Geschrieben von Samstag, 26 Juni 2010 00:00

Death Feast Open Air 2010 - Der Festivalbericht


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Das „Death Feast Open Air“ lockte dieses Jahr bereits zum vierten Mal Besucher aus allen Teilen Deutschlands und auch darüber hinaus in die Nordrhein-Westfälische Gemeinde Hünxe, um dort den heftigsten Klängen aus dem Bereich Deathmetal und Grindcore zu lauschen. Dieses Jahr brachte es das härteste aller deutschen Festivals auf stolze 2.700 Metalheads und Grindfreaks, die anreisten, um drei Tage lang jeweils zwölf Bands auf einer im Laufe der Jahre gut gewachsenen Bühne zu bewundern. Abgesehen davon, dass Öffnungszeiten für die saubereren Toiletten und Duschen abgeschafft und stattdessen eine optionale Flatrate für selbige eingeführt wurde, ist man dem Motto der Vorjahre treu geblieben: Perversion, Schmutz und Geballer, bis die Schwarte kracht...


„Wir waren gerade mal eine halbe Stunde da, schon torkeltest Du mit heruntergelassener Hose über den Zeltplatz und konntest nicht mehr stehen...“ – das war das erste, was ich vom Kumpel zu hören bekam, als ich total verkatert am Donnerstag Morgen neben dem dicken widergekäuten Fladen, den ich am Vorabend vorsorglich neben meinem Zelt platziert hatte, aufwachte. Also der Anreisetag verlief schon einmal so, wie man sich das vorstellt. Positiv überrascht haben mich einerseits das Wetter, welches entgegen der meist eher düsteren Vorhersagen angenehm sonnig und warm war, andererseits die ungewöhnlich ausgelassene Security, welche kein großes Problem damit hatte, dass ich auf die Frage nach mitgeführten Glasflaschen kurzerhand sämtliche auf der Fahrt vernichteten Wicküler-Pullen aus dem Auto warf. Immerhin stand der Glascontainer nur knappe drei Meter weiter... Aber ganz entgegen meinen Erfahrungen von anderen Festivals hatten die Aufpasser hier meist gute Laune und reagierten verständnisvoll anstatt gereizt. Es war zwar mein erstes Deathfeast, wird aber definitiv nicht mein letztes gewesen sein...


Donnerstag, 10.06.2010:


Nachdem sich der verloren geglaubte Autoschlüssel meines Bruders in einer Kühlbox und mein schmerzlich vermisstes Ticket unter einer Fressalienkiste wiederfand, konnte die Party am Donnerstag beginnen. Vorweg muss ich zu meiner Entschuldigung anführen, dass ich ursprünglich nicht vorhatte, das Deathfeast als Teil der Presse zu erleben, sondern vielmehr als Fan. Mein vor einigen Monaten gekauftes Ticket tauschte ich eher spontan gegen einen Backstagepass ein und verzichtete somit auf das Statussymbol-Festivalbändchen, da mich ein guter Freund vom brutalen Online-Radio „Chronix Radio“ im letzten Moment noch dazu überredete. Also bitte verzeiht meine mangelhafte Präsenz vor der Bühne und das Fehlen der minderwertigen Fotos, die ich gemacht habe...

So war mir der sicherlich großartige Auftritt von BENEATH aus Island, welche um 13:15 Uhr das Deathfeast eröffneten, auch einfach zu früh, um mich zur einzigen Bühne zu schleppen. Auch die darauf folgenden Deather von THE SICKENING aus Norwegen hatten schlechte Karten. Ich habe mir jedoch sagen lassen, dass der Auftritt eher langweilig war und der Pit hätte brutaler sein können. Perfekt, somit habe ich zumindest nichts verpasst. Die mir vorher unbekannten Schweden VOMITOUS hingegen konnten durch sauberes Gebretter punkten, während ich meine obligatorische Shoppingtour an den wenigen, aber gut sortierten Ständen absolvierte. An dieser Stelle möchte ich die sympathischen Vollblut-Grinder von „Rotten Roll Rex“ hervorheben, welche wie immer mit Fachwissen, kulantem Verhalten und einem gutem Sortiment überzeugen konnten...

