Von Brücken - Weit Weg Von Fertig

Von Brücken - Weit Weg Von Fertig
    Indie / Pop / Rock

    Label: Four Music
    VÖ: 30.10.15
    Bewertung:7/10

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Durch VON BRÜCKEN ist mir wieder deutlich geworden, wie sehr „Kontext“ manchmal eine Rolle spielt. Als ich den Sänger von VON BRÜCKEN musikalisch kennen gelernt habe, spielte er noch bei JUPITER JONES und hat mit „Raum um Raum“ ein unfassbar gutes Punk-Album mit Emoeinschlag rausgebracht, was in Deutschland bis heute seines Gleichen sucht. Bei allem, was bei dieser Band danach kam, wurde meine Erwartungshaltung nicht mehr erreicht. Die Band wurde immer softer, bis sie schließlich im Pop und den Charts angekommen ist und dadurch in meinen Ohren belanglos wurde. Zwischendurch gab es mal ein Projekt Namens HEISTERKAMP, auf dem Sänger Nicholas ruhige Popmusik machte – damit kam ich seltsamerweise wunderbar klar.


Nachdem er aus gesundheitlichen Gründen (siehe „Lady Angst“) JUPITER JONES verließ, wurde dann irgendwann zusammen mit Tobias Schmitz VON BRÜCKEN gestartet. Und dieses Projekt steht mit beiden Beinen fest im popigen Indie verankert und zeigt eigentlich nur ab und zu mal, dass Punkrock zur Sozialisation der Protagonisten gehört. Aber auch hier kann ich gut damit umgehen und selbst charttaugliche Songs gefallen mir. Vermutlich, weil ich gar nicht mehr mit Punkrock oder Emocore rechne. Hier geht es eher um die Stärken von Sänger Nicholas: die Texte und seine Stimme. Erstere sind mal verklausuliert, mal sehr offensichtlich, aber immer sehr eloquent vorgetragen. Die Stimme nimmt den Hörer nach wie vor direkt gefangen. Ich hab eh nie verstanden, warum JUPITER JONES ohne ihn weiter gemacht haben.

Auf „Weit weg von fertig“ gibt es Pop und Indie zu hören, der ab und zu sogar mal Zähne zeigt – musikalisch und textlich. Aber nie so, dass es melodiebedürftige Menschen vergraulen würde. Es wirkt nicht aufgesetzt. Und auch nicht, als ob es sich hier tatsächlich nur um ein Duo handelt – auch wenn die Größe der Produktion schon nahe legt, dass hier nicht nur eine „einfache Band“ spielt.
Mein Problem ist, dass ich mich im popigen Indie nicht sonderlich bis gar nicht auskenne und dementsprechend hier keine Bandvergleiche anbringen kann. Und wer die aufgekratzte und punkige Seite von JJ sucht, ist hier auch falsch. Ok, der Song gegen die Wutbürger ist schon sehr deutlich und gelungen. Ansonsten geht es hier oft um das Seelenleben von Nicholas. Und das wird musikalisch abwechslungsreich und großflächig dargestellt.

VON BRÜCKEN klingen weder nach JJ noch nach HEISTERKAMP und mögen für manche eventuell einfach zu popig sein, aber mit gefällt der Output im neuen Kontext. Ich stehe hier irgendwo zwischen sechs und sieben Punkten und entscheide mich dann im Zweifelsfall ganz knapp für den Newcomer.