AFI - Burials

AFI - Burials
    Alternative Rock

    Label: Republic Records/Universal
    VÖ: 18.10.2013
    Bewertung:7/10

    AFI OFFICIAL


Beim Überfliegen der Neuveröffentlichungen stutze ich bei einem Namen – AFI. Krass, irgendwie hatte ich die für mich zeitweise wirklich prägende Band nach ihrem – meiner Meinung nach – ziemlichen Griff ins Klo mit "Crash Love" (2009) komplett aus den Augen verloren. Ich bestellte mir die Platte mit einer dementsprechend großen Portion Neugier und der Hoffnung, dass die Herren auf ihrem musikalischen Weg von Alternative Rock mit coolen, härteren Momenten hin zu sterilem Plastikpop rechtzeitig vor den Aufnahmen zu "Burials" aufgewacht sind ...

2005 entdeckte ich AFI (Kurzform von "A Fire Inside") mit dem genialen "Sing The Sorrow", das für mich bis heute vom ersten bis zum letzten Takt einen ganzen Koffer von Empfindungen transportiert. Und dabei musikalisch, nicht zuletzt dank Davey Havoks mehr als Hardcore-untypischer Stimme, eine perfekte Balance zwischen Härte und Verletzlichkeit findet. "The Art Of Drowning", das Vorgängeralbum von 2000, hatte es mir, wenn auch noch merklich punikger und rumpeliger, auch angetan. Mit "Decemberunderground" (2006), surften AFI weiter auf der musikalischen Genialitätswelle und auch das visuelle Konzept, das ihnen schon immer sehr wichtig war, machte mich Staunen.

Klar, dass diese Alben natürlich schon eine deutliche Entwicklung hin zu mehr Eingängigkeit und Melodik waren und mit dem Hardcore der Anfangstage nicht mehr viel zu tun hatten, aber dennoch konnte man diese Wurzeln noch erkennen und hatte das Gefühl, dass die Band hinter ihrer Entwicklung stehen kann. 
Dann kam "Crash Love" – abgeschmackter und ideenloser kann ein Album fast nicht daherkommen. Nahezu alle Härte vermittelnden Elemente schienen gestrichen und Daveys nach wie vor sehr hohe Stimme heulte zu kitschigen Keyboardmelodien. Nein, wirklich nicht mehr mein Ding.

Wie ist jetzt "Burials" einzuordnen? Der kraftvolle, kurze Opener "The Sinking Night" (manchmal sind es gerade die kurzen Lyrictexte, die die Fantasie am meisten anregen), geht gleich über in die Hymne "I Hope You Suffer". An dieser Stelle erstmal: "Puuuuh" – die vier Jahre, die zwischen den beiden Veröffentlichungen lagen, wurden gut genutzt ...

Im thematischen Konzept, das sich wie ein roter Faden durch die Veröffentlichungen zieht und hauptsächlich Verlust, schmerzhafte Erkenntnis und den Kampf mit den eigenen Dämonen behandelt, stecken wieder die "alte" Kraft und Trotz, statt der weinerlichen Kapitulation wie beim ungeliebten Vorgängeralbum. Die elektronischen Effekte sind eher düster, die Drums treibend. Piano, Gitarren und Daveys Stimme bilden den melodischeren Gegenpart. Auch die typischen Chöre durchwirken viele Songs, die auf einer bittersüßen Ebene jede Menge Wut und Hass transportieren.

So auch in "A Deep Slow Panic", das jedoch vor allem im Refrain etwas zu glatt daherkommt und den Höreindruck nach den ersten beiden Hammern merklich absinken lässt. Obwohl auch "17 Crimes" eher in die poppigere Richtung geht, ist bei mir der "Ohrwurmnerv" getroffen und ein weiterer positiver Moment der Platte erreicht. "Heart Stops" mit seinen erdigen Gitarrenriffs erinnert mich sehr an die älteren AFI-Songs und blieb beim ersten Durchlauf hängen. In "Wild" finden sich sogar in Richtung Punk tendierende Drumparts, wobei es schade ist, dass ich das extra erwähne.

AFI findet sich auf "Burials" am meisten in den ersten und letzten beiden Tracks, denn "Anxious" und "The Face Beneath The Waves" gehen wieder sehr in Richtung altes Material, leben von Tempo- und Dynamikwechseln, ohne auf zu viele Glamoureffekte angewiesen zu sein.

Ein im Gesamten sehr gelungenes Album ist "Burials" geworden, obwohl es leider auch seine schwachen Momente hat. Mich freut es sehr, dass die Entwicklung nicht weiter in die zuvor eingeschlagene Richtung ging, sondern wieder mehr Seele in den Songs steckt. Auch der sehr persönlich geschriebene Text auf dem Beizettel zur Platte zeugt davon. Da mich die Atmosphäre der Songs wieder gepackt hat, kann sehr wohl eine Empfehlung ausgesprochen werden, obwohl ich "Neureinhörern" nach wie vor "Sing The Sorrow" ans Herz legen würde.