Da ich kein sonderlich großer Fan der ebenfalls aus Schweden stammenden Knüppelbarden von AS YOU DROWN bin, verbrachte ich die Zeit von halb vier bis vier lieber im Backstage-Bereich, wo ich auf einen wie immer ruhigen und nur im äußersten Notfall lächelnden John Gallagher und einen scheinbar von allem genervten und elitär wirkenden Sean Beasly traf. Als interessant empfand ich die Tatsache, dass alle unbekannteren Bands im großen Zelt zusammen saßen und feierten, während Szenegrößen wie DYING FETUS abgeschottet in einem kleinen Bereich, welcher durch einen Sichtschutz vom Rest getrennt war, lieber unter sich blieben. Starallüren scheinen wohl selbst im Grindcore- und Deathmetal-Bereich kein Fremdwort zu sein...

Als nächstes folgte eines meiner persönlichen Highlights auf dem Deathfeast. Im mal wieder stark angetrunkenen Zustand scheinbar nicht mehr in der Lage, die Uhr richtig zu lesen oder zu verstehen, stand ich vermeintlich pünktlich zu DERANGED vor der Stage und war bereit, mir ordentlich den Arsch versohlen zu lassen. Das passierte auch. Nur waren es nicht die grindenden Schweden, die Hand anlegten, sondern eine meiner Meinung nach leider massiv unterschätzte Kapelle aus der Republik Malta. ABYSMAL TORMENT vermochten meinen schmutzigen Körper durch ordentlich drückende Grooves und fettes Geblaste durchgehend in Bewegung zu halten. Dem sonst stets mit einem sympathischen Lächeln im Gesicht über das Festivalgelände schlendernden Hauptshouter würde man auf den ersten Blick so gar nicht zutrauen, dass er dermaßen aggressiv die Menge anschreien und -grunzen kann, wie er es auf der Bühne eindrucksvoll bewiesen hat. Er und seine vier Mitstreiter machten auf jeden Fall ordentlich Party und gingen auf der Stage mindestens genau so gut ab wie der zu kleine, aber wilde Circlepit davor...

INFERIA aus Finnland verfolgte ich nur teilweise, da sie die soeben hochgesetzte Messlatte nicht ansatzweise erreichen konnten und ich sowieso viel lieber mit den redseligen Jungs von ABYSMAL TORMENT ein paar kühle Bierchen genießen wollte. Ja, es war mein erster Backstagepass und ich habe es genossen. Ich bereue nichts! Da mussten dann auch die ruhigen, aber nahbaren und sehr sympathischen Mannen von DERANGED durch. Deren Auftritt überzeugte zwar nicht auf ganzer Linie, hat aber dennoch gut geballert. Der Sound ließ etwas zu wünschen übrig. Das Problem hatten allerdings viele Bands. Nicht selten kam es stark darauf an, wo vor der Bühne man sich befand. Seitlich zu wenig, mittig zu viel Bass oder dergleichen. Bei DERANGED dominierten mir persönlich die Gitarren zu sehr. Auch auf der Setlist vermisste ich den einen oder anderen Smasher wie „Mutilate and dump you“. Aber an sich war der Auftritt solide und brachte die Leute, die gekommen waren, um ihn sich anzusehen, ordentlich in Bewegung. Davon gab es allerdings erschreckend wenig. Es war zwar gut was los vor der Bühne, doch hätte ich mit deutlich mehr Publikum gerechnet. Leute, das waren immerhin DERANGED...

Im Anschluss gaben sich PROSTITUTE DISFIGUREMENT die Ehre. Die Niederländer sind zwar unangenehm homophob, machen aber dermaßen geilen Deathgrind, dass man darüber einfach hinwegsehen muss. Titel wie „Rotting away is better than being gay“ sprechen für sich, kamen bei der wilden Meute vor der Stage aber gut an. Diese Dreiviertelstunde hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Die darauf folgenden LENG TCH’E aus Belgien hingegen konnten mich nicht so überzeugen. Konnte ich auf deren erstes Studioalbum „Death By A Thousand Cuts“ noch ordentlich abgehen, finde ich das neuere Zeug nicht so interessant. Ich muss gestehen, dass ich mich ein wenig gelangweilt habe. Das Interessanteste an diesem Auftritt war wohl die merkwürdige Maske, die Frontmann Serge trug. Optisch top, musikalisch zwar kein Flop, aber eben auch nicht top...

