Geschrieben von Freitag, 30 Oktober 2009 12:43

Dare - Interview mit Sänger und Keyboarder Darren Wharton

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Mit „Arc Of The Dawn“ haben DARE, die Band von Ex- THIN LIZZY Keyboarder Darren Wharton, mal wieder ein eindrucksvolles Lebenszeichen von sich gegeben, nachdem ihre letzte Veröffentlichung fast 5 Jahre zurücklag. Klar, dass da einige Fragen angefallen sind, die Darren Wharton für uns geduldig und sehr ausführlich beantwortet. Klar auch, dass ich mich als THIN LIZZY Fan nicht nur auf Fragen zu DARE und dem neuen Album beschränke.

 

Hi Darren. Zu allererst möchte ich dir zu dem aktuellen Album „Arc Of The Dawn“ gratulieren, mit dem du bei uns 8 von 10 Punkten eingefahren hast. Euer letztes Studioalbum „Beneath The Shining Water“ ist von 2004. Warum hat es letztendlich fast fünf Jahre gedauert, bis ihr mit einem neuen Album herausgekommen seid?

Also, eigentlich hat es ja gar nicht fünf Jahre gedauert, das Album fertig zu stellen. Nach dem Release von „Beneath The Shining Water“ ist ja schon eine Menge Zeit für die Promotion draufgegangen. Insgesamt habe ich fast zwei Jahre damit verbracht, Radio Interviews zu geben, Gigs zu spielen und das Album so gut wie möglich vorzustellen. Danach habe ich mir eine Auszeit genommen, da ich ja nicht nur Sänger und Keyboarder bin, sondern auch noch alle Songs selber schreibe und die Scheibe auch selber produziere. Das ist alles sehr intensiv, und man muss ein bisschen Abstand haben, um mit einem neuen Album loszulegen. In Wahrheit hat es also nur knapp zwei Jahre gedauert, „Arc Of The Dawn“ zu veröffentlichen, was unter den gerade erklärten Umständen ja wirklich nicht schlecht ist.

Wenn du „Arc Of The Dawn“ mit den vorherigen Veröffentlichen von DARE vergleichst, wo liegt deiner Meinung nach der größte Unterschied?

Wir hören eigentlich immer auf unsere Fans, die diesmal wieder etwas mehr Gitarren im Mix haben wollten. Also habe ich die Keyboards auf ein Minimum zurück geschraubt, ohne den speziellen DARE Sound dabei zu vernachlässigen. Wir haben unser Ziel erreicht, und ich habe es sehr genossen, mit unserem Gitarristen Richie Dews an den neuen Songs zu arbeiten. Für mich ist es sehr wichtig, dass trotz aller Änderungen ein DARE Album auch unverwechselbar nach DARE klingt. Auch wenn „Arc Of The Dawn“ heavier und erdiger klingt als „Beneath The Shining Water“, ist es doch ganz eindeutig ein DARE Album. Außerdem glaube ich, dass die neuen Songs überaus live-tauglich sind.

Ich habe DARE das erste Mal 1989 als Support von EUROPE gesehen, und seit dem warte ich darauf, dass du dich endlich dazu hinreißen lässt, einen THIN LIZZY Song zu covern. Warum hast dich gerade für „Emerald“ entschieden?

„Emerald“ war und ist immer noch einer meiner liebsten THIN LIZZY Songs. Ich habe den Song so viele Male mit THIN LIZZY live gespielt, dass ich ihn eigentlich auch gar nicht als eine Coverversion ansehe. Als wir für die erste THIN LIZZY Reunion probten, habe ich Scott Gorham (Lead Gitarrist von THIN LIZZY) diese Version von „Emerald“ vorgespielt, und er mochte sie wirklich sehr. Wir haben sie damals als Demo eingespielt und uns entschlossen, sie irgendwann mal zu veröffentlichen. Leider war Scott immer sehr beschäftigt mit Lizzy und es nie dazu gekommen. Während der Aufnahmen zum aktuellen Album habe ich mich entschlossen, diese Version zu verwenden. Alles was ich dazu sagen kann ist, dass dieser Song ein Tribute an den genialen Songwriter Phil Lynott und an THIN LIZZY darstellt. Gleichzeitig soll er aber auch ein „Thank You“ für viele wundervolle Jahre mit THIN LIZZY sein.

