Geschrieben von Sonntag, 02 Oktober 2011 00:00

Serengeti Festival 2011 - Der Bericht

serengeti 067

BurnYourEars war 2011 - wie auch im letzten Jahr - auf dem kleinen und übersichtlichen Serengeti Festival im Teutoburger Wald und hat neben den Bands auch gleichzeitig die neue Festivallocation inspiziert.

Am 22. und 23. Juli war es wieder soweit. Das (noch) kleine aber feine Serengeti-Festival im beschaulichen OWL ging in die sechste Runde. Dieses  Jahr lockte es wieder einmal mit großen, aber auch mit unerwarteten Bands und es wurden sowohl das Festival,  als auch das Campinggelände verlegt. Neuer Ort, neues Glück. Knapp 10.000 Zuschauer kamen an die neue Stätte, die sich nun direkt neben dem Eingang zum Stukenbroker Safari Park befindet.

Freitag, 22.7.

Die ersten Besucher begaben sich dann auch zu dem Eröffnungsact am Freitag, DISTANCE IN EMBRACE. Leider musste ich zu der Zeit noch arbeiten und konnte so die Gewinner des Eröffnungsspots nicht selbst begutachten. Freunde von mir waren jedoch durchaus positiv überrascht. Denen gefiel auch der rohe Hardcore von YOUR DEMISE, bei denen ich leider gerade unterwegs zum Festival war.

Mein Betreten des Festivalgeländes wurde begleitet vom deutschsprachigen Punkrock des Quartetts PASCOW. Mich persönlich sprach dieser WIZO/ÄRZTE-Klon nicht so wirklich an, deswegen erkundete ich erstmal das kleine Festivalgelände.
Und auf dem gab es neben Futterbuden, die adäquate Preise hatten, Getränkebuden, deren Preise auch sehr okay waren, einem PETA-Stand und den obligatorischen Zigarettenständen auch ein riesiges Partyzelt, in dem rund um die Uhr Musik serviert wurde. Davor musizierte die komplette Festivallänge über - und zwar immer während der Umbaupausen auf der Bühne - eine kleine Zwei-Mann-Kapelle in einem kleinen, umgebauten Van: die WOHNRAUMHELDEN. Die Band besteht aus einem Schlagzeuger und einem Gitarristen/Sänger. Dieser Sänger war in einem früheren Leben Gitarrist bei FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE. Die Welt ist klein. Und hier auf dem SERENGETI-Festival waren die beiden wirklich zu jeder Umbaupause Anziehungsmagnet mit ihren deutschen, witzigen Pop-Punk-Rock-Songs.

Und dann wurde es zum ersten Mal richtig heftig auf dem Serengeti. WAR FROM A HARLOTS MOUTH betraten die Bühne und ich denke, einige der Zuschauer wussten nicht, was sie da erwartet. Die fünf Jungs aus Berlin zerlegten den Acker in Stukenbrok total und fegten wie ein Tsunami über das Publikum hinweg. Für mich der erste Gewinner dieses Festivals.

Danach servierten THE PEEPSHOW Rockabilly und wussten das Publikum zu begeistern, was auch an der charismatischen Frontfrau lag, die zwei Songs mit ihrer Gitarre im Publikum spielte, während in der Zwischenzeit der Mann am Kontrabass den Gesang übernehmen musste. Tolle Show, auch wenn das nicht so ganz meine Musik ist.

Jetzt folgten LETZTE INSTANZ - und um ehrlich zu sein, kann ich rein gar nichts mit Mittelalter-Metal anfangen. Aber diese spielfreudige und sympathische Band hat mich mehr als überrascht und in meinen Augen ihre eigene Musikrichtung kreiert: Mittelalter-Metalcore. Alles passte, die Show, die Ansagen, das Auffordern zum Mitsingen und Mitmachen. Meine Überraschung des Festivals.