Tja, die Landsmänner DEFEATED SANITY, die danach spielten, habe ich nicht gesehen. Kenn ich nicht. War zu betrunken. War mir egal. Sorry. Im Nachhinein wünschte ich, es wäre anders gewesen. Aber was soll man machen? Immerhin scheine ich es geschafft zu haben, mir die holländischen Todesmetaller von HAIL OF BULLETS anzuschauen. Wie unsagbar verwackelte Fotos beweisen, befand ich mich anscheinend sowohl im Publikum als auch im Fotograben. Eigentlich stehe ich nicht so auf diese Band und von meinen Leuten will auch keiner dabei gewesen sein, also hat mich wohl das Pflichtgefühl gepackt, mir zumindest die Headliner anzusehen. Na, das ist doch mal was. Schade nur, dass ich mich nicht daran erinnern kann...

Den Abschluss machten am Donnerstag um 23:30 Uhr die Genrekönige DYING FETUS. Mit fünfundsiebzig Minuten Spielzeit und einem zweiten „Special“ Gig am Samstag waren die brutalen Amis ganz offensichtlich nicht bloß mein persönlicher Headliner. Und so strömten die Festivalbesucher auch in Strömen zur Bühne, um sich ordentlich vom Fötus die Fressen zerballern zu lassen. Doch nicht alle liefen zu Fuß. Ich zum Beispiel hatte die zweifelhafte Ehre, komatös in meinem Campingstuhl schlafend von vier guten Freunden mitten in den Circlepit geschleppt zu werden. An dieser Stelle noch einmal ein fettes Dankeschön an die lässige Security, die nach kurzen Überredungskünsten ebenfalls der Meinung war, dass ein fanatischer Anhänger einer Band nicht durch Ohnmacht und Unzurechnungsfähigkeit davon abgehalten werden sollte, dem Auftritt seiner Helden beizuwohnen. Und so kam es, dass ich friedlich schlief, während um mich herum übelste Circlepits zugange waren und der Boden vom fetten DYING FETUS-Bass bebte. Wer kann das schon von sich behaupten? Danke, Leute! Ihr seid die Besten.

Wer hingegen wach und aufnahmefähig gewesen ist, durfte einen heftigen Auftritt erleben, der lediglich Songs der letzten vier Alben beinhaltete. Die früheren Werke sollten am Samstag noch ihre Chance kriegen, die Menge zum Bangen zu zwingen. Der Sound soll krass basslastig und nur schwerlich zu differenzieren gewesen sein. Ein Freund berichtete, dass er den Killersong „One shot, one kill“ erst nach etlichen Sekunden identifizieren konnte. Alles in allem also ein guter Auftritt, der jedoch vom noch folgenden nur getoppt werden konnte. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass die Songs von der „Killing On Adrenaline“ einfach den größten Wiedererkennungswert bieten. So jedenfalls nahm ein sonniger Tag sein brutales Ende mit einer gutgelaunten Feiermeute, die von DYING FETUS kaum genug bekommen konnte und den verbleibenden Bewegungsdrang dann nur noch im Partyzelt, welches bis in die frühen Morgenstunden hochwertigstes Geknüppel bot, ausleben durfte. Wohl nur ein einziger Besucher verzichtete auf die Schreie nach einer Zugabe und wankte, vom Stuhl gepogt, allein zu seinem Zelt...


Freitag, 11.06.2010:


Als ich am nächsten Morgen in voller Montur halb im Gras liegend vom lauten Geballer aus der Anlage der Zeltnachbarn geweckt wurde und den gestrigen Abend anhand der miesen Beweisfotos Revue passieren ließ, hatte ich noch keine Ahnung, was an diesem Tag so alles auf mich zukommen würde. Den Anfang machten um die selbe Uhrzeit wie am Donnerstag CEREBRAL BORE aus Schottland. Zu früh. Soll aber auch eher langweilig gewesen sein. Zu wenig Publikum, zu wenig Motivation. Hat da etwa jemand seinem zweideutigen Namen alle Ehre gemacht? Was sich hingegen als alles andere als langweilig herausstellte, war das Wetter, welches uns immer stärker werdende Windböen bescherte. Zu dem Zeitpunkt noch nicht weiter beachtet und einfach genervt hingenommen, sollte sich doch schon sehr bald herausstellen, dass dieses Windchen zu einem unvergesslichen Teil des Deathfeast 2010 werden würde...

