt nebeneinander zu stellen.
Was speziell den Bass betrifft: „Ascendancy“ hatte einen ziemlich brutalen Sound im Gitarren- und Schlagzeug-Bereich, aber den Bass konnte man nicht wirklich hören. Bei „The Crusade“ war das schon anders, aber gerade auf dem neuen Album wollten wir diesen klaren, intensiven Sound.

Kommen wir zu einer deiner Lieblingsbands, METALLICA. Freust du dich auf das neue Album?

Ja, und ich hoffe, es wird Arsch treten! Ich glaube, die ganze Welt braucht ein geiles Album von ihnen.

Was hältst du denn von den meistdiskutierten Alben „Load“, „Reload“ und „St. Anger“?

Ich mochte „Load“ und „Reload“, aber mein Lieblingsalbum ist das schwarze, weil es mich zum Metal gebracht hat. Auch wenn normalerweise jeder „Master Of Puppets“ oder „And Justice For All“ nennen würde. Ich halte das schwarze Album für eine sehr gute Kombination aus allem, was sie bis dahin gemacht haben, es war melodischer als der Rest. „St. Anger“ war nicht so recht etwas für mich, aber ich schätze es, dass die Jungs ein Album gemacht haben, auf das sie selbst Bock hatten, anstatt auf andere Leute zu hören.

Im Dezember seid ihr schließlich auf Tour mit SLAYER.

Fuck yeah! SLAYER ist eine unserer Lieblingsbands, es ist eine große Ehre, die Bühne mit ihnen teilen zu können. Wir werden in Europa und wahrscheinlich im Januar in Nordamerika und Kanada spielen,

Zum Schluss noch ein wenig Kritik: Als ich euch vor zwei Jahren in Köln gesehen habe, habe nicht nur ich mich über die kurze Spielzeit von 60 Minuten gewundert.

Curfew... Wir durften nicht so lange spielen, aber als wir auf unserer Headliner-Tour mit ANNIHILATOR und SANCTITY hier waren, haben wir 1¼ bis 1½ Stunden gespielt. Es kommt immer darauf an, wie lange man spielen darf. In Großbritannien musst du beispielsweise in manchen Orten 10,000 Pfund bezahlen, wenn du die Zeit überschreitest.

Eine andere Sache sind die Preise der Tourshirts, die bei 30 Euro lagen...

Ja, das ist aber eine Sache, die man so machen muss. Die Veranstaltungsorte nehmen Gebühren dafür, dass wir unsere Shirts verkaufen dürfen. Man verdient in einer Band nicht mehr damit Geld, viele Platten zu verkaufen, man sieht nur einen ganz geringen Teil der Verkäufe. Wenn man sich die Verbindungen der Venues, Agenturen, Plattenfirmen und so weiter ansieht, muss der hohe Preis einfach sein. Wir versuchen trotzdem, ihn und auch den Ticketpreis möglichst niedrig zu halten.

Ich habe auch deswegen nachgefragt, weil die Tourshirts sogar in eurem Webshop noch teurer als auf der Tour sind.

20 bis 25 US-Dollar sind eigentlich üblich...

Ich bin mir ziemlich sicher, Preise von 30 bis 35 Euro gesehen zu haben.

Ich glaube eigentlich nicht, dass der Preis so hoch ist... Aber ich werde das auf jeden Fall mal checken.

Alles klar – Matt, vielen Dank für dieses Interview!

Ich danke dir!



Nachtrag: Ob es an meinem Hinweis oder der vergangenen Zeit seit den Tourneen liegt, kann ich nicht sagen, aber mittlerweile sind die Tourshirts im offiziellen Webshop deutlich preiswerter geworden. Geht doch!

http://www.trivium.org