Das Überraschtwerden sollte nicht enden, folgten doch direkt im Anschluss ROTFRONT. Ich erwartete Punk. Und bekam Reggae-Crossover-Balkan-SKA-Klezmer-Metal?? Keine Ahnung, irgendwas dazwischen. Die Band bestand aus einem SIDO-Verschnitt, der auf Deutsch rappte, einer hübschen Sängerin, die sowohl auf Deutsch, als auch auf Ungarisch sang, einem russischen Sänger und einem ukrainischen Sänger. Die Sängerfront wurde begleitet von einem Schlagzeuger, Gitarristen, Bassisten und zwei Posaunen. Die Band begeisterte das Publikum mit solchen Titeln wie „Emigrantski Raggamuffin“. Das war ganz großes Kino. Mein Tipp für Leute, die für alles offen sind.

Dann kamen CALIBAN. Und auch wenn ihre aktuelle Cover-EP die reine Katastrophe ist, kamen, spielten und siegten sie. Unzählige Moshpits, mehrere Circle-Pits, eine riesige Wall of Death und nur Mitgröl-Hits untermauerten wieder einmal ihren Ruf als sehr gute Live-Band. Warum man dabei aber auf eine Coverversion von RAMMSTEINs ‚Sonne‘ zurückgreifen muss, bleibt mir bis heute eine große Frage.

Nach aktuellen Metalcore Heroen wurde es oldschoolig, in Form von PENNYWISE. Der Vierer aus New York schafft es immer noch, die Menge mit ihrer sympathischen Art und ihren sozialkritischen Hardcore-Punk-Songs zu begeistern.

Mit dem CO-Headliner wurde es am Abend dann noch einmal oldschool. WIZO gaben sich die Ehre und spielten auf dem Serengeti ihr einziges Open Air dieses Jahr. Als Jugendlicher habe ich Punk gehört und WIZO vergöttert. Und zig Jahre später ist es immer noch ein berauschendes Gefühl, dieses Trio (auf der Bühne allerdings mit einer zweiten Gitarre) live zu erleben. Songs wie ‚Kein Gerede‘, ‚Roter Käfer‘, ‚Letzte Sau‘, ‚Kopfschuss‘ und viele andere Hits zünden einfach immer noch. Das sah das Publikum genauso, es war genau so textsicher wie die Band. Mein eigentlicher Headliner.

Wären sie das auch gewesen, hätte ich von den abschließenden IN EXTREMO mehr mitbekommen, aber wie oben schon erwähnt, kann ich mit Mittelalter-Musik einfach nichts anfangen. Irgendwie wirkte auch das Publikum ein wenig reserviert, trotz der vielen IN EXTREMO Shirts, die ich den ganzen Tag lang gesehen habe. Viele Leute, mich eingeschlossen, verließen daher das Festivalgelände in Richtung Zeltplatz oder heimwärts. Was von Vorteil ist, wenn man nur knapp zwanzig Minuten vom Festival entfernt wohnt. Am nächsten Tag fragte ich einige IN EXTREMO-Shirt Träger, wie sie deren Gig fanden. Und auch diese erlebten die Band sehr reserviert und zurückhaltend und beschrieben den Auftritt nicht gerade als einer der besten der Band.

 
Samstag, 23.7.

Der zweite Tag begann mit KRAFTCLUB, die doch irgendwie an die SCISSOR SISTERS erinnerten, lediglich mit deutschen Texten und nicht ganz so hohem Gesang. Das wirkte irgendwie ein wenig fehlplatziert. Dennoch für viele der verkaterten Besucher ein entspannter Wach-Macher.

Um 14 Uhr wurde dann der Acker zum ersten Mal am Samstag umgepflügt, und zwar von den Schweden ADEPT. Die wussten mit ihrem Post-Hardcore nicht nur mich, sondern auch die schon um diese Zeit zahlreichen Besucher zu begeistern. Neben der starken Performance erwischten die Schweden einen großartigen Sound, von dem allerdings alle Bands profitierten.

Mit MAD SIN zog wieder der Rockabilly ein. Aber trotz großer Performance lichteten sich nach einiger Zeit leider die Reihen. Das hatte die Band wirklich nicht verdient, die eine bunte und tighte Show ablieferte.

Das änderte sich danach wieder schlagartig bei BOYHITSCAR, die mit ihrem Alternativerock genau den Geschmack der Zuschauer trafen und einige Zuschauer mehr anziehen konnten. Schöne Live-Performance, nicht wirklich mein musikalischer Geschmack, aber die Band hat sehr gut ins Billing gepasst.