Die vorerst letzte Band, welche das noch unterschätzte Glück hatte, auf der Stage spielen zu dürfen, war HAEMOPHAGIA. Die bluttrinkenden Spanier gaben einen tollen Gig ab, der sich für mich als absoluter Überraschungstipp herausstellte. Schade nur, dass das Ganze unter dem immer unerträglicher werdenden Zeichen des Windes stand, welcher sich mittlerweile zu einem ordentlichen Sturm entwickelt hatte. Überall auf dem Zeltplatz wurden die Pavillons abgedeckt oder, wie in unserem Fall, im Minutentakt plötzlich festgehalten und somit vor dem Wegwehen bewahrt. Doch nicht nur die Planen auf dem Gelände waren betroffen. Auch die großen Banner der Stage fingen an, unkontrolliert herumzuflattern und so kam es auch, dass nach dem Auftritt von HAEMOPHAGIA ein freundlicher, aber besorgter Mitarbeiter des Deathfeast die Bühne betrat und ankündigte, es würde etwa eine halbe Stunde dauern, die komplette Stage so umzubauen, dass sie den Böen standhalten könne. Die Ansage war fast auf dem gesamten Zeltplatz gut zu hören und so stellte sich ein jeder darauf ein, eine halbe Stunde auf die Entwarnung zu warten. Sicherheit geht nun mal vor und schließlich möchte niemand unter zusammenbrechenden Gerüsten begraben werden oder seine Lieblingsband dort begraben sehen...

Nun ja, aus der halben Stunde wurden dann gut zweieinhalb, da der Sturm einfach nicht nachließ und sogar noch heftiger wurde. Von einer Unwetterwarnung war die Rede und kurz vor fünf wurde dann bekannt gegeben, dass die folgenden Bands bis zum Eintreten einer Entwarnung im Partyzelt spielen würden, um den Zeitplan zumindest ansatzweise einhalten zu können. Pech für KRAANIUM und Co. Alle folgenden Bands mussten nun etliche Songs von ihrer Setlist streichen, um diesem Zeitplan gerecht zu werden. Zudem war das Partyzelt natürlich viel zu klein, um wirklich allen motivierten Besuchern Platz zu bieten. Als die fünf Norweger um 17:00 Uhr das Zelt rockten, kam ich nicht sonderlich weit und hatte auch schnell keine Lust mehr auf das Gedränge. Drinnen war es stickig, eng und man konnte sowieso nichts von der Band sehen. Es gab halt keine Bühne. Die Band spielte ebenerdig an einem Ende des Zeltes. In der Mitte war ein improvisiertes Mischpult aufgebaut. Zumindest der Sound war für die schnelle Improvisation nicht schlecht. Da haben die Organisatoren noch das beste aus dieser Situation gemacht...

INGROWING aus der Tschechischen Republik hätte ich zwar gerne gesehen, hatte aber nicht sonderlich viel Lust, mich dort noch einmal hineinzuquetschen. Schade. Da die Gigs nun aber eh nur meist gute zwanzig Minuten dauerten, habe ich zumindest nicht zu viel verpasst. Die großartigen MILKING THE GOATMACHINE aus Deutschland aber musste ich mir einfach geben. Da ging der Moshpit auch definitiv vor. Die seitlichen Plätze, welche den Fotografen eingeräumt wurden, überließ ich Anderen. Der Auftritt war auch schlichtweg der Hammer! Kaum eine andere Band aus dem Deathgrind-Bereich macht so viel Party wie die vier Jungs mit den Ziegenmasken. Das Zelt bebte, die Menge war gut drauf. Der Sound bretterte, die Setlist war perfekt. Nahezu. Es hätte natürlich gerne länger andauern können. Doch natürlich mussten sich auch die Ziegenmelker an den engen Zeitplan halten. Wirklich außerordentlich schade...

Im Anschluss gaben sich die grindenden Griechen von HUMAN REJECTION die Ehre. Was der Shouter für Drogen konsumiert hat, weiß wohl nur er allein. Er war auf alle Fälle gut drauf und hatte einen ausgeprägten Bewegungsdrang. Immer wieder mal musste die Security eingreifen, wenn er wieder dabei war, auf Absperrung und Boxenturm herumzuklettern. Er war auch der erste Stagediver, den ich wahrgenommen habe. Wobei man in diesem Falle wohl eher von Crowdsurfing sprechen muss... Ein kraftvoller Auftritt, der seine Spuren in den Gehörgängen hinterließ. Warum dieser verrückte Frontmann am Ende seines Sets in sich zusammengesunken am Boden saß und niedergeschlagen wirkte, weiß wohl ebenfalls nur er alleine. Vermutlich die Drogen...

AMPUTATED aus Großbritannien sind zwar geil, konnten nach vorangegangenem Auftritt jedoch nur mäßig überzeugen. Die Stimmung war gut, der Gig an sich auch. Doch irgendwie fehlte mir persönlich ein wenig die Intensität. Nachdem ich mich mit einem etwas verwirrten Fan fotografieren ließ, den ich aufgrund des mittlerweile fortgeschrittenen Alkoholkonsums fälschlicherweise für den AMPUTATED-Sänger hielt, war es an der Zeit für die großartigen Niederländer von CLITEATER. Meine großen Erwartungen wurden jedoch erneut etwas gedämpft. Also auf Scheibe klingen die besser. Nachdem der kleine Frontmann Joost auf die Boxen gestiegen war, um kurz darauf auf Anraten der Security wieder herunterzuklettern, war der Gig dann auch schon fast vorbei. Eine vom Publikum geforderte Zugabe durften die Jungs nicht spielen, obwohl sie es gerne getan hätten. Aber der Blick auf die Uhr verwehrte es ihnen. Wie gemein...

Gemein ist es wohl auch, als letzte Band im Zelt spielen zu müssen. So wie der undankbare zweite Platz. Denn nach CLITEATER wurde Entwarnung bezüglich des Sturms gegeben und von jetzt an ging es auf der Bühne weiter. Mit einer Uhrzeit kann ich leider nicht dienen. Auf jeden Fall war der nächste Act auf der Liste SINISTER. Es blieb also niederländisch. Doch von diesem Auftritt war ich sehr enttäuscht. Haben die tatsächlich nur drei Songs gespielt oder kam mir das nur so vor? Auch von der vermittelten Stimmung hatte ich mehr erwartet. Ich fand es etwas langweilig. Aber immerhin spielten die Bands von nun an wieder auf der richtigen Bühne. Hurra...

Als nächstes waren ROMPEPROP an der Reihe, um den holländischen Hattrick komplett zu machen. Ich liebe ROMPEPROP! Die Grindkapelle war der ideale Ersatz für die im letzten Moment abgesprungenen ILLDISPOSED. Ich will ja nicht weiter mit Enttäuschungen nerven, doch abgesehen davon, dass auch dieser Auftritt natürlich viel zu kurz war, konnte auch der Sound absolut nicht überzeugen. Stand man am Rand, kriegte man das kalte Kotzen. Etwas weiter mittig war es zwar erträglicher, doch immer noch mies. Lustig hingegen war die Show, welche die drei verrückten Grindfreaks ablieferten. IMMORTAL haben definitiv ihr Fett weg gekriegt. Doch trotz Kostümierung und Corpsepaint gab es den gewohnten Goregrind auf die Ohren, den man sich gewünscht hat. Nicht unbedingt in der Qualität, die ich mir erhofft hatte, aber immerhin ROMPEPROP...

Kommen wir zu GRAVE. Jeder Deathmetal-Fan kennt sie, fast jeder liebt sie. Die Schweden haben den Deathmetal einfach gepachtet. Mein vernebeltes Hirnchen dachte sich scheinbar, es wäre an der Zeit, mal eine komplette Band aus dem Fotograben heraus anzusehen und ich muss sagen, dass ich es nicht unbedingt bereue. Der Auftritt war solide, routiniert und professionell. GRAVE halt. Genau richtig zum Ansehen und Bewundern, doch nicht wirklich mitreißend. Der Bewegungsdrang fehlte. Einige Smasher wie „Back from the grave“ fehlten auch. Doch das verzeiht man den alten Schweden gerne. Immerhin haben sie einen Auftritt abgeliefert, der wenig zu wünschen übrig ließ...

Als letzte Band für heute durften die deutschen Todesmetaller NECROPHAGIST die Bühne zum Kochen bringen. Der Gig war gut besucht und die Band wurde gut abgefeiert. Was ich persönlich eigentlich gar nicht so nachvollziehen kann, denn so toll finde ich die vier jungen Herren nicht. Der Großteil der Festivalbesucher schien dies jedoch anders zu sehen und das ist natürlich auch gut so. War ja auch immerhin einer der Headliner. Mich jedenfalls hat der Auftritt nicht so interessiert und so bin ich dann auch relativ schnell wieder zurück zum Zelt getorkelt. Glaube ich...