Was war denn der Grund dafür, dass du den Song komplett umarrangiert hast? Im Original ist er ja eher ein traditioneller, schneller Hard Rock Song, du hast aber das Tempo erheblich herausgenommen, so dass der Song teilweise fast balladesk klingt, was mir persönlich verdammt gut gefällt.

Ich würde niemals das Original eins zu eins kopieren, dafür ist der Song einfach zu verdammt gut. Außerdem kann ihn in der ursprünglichen Version niemand so genial singen wie Phil. Also habe ich versucht, den Song so zu interpretieren, als wäre es ein DARE Song. Die keltischen Elemente passen perfekt zur Melodie und ergänzen sich optimal mit den Streichern und den akustischen Gitarren. Ich finde diese Version weißt so große Unterschiede zum Original auf, dass man sie fast gar nicht miteinander vergleichen sollte. Live haben wir „Emerald“ schon so oft gespielt, zum Beispiel beim Sweden Rock und bei der Statue-Enthüllung von Phil in Dublin, und er kam jedes Mal extrem gut beim Publikum an. Also hab ich mir gesagt, warum soll ich ihn nicht für „Arc Of The Dawn“ verwenden.

Als erste Single-Auskopplung hast du dich für einen anderen Coversong entschieden, nämlich für „The Flame“ von CHEAP TRICK. Wenn ich mir deine vorherige Antwort durch den Kopf gehen lasse, stellt sich mir die Frage, warum du dann nicht „Emerald“ ausgewählt hast?

„The Flame“ war schon immer einer meiner Lieblingstracks. Ich habe „Whiskey In The Jar“ von METALLICA gehört und fand die Version brillant. BON JOVI haben „The Boys Are Back In Town“ gecovert, auch die Version fand ich klasse. Für mich stellte sich nicht die Frage, warum ich nicht einen THIN LIZZY Song gewählt habe, sondern eher die Tatsache, dass ich eine Hit Single haben wollte, und „The Flame“ war zu seiner Zeit ein großer Hit. Wenn wir damit nur halb so viel Erfolg haben wie CHEAP TRICK seiner Zeit, würde es DARE vor allem in Europa einen mächtige Schub verpassen, den wir auch verdammt gut gebrauchen könnten. Mit einem Hit im Gepäck kannst du ausgiebiger touren, erreichst mehr Publikum. Es würde uns sozusagen auf das nächste Level hieven, also hab ich gedacht, es ist auf alle Fälle einen Versuch wert.

Auf „Arc Of The Dawn“ habt ihr auch mehr oder weniger selbst gecovert, denn mit „King Of Spades“ ist ein Song vertreten, den ihr auf eurem Debütalbum „Out Of The Silence“ hattet. Wie kam es dazu? Ich möchte doch wetten, dass du genug Ideen für neue Songs hattest.

In dem Zusammenhang musst du natürlich berücksichtigen, dass unser Debütalbum „Out Of The Silence“ fast 20 Jahre auf dem Buckel hat und es tausende DARE Fans gibt, welche die älteren Songs einfach gar nicht kennen. „King Of Spades“ ist ein großartiger Song, und ich wollte MySpace, Facebook und den Downloadplattformen zum Trotz diesen Song auch unseren jüngeren Fans vorstellen und näher bringen. Ganz nebenbei singe ich den Song heutzutage wesentlich besser als vor 20 Jahren. Wenn du David Coverdale fragst, warum er „Here I Go Again“ neu eingespielt hat, möchte ich fast wetten, dass er dir eine ähnliche Antwort geben würde. Und sieh mal, was der Song WHITESNAKE für einen Schub verpasst hat. Außerdem ist „King Of Spades“, wie du sicherlich weißt, ein Tribute Song für Phil Lynott gewesen, und Phil wäre dieses Jahr 60 Jahre alt geworden, womit der Song sich ja förmlich aufgedrängt hat.

Deine Songs sind größtenteils sehr emotional gehalten. Würdest du dich selber als einen emotionalen Menschen beschreiben? Alleine deine Beschreibungen von Phil Lynott lassen eigentlich schon darauf schließen.