Das kann man von der nächsten Band nicht wirklich sagen: KIZ betraten die Bühne. Und deren Erscheinen sorgte schon im Vorfeld für einige Kontroversen in den Foren. Rockabilly, Metal, Deathcore, Punkrock, etc. und nun also auch ein grenzwürdiger (in meinen Ohren schlechter) HipHop-Act.  Trotzdem erstaunlich, wie voll es vor der Bühne wurde. Die Berliner haben es dem Publikum mit einer ordentlichen Show gegeben, inklusive imposanten Bühnenaufbauten, Kampfanzügen, einer Kanzlerin hinter Stacheldraht und Trockeneisgewehren. Ich kann HipHop aber schon seit langem nichts mehr abgewinnen und Geistlosem generell nicht. Nicht zu Unrecht heißt KIZs aktuelles Album „Urlaub fürs Gehirn“. Das war eine Minute lustig, aber in meinen Augen völlig deplatziert.

Gott sei Dank wurde es danach wieder richtig oldschoolig. Eine Hardcore-Institution betrat die Bühne und zerlegte das Serengeti-Festival und ganz Stukenbrok. Danke, AGNOSTIC FRONT. Das war genau das Richtige nach der letzten Stunde. Die New Yorker können es einfach und sind auf CD und erst Recht live immer noch eine Macht.

Oldschoolig ging es weiter. HOUSE OF PAIN enterten die Bühne und vor derselben wurde es voll. Aber Stimmung wollte irgendwie nicht wirklich aufkommen. Erst nach knapp 45 Minuten war es soweit, jeder Besucher sang den Refrain lauthals mit: „Jump around“! Anscheinend war ich nicht der einzige auf dem Festivalgelände, der nur dieses eine Lied kannte. Nach dem Song wurde es jedoch wieder ruhig und leer vor der Bühne.

SKINDRED wollten wieder das Serengeti-Festival zerlegen, wie schon 2010. Und es gelang ihnen auch dieses Jahr. Spielfreude, Performance, Publikumsaufforderungen etc. begeisterten jeden Besucher und forderten alles von ihnen ab. Woher nehmen die Jungs eigentlich diese Energie? Großartige Show!

Nun folgte der anscheinend eigentliche Headliner, BULLET FOR MY VALENTINE aus Wales. Und der walisische Metallica-Klon gab ordentlich Gas, spielte aber wenig Songs von seinem Debüt und verließ sich stattdessen auf neue Songs. Das kam nicht ganz so gut an, aber dafür wurden die alten Titel umso mehr gefeiert. Teilweise wirkte das alles zu posermäßig, aber den zahlenmäßig überlegenen Teenies war das egal, und sie feierten ihre Metalhelden tierisch ab.

Leider wussten diese Teenis es anschließend nicht, Bedeutung und Alter der abschließenden Band zu würdigen, sondern zogen es vor, auf dem Zeltplatz weiter Party zu machen, anstatt sich BAD RELIGION anzusehen. Man kann ja zu Punk stehen, wie man will, aber sich diese unermüdlichen Punkrocker entgehen zu lassen, ist ja schon beinahe Blasphemie. Und die alten Herren legten einen absolut perfekten Auftritt hin. Auch die Songauswahl war mehr als gelungen, alte Songs und neue Songs waren gut durchmischt mit Hits. So sieht ein durch und durch gelungener Auftritt aus.

Eine fast perfekte Bandmischung, angenehme Preise gepaart mit dem neuen Festivalgelände und dessen Lage, machen das Serengeti-Festival zu einer kleinen aber feinen Pflichtveranstaltung. Der Termin fürs nächste Jahr, 20. & 21.7.2012, ist bei mir schon vorgemerkt!

http://www.serengeti-festival.de/
Arne

Stile: Postcore, Deathmetal, Sludge, Hardcore

Bands: Machine Head, Kylesa, Ryker's, Lionheart, Johnny Cash, Cult of Luna, The Ocean, Deserted Fear, TLUF