Samstag, 12.06.2010:


Zumindest bin ich dort am Samstag Morgen aufgewacht. Drei Tage Saufen am Stück ist für mein geschundenes Herz eine ziemliche Belastung. Also kein Alkohol für heute. Das habe ich auch tatsächlich durchgehalten. Mit stolzgeschwellter Brust. Allerdings bedeutet dies nicht, dass ich diesen Tag über fitter, aktiver und motivierter war als die Tage zuvor. Ganz im Gegenteil. Der Alkohol hatte durchaus seine Spuren hinterlassen. Und nun ratet mal, welche Wortkombination zur Beschreibung der ersten Band dieses Tages reichen muss... Richtig: Zu früh! Kein BLUSTERY CAVEAT für mich. Den Deathgrindern aus Griechenland folgte VOMIT THE SOUL aus Italien. Die drei glatzköpfigen Männchen wirkten recht putzig, als sie die Bühne mit ihrem ziemlich angenehm anzuhörenden Mix aus Deathmetal und Grindcore belagerten. Agiler Auftritt, gute Musik. Was will man mehr? Der Hauptgedanke jedoch, der mir immer wieder durch den Kopf ging, war: Hoffentlich bleibt es heute windstill! Und Petrus war uns tatsächlich den ganzen Tag über gnädig...

Um 14:45 Uhr betraten die legendären SQUASH BOWELS die Stage. Dass die Polen einen Platz so früh am Tage besetzen mussten, verwunderte mich ein wenig. Im Laufe des Auftritts jedoch wurde mir klar, dass dies nicht unbedingt die beste Liveband ist. Die Stimmung hätte besser sein können und auch die Songs des Trios hatte ich deutlich besser in Erinnerung. Es waren kaum Unterschiede auszumachen und der Groove, den ich auf CD so geliebt habe, fehlte fast durchgehend. Immerhin hat es ganz gut geballert. Und das ist auf dem Deathfeast selbstverständlich das Hauptkriterium...

Nachdem ich am Freitag eine gut halbstündige Diskussion mit CARNIVORE DIPROSOPUS über die Aussprache ihres Bandnamens geführt hatte, war es sozusagen meine Pflicht, mir die überwiegend aus Spanien stammenden Todesmetaller anzuschauen. Immerhin hatte ich es dem extrem sympathischen Sänger versprochen, da mir diese Band zuvor noch nicht untergekommen war. Zwar nicht euphorisch, aber durchaus mitwippend tat ich also meine Pflicht und konnte nach dem Auftritt nur anerkennend nicken und ihn als solide bezeichnen. Das sah der im Nachhinein sichtlich niedergeschlegene und mit gesenktem Haupt über das Festivalgelände stapfende Frontmann etwas anders. Auf Nachfrage räumte er reumütig ein, dass der Auftritt total in die sprichwörtliche Hose gegangen sei. Unzählige Spielfehler und Missverständnisse innerhalb der Band ließen ihn sich für den Gig schämen. Kein Wunder also, dass die Menge nicht in dem Maße dazu abgegangen sei, wie er es sich erhofft habe. Mir persönlich als Nicht-Musiker sind diese Fehlerchen kaum aufgefallen, aber so manch penibler Möchtegern-Gitarrero wird sicher mit dem erhobenen Haupt geschüttelt haben. Da war dann ein aufbauendes Schulterklopfen fällig...

Die darauf folgenden türkischen Deathmetal-Freaks von CARNOPHAGE habe ich leider nicht gesehen. Obwohl es mich sehr interessiert hätte, da mich schon so manche türkische Hardcore-Band überraschenderweise absolut überzeugen konnte. Aber ich war einfach zu faul und zu kaputt. Aus diesem Grund habe ich auch auf die Landsmänner von GRIND INC. verzichtet. War ja bloß einer meiner persönlichen Headliner... Sehr ärgerlich. Die sollen aber erwartungsgemäß gut abgegangen sein und was so an unserem sehr stagenahen Zeltplatz von der Mucke rüberkam, klang auch stark nach ordentlich Party. Fettes Gebretter und die immer wieder auftretenden Grooves in bester DYING FETUS-Manier ließen mich meinen faulen Arsch mehr als einmal verfluchen...

Dafür habe ich mir im Anschluss die schwedischen Christenhasser AEON angesehen. Die hatte ich gut in Erinnerung und daran hat auch dieser Gig nichts geändert. Der Sound war verhältnismäßig fett und die Riffings von hoher Qualität. Allerdings fehlte, wie es auch nicht anders zu erwarten war, ein wenig der Bewegungsdrang. Nach den groovenden GRIND INC. wirkte der blasphemische Deathmetal des Quintetts etwas uninteressant. Ich saß auf einer Bank im hinteren Bereich und hatte auch nicht das großartige Bedürfnis, weiter nach vorne zu preschen. Die Band stand auch nur routiniert bangend und ansonsten bewegungslos auf der Bühne und spielte eine Lobhymne an Satan nach der anderen runter. Das war schon fast richtig blackmetaltauglich...

Während SEVERE TORTURE aus Holland spielten, war ich im Backstagebereich unterwegs auf der Suche nach den Herren von WACO JESUS. Nachdem dieses Vorhaben scheiterte, sah ich mir noch kurz ein paar Songs der hochkarätigen Deathgrinder an, befand diese für so gut, wie ich es erwartet hatte und entschloss mich letztendlich, nicht der meiner Meinung nach sowieso etwas zu kleinen Zuschauerschar beizuwohnen, sondern vor dem gleich noch kommenden Bandfeuerwerk eine kleine Verschnaufpause unter unserem nahezu komplett zerstörten Pavillon einzulegen. Immerhin sollten gleich noch die Wacos spielen, gefolgt von den Föten, LOCK UP und SUFFOCATION. Das würde hart genug werden und mir die letzte Kraft aus dem Körper saugen...

Und WACO JESUS, die uns von 20:15 bis 21:00 Uhr mit ihrer unvergleichlichen Mischung aus Deathmetal und Grindcore den Arsch versohlten, waren dann auch einfach nur geil! Die Amis spielten in der Dreiviertelstunde eigentlich alle Tracks, die ich unbedingt hören wollte, wozu natürlich der Kracher „Filth“ und der Opener des neuesten Albums „I live for this shit“ gehörten. Der Sound war für meinen Geschmack und für das gewohnte Geballer der alten Herren etwas zu dünn, worüber man jedoch hinwegsehen konnte. Die Show war mireißend und die Erde bebte alleine schon vom feiernden Circlepit, in welchem auch das putzige Prinzessinenzelt, das in den Fotoimpressionen des diesjährigen Programmhefts zu sehen ist, auftauchte. Nachdem Frontmann Shane Bottens klargestellt hatte, welche beiden Dinge man auf der Bühne von WACO JESUS niemals zu sehen beziehungsweise hören bekommt, nämlich Gitarrensoli und Wasser, krönten die Wacos ihren Auftritt mit ordentlich Konfetti und zwei überdimensionalen Drumsticks, mit denen Drummer Johnny Baker die letzten Schläge des Gigs vollzog. Das war mal Party...

Dann kam der Höhepunkt des Deathfeast. Das „Special Set“ von DYING FETUS. Bei dieser Show sollten nur Songs der beiden Alben “Purification Through Violence” und “Killing On Adrenaline” dargeboten werden. Um 21:15 Uhr ging es gleich los mit meinem persönlichen Lieblingssong „Intentional manslaughter“. Fett! Brachialst wummernde Bässe und perfektes Gitarrenspiel machten diese knappen sechs Minuten zum absoluten Highlight. Nach diesem schweißtreibenden Auftakt konnte es eigentlich nur noch bergab gehen. Doch weit gefehlt. Es blieb schlicht und ergreifend genial. Ein Überkracher reihte sich an den anderen und der basslastige Sound setzte dem Ganzen die Krone auf. Auf der Bühne gab es, wie für die Amis üblich, nicht viel zu bewundern außer professionell gespielten Instrumenten und über Allem stehenden, nur vereinzelt bangenden Musikern. Die Menge tobte, wie man es erwartet hatte, und als das Inferno mit dem großartigen „Killing on adrenaline“ sein Ende nahm, hatte wohl kaum einer genug. Man kann zwar nicht sagen, man sei nicht zufrieden gestellt worden, aber weitere fünfundvierzig Minuten hätte mit Sicherheit jeder Metalhead noch durchgehalten. Die Zeit verging wie im Fluge und eigentlich hätte man jetzt zufrieden die Heimreise antreten können, denn man hatte alles gesehen...

Alles? Nun gut, das ist vielleicht nicht ganz richtig, denn nun folgte ja noch LOCK UP. Tja, LOCK UP waren halt LOCK UP. Die All-Star-Kapelle aus Großbritannien war schnell, hart und laut. Sehr laut. Vielleicht kam es mir nur so vor, aber ich hatte das Gefühl, das Quartett hätte den höchsten Lautstärkepegel von allen. Was soll man zu deren Auftritt sagen? Die heftige Mischung aus Death- und Thrashmetal mit unglaublich schneller Grindcore-Attitüde hat alles niedergerissen. Vor und auf der Bühne ging es mächtig ab und der Schweiß floss in Strömen. LOCK UP sind einfach ein Klassiker...

Genau wie SUFFOCATION aus den Staaten. Wobei ich den Hype um diese Band nicht wirklich einhundertprozentig nachvollziehen kann. Okay, sie war eine der ersten Bands, die derartige Mucke machte. Deathmetal und Grindcore gemischt und mit einer Prise Hardcore versehen. Und das seit 1990. Das macht sie zwar zu Pionieren und die Qualität ihrer Songs war natürlich auch stets ganz oben, doch so richtig mitgerissen habe ich mich von den Jungs irgendwie nie gefühlt. Und so war es auch an diesem Abend. An die allerletzte Band eines Festivals hat man ja ganz automatisch große Erwartungen. Doch nach WACO JESUS, DYING FETUS und LOCK UP klang das zugegebenermaßen ultrabrutale Gebretter der fünf älteren Herren etwas abwechslungsarm. Sound und spieltechnische Darbietung hingegen wussten zu überzeugen. Das Quintett wurde nicht grundlos abgefeiert und bot eine solide Show. Frontmann Frank Mullen war gut drauf, bewegte sich viel und wusste, wie man die Meute motiviert. An sich ein toller Auftritt. Dass der Funke bei mir immer noch nicht so recht überspringen konnte, kann man der Band nun wirklich nicht in die Schuhe schieben. Ich bin halt einfach ein Kunstbanause...


Fazit:


Das war es also, das Death Feast Open Air 2010. Nachdem SUFFOCATION den Fans noch eine kleine Zugabe schenkte, blieb die Bühne ab kurz vor ein Uhr für dieses Jahr still. Weiter ging es wie jeden Tag im Partyzelt, wo man sich die Nacht mit dem Besten aus Deathmetal und Grindcore um die Ohren schlagen konnte. Hier konnten sich Fussballverrückte übrigens auch auf einer Leinwand die WM-Spiele live anschauen. Diese Nacht fiel mir zum ersten Mal auf, wie laut die Mucke aus dem Zelt über den Platz schallt und wie man dies wahrnimmt, wenn man nicht betrunken ist. Sehr viel schlimmer war allerdings dieser unglaublich nervige Zeitgenosse, der recht ausgiebig von der Hupfunktion seines Autos Gebrauch machte. Wo war der wütende Mob, der ihn zurechtweist? Spätestens nach einer Stunde hätte sich doch solch ein Mob bilden müssen...

Auffällig war auch die Kälte, welche sich am letzten Abend als echt hart erwies. Das ganze Wochenende über war es eigentlich immer angenehm warm gewesen und insgesamt gab es am Wetter, abgesehen vom heftigen Sturm am Freitag natürlich, nicht viel auszusetzen. Der letzte Abend jedoch hätte sich gerne in diese Temperaturphase einreihen können. Aber das kann dem Gesamteindruck des Festivals auch nicht wirklich schaden. Insgesamt habe ich das Deathfeast als sehr sympathisches und friedliches Festival kennengelernt. Bis auf die extrem schäbige Aktion einiger Vollidioten, die einen betrunken schlafenden Zeltnachbarn an einen Stuhl gefesselt, geknebelt und dann kopfüber in den Graben geworfen haben, sind mir keinerlei Gewalttaten untergekommen. So gehört sich das! Und nachdem besagtes Opfer seinem Peiniger in den Schlafsack geschissen hatte, war die Sache auch geklärt. Ansonsten gab es natürlich jede Menge Aggressionsabbau in den obligatorischen Circlepits mit den dazugehörigen „Hackebeil“-Moves. Das muss ich mir nächstes Jahr unbedingt wieder geben. Hat Spass gemacht! Dann aber wieder ohne Presseausweis. Ich will doch nur feiern...

Wer ein Problem mit diesem alkohollastigen und dadurch wenig aussagekräftigen Bericht hat, soll halt nächstes Jahr selber hinfahren und sich von dem Spaß, den man auf dem Deathfeast hat, überzeugen. Und wen interessieren schon Spielfehler, die den Bands unterlaufen? Mich zumindest nicht. Mich interessieren Death, Grind, Bier und Schmutz! Und davon gibt es im Juni in Hünxe mehr als genug...

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