Ja, absolut. Ich denke die meisten Songwriter sind das, auch wenn es die Lyrics nicht immer hergeben. Für mich ist es der schwerste und wichtigste Teil des Songwritings, denn ich versuche immer, Texte zu verfassen hinter denen ich auch zu 100 Prozent stehen kann. Andernfalls würde das für mich keinen Sinn machen. Lyrics müssen einen realistischen Hintergrund haben und die Fans erreichen. Leider ist der Druck auf die Bands heutzutage so groß, sie müssen immer lauter, heavier und härter spielen. Ich bin noch durch die alte Schule des Songwritings gegangen, die darauf basiert, dass die Lyrics das Herzstück eines Songs sind. Ich weiß, dass Phil das bei THIN LIZZY genauso gesehen hat, und ich habe vom ersten Album an mit DARE denselben Weg eingeschlagen.

Was kommt denn bei dir beim Songwriting zuerst - die Lyrics, die Melodie des Refrains oder die Musik?

Das kann bei mir in jeder beliebigen Reihenfolge passieren. Manchmal habe ich eine tolle Melodie im Ohr, manchmal geistert mir ein Refrain oder eine Textpassage durch den Kopf. Es gibt da für mich keine Gesetze, der Schlüssel für einen guten Song ist die Inspiration. Das kann schon mal eine ziemliche Qual sein, wenn man zum Beispiel einen tollen Text hat, aber es will einem partout keine passende Melodie dazu einfallen.

Wie lange hast du allein für das Songwriting für „Arc Of The Dawn“ gebraucht?

Wie ich bereits eingangs gesagt habe, wir haben von Anfang bis Ende ca. 2 Jahre gebraucht. Songs entstehen entweder durch alte Ideen, die man neu aufgreift und bearbeitet. Manchmal hat man viele Fragmente, die man wie ein Puzzle zusammenfügt. Und erst, wenn man alle teile zusammengesetzt hat, entsteht das fertige Bild. Schwer wird es dann, wenn dir nur ein paar kleine Teile fehlen und du das Bild nicht fertig stellen kannst. Inspiration spielt dabei eine ganz große Rolle, denn manchmal jagen diese Ideen an dir vorbei wie der Wind, der durch die Bäume fegt, und manchmal starren sie dir direkt ins Gesicht und du siehst sie nicht.

Bevorzugst du es, die Songs alleine zu schreiben, oder bringen deine Bandmitglieder auch ihre Ideen mit ein, zum Beispiel bei den Proben?

Dieser Tage schreibe ich die Songs ehrlich gesagt meistens alleine, was aber hauptsächlich daran liegt, dass alle Bandmitglieder über das UK verstreut leben und wir gar nicht in den Genuss kommen, allzu oft im Proberaum zusammen zu spielen. Richie oder Vinny schicken mir schon mal ein paar Riffs per Email zu, wenn sie meinen, daraus könnte etwas entstehen.
Spontane Ideen konnten wir früher zusammen im Proberaum ausarbeiten, als wir noch alle mehr oder weniger nah zusammen wohnten. So ist das Leben eben.

Wann hast du angefangen Musik zu machen, und was war der „Kick Off“ dazu? War das Piano das erste Instrument, auf dem du Musik gespielt hast?

Ich habe mit vier Jahren angefangen, Musik zu machen, und zwar auf dem Piano meines Vaters. Im Schlafzimmer habe ich dann Chopin und Beethoven spielen gelernt. Klar, Rock’n Roll ist das nicht gerade, aber ich war ja auch erst vier und wir hatten nur ein Instrument, nämlich dieses alte Piano. Mit zwölf Jahren habe ich dann ein Keyboard bekommen, und damit fing die Musik wirklich an, interessant zu werden.

Hast du schon in einer Band gespielt, bevor du zu THIN LIZZY gekommen bist?

Ja, ich habe in einer Schulband gespielt. Meinen ersten professionellen Gig absolvierte ich mit 16 Jahren, indem wir Coversongs in einem Nightclub spielten. Fünf Abende in der Woche, das hat wirklich sehr viel Spaß gemacht. (lacht)

Und wie ist es dann dazu gekommen, dass du Mitglied bei THIN LIZZY wurdest, einer der begnadetsten Hard Rock Band dieser Zeit?


Ich habe in Deno’s Nightclub in Manchester gespielt, und zufällig war ein Freund von Phil Lynott anwesend. Weil er wusste dass die Band nach dem Weggang von Gary Moore einen Keyboarder suchte, hat er sofort das Management der Band angerufen und einen Vorspieltermin für mich arrangiert. Am nächsten Tag saß ich im Zug nach London.

Und wann hast du dann Phil das erste Mal getroffen? Wie war dein erster Eindruck von ihm?

Es war genau auf dieser Audition, dass ich Phil und Scott das erste Mal zu Gesicht bekam. Beide waren ganz tolle Typen. Mit Scott bin ich erstmal in den nächsten Pub gegangen, und wir haben ein paar Pints zusammen getrunken. Als wir wieder im Studio waren, bat mich Phil die Bass Parts des Songs „Chinatown“ auf dem Keyboard zu spielen. Das war so was von leicht, und ich dachte schon, das war es jetzt für mich. Aber die beiden schienen sehr beeindruckt gewesen zu sein. Als Phil mich dann noch fragte, welches mein Lieblingsclub im Fußball wäre und ich „United“ antwortete, hatte ich den Job.

Das letzte Mal, dass du mit THIN LIZZY gespielt hast, war während der „One Night Only“-Tour, oder? Warum ist es danach nie wieder dazu gekommen, dass du mit LIZZY auf der Bühne gestanden hast?

Nun, das ist nicht so ganz korrekt. Ich habe die Europa Tour noch mit zu Ende gespielt und mich dann wieder um mein aktuelles DARE Album „Belief“ gekümmert. Nach Weihnachten wollten die Jungens noch mal durch Nordamerika touren. Für ganze zwölf Wochen. Diese Tour sollte ich auch noch spielen, ich habe mich aber dann dafür entschlossen, „Belief“ fertig zu stellen.

Ich habe gelesen, dass du mit Scott Gorham regelmäßig in Kontakt stehst. Hast du eine Ahnung, warum John Sykes die Brocken bei THIN LIZZY hingeschmissen hat? Und denkst du, dass es mal wieder die Chance gibt, dich mit der Band live zu sehen - vielleicht mit Gary Moore am Mikro und der Gitarre?

Ja, ich telefoniere mehr oder weniger regelmäßig mit Scott, weiß aber auch keine näheren Details. Wer weiß schon, was die Zukunft in Bezug auf THIN LIZZY bringt? Alles kann passieren, aber es liegt auch alles in Scotts Hand. Warten wir es einfach mal ab.

Welche Songs sind die fünf wichtigsten, an denen du beteiligt warst? Und warum gerade diese?

„Angel Of Death“ – Der erste Song, den ich zusammen mit Phil für THIN LIZZY geschrieben habe.

„The Sun Goes Down“ – Ein weiterer Song, den ich mit Phil zusammen geschrieben habe und der mich immer sehr an seinen Tod erinnert.

„Silent Thunder“ – Mein absoluter Lieblingssong von DARE

„King Of Spades“ – Mein Tribute-Song für Phil

“Circles” – Vom aktuellen DARE Album “Arc Of The Dawn”, weil mein Sohn Paris Gitarre darauf spielt. Tolles Solo von ihm.

Wenn du auf deine bisherige Karriere zurückblickst, welcher Gig bleibt für dich der unvergesslichste?


Mal abgesehen von allen Gigs mit THIN LIZZY bleibt mir der Auftritt mit DARE beim Sweden Rock Festival 2008 am heftigsten im Gedächtnis hängen. Wir waren Headliner auf unserer Bühne und spielten vor 10.000 Fans. Brian „Robo“ Robertson kam zu uns auf die Bühne und wir spielten „Rosalie“ zusammen. Was für ein Spaß.

Planst du schon eine „Arc Of The Dawn“-Tour mit einem Abstecher nach Deutschland? Es wäre schön, euch mal wieder live in unseren Breiten zu sehen.

Ja, wir haben tatsächlich eine Tour in Planung. Der erste Gig wird in München stattfinden. Alle weiteren Termine werde ich auf http://www.myspace.com/daredarrnwharton bekannt geben.

Darren, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, so ausführlich auf meine Fragen zu antworten. Und entschuldige bitte, dass ich so viel zu THIN LIZZY wissen wollte, aber ich habe ja nicht so oft die Gelegenheit, ein Mitglied oder ehemaliges Mitglied dieser Band zu befragen. Hast du noch ein paar letzte Worte für unsere Leser?

Ich hoffe sehr, dass ihr das neue Album „Arc Of The Dawn“ mögt und alle zu unseren Shows in Deutschland kommt. Cheers!