Geschrieben von Montag, 19 März 2007 16:48

Caliban, Bleeding Through, All Shall Perish & I Killed The Prom Queen - Freiburg / Crash

Caliban
16.03.07 - Ein launiger Freitag läutete den Abend ein, während wir uns vor dem bedeutenden Schuppen in Bahnhofsnähe tümmelten und langsam nach und nach das wohlbekannte Innere erblickten. Etwas lächeln musste ich bei den ganzen Scheiteln, Haarreifen und geschminkten Augen, die sich um uns herum zur Schau stellten - bei aller Toleranz - trotzdem irgendwie. Dennoch: Ein Haufen Bekannter war da und ich war guter Dinge, dass es trotz der umstrittenen Gastgeber ein schöner Abend werden könnte.

I KILLED THE PROM QUEEN machten den Anfang. Ehrlich gesagt hatte ich mir wohl etwas mehr von der Band versprochen. Ob es an ihrem neuen Sänger lag, dass ich sie einfach nur als nett wahrnahm, weiß ich nicht. Irgendwo zwischen brutalem, gnadenlosen Sperrfeuer und wütendem Geschrei tauchten zwar ganz nette Melodien auf, und der Auftritt war auch insgesamt gelungen, doch machte das permanente Gestreite im Publikum die Stimmung etwas madig.
Zum einen versuchten die harten Halbstarken den Rest des Publikums fernzuhalten, um ungestört ihre Kampfsporttricks vorzuführen, was die sich natürlich nicht gefallen lassen wollten, und zum anderen gab es ständig Streit, wer wen wie mutwillig angerempelt oder getreten haben mag. Kopfschüttelnd, etwas genervt und mit verschränkten Armen zog ich ein langes Gesicht und war so nicht in der Lage, die dreißig Minuten in vollem Maße zu genießen.

Bei ALL SHALL PERISH kamen nun weitere Scherereien dazu. Obwohl Bewegung und Enthusiasmus blühten, spürte ich nicht viel von guter Stimmung. Die Band unterstützte das recht rücksichtslose Tanzen und feuerte an, es weiter möglichst "real" zu halten. Nachdem ich alleine während ihres Auftritts dreimal handfeste Reibereien zwischen Besuchern erlebt hatte, konnte ich auch diesen Auftritt nicht wirklich genießen.
Musikalisch sprach mich die Band jedoch ziemlich an. Unfassbar schnell, brutal und hart verteilten sie akustische Rundumschläge. Das Geschrei war hoch, chaotisch und messerscharf, während die Instrumente sich hier und da zu schönen Rhythmusspielereien hinreißen ließen. Die Oaklander ernteten aber keine Sympathiepunkte bei mir, wenn es um die Ansagen ging. Infantiles Diskriminieren von Rauchern, unbehagliche Machoallüren und ein durch und durch arrogantes Auftreten schmälerten meine Bewunderung.

Ring frei für die hoch gelobten BLEEDING THROUGH. Warum die Band eher spurlos an mir vorbeigegangen ist, offenbarte sich auch schon in den ersten Stücken. Austauschbar und langweilig trällerte der klare Gesang zwischen dem Geschrei. Selbst wenn sie die erste Band der Welt gewesen wären, die diesen Stil geprägt hätten, so wäre es doch immer noch nichts Bewegendes, und in einer Zeit, in der man mit vergleichbarem - nein, sogar identischem - meterdick zugehäuft wird, schenkt man irgendwann dem Durchschnitt nicht mehr allzu viel Beachtung.
Sicherlich verstanden sie ihr Handwerk und der Klang war, gemessen an den ungünstigen Vorraussetzungen und den beiden vorhergegangenen Bands, auch echt gut gemischt, doch konnte mich die Musik einfach nicht mitreißen. Auch die verzerrten Grimassen der Keyboarderin, die irgendwie versucht hatte mitzusingen, steckten mich nun nicht in dem Maße an, wie sie es vielleicht beabsichtigte. Eben diese Keyboarderin hatte keinen allzu tragenden musikalischen Job, war aber vielleicht der Grund, warum es immer voll war. Die Resonanz war insgesamt, wie bereits bei den anderen Bands, eigentlich gut, doch entbrannten zwei, drei Meter vor mir erneut Auseinandersetzungen über Tanzstile.

Um mein etwas merkwürdiges Verhältnis zu CALIBAN zu beleuchten, bedarf es vielleicht einer Erklärung. Wen das nicht die Bohne interessiert, kann einfach den kommenden Absatz überspringen.
Vor etwa einem Jahr habe ich die Band an einem Montagabend im französischen Colmar gesehen, zwar war ich auch nicht wegen ihnen da, aber ich habe mir die Band eben noch angesehen, obwohl ich die auf ihren Alben schon nicht so umwerfend fand. An eben diesem Abend waren inklusive der immerhin vier oder fünf Bands, Roadies, Türstehern, Barkeepern und Besucher etwa sechzig oder achtzig Leute da. Die Stimmung war zwar wesentlich besser als an diesem Freitag, doch hatte ich mit der Musik bereits einige Probleme. Ganz besonders der zweite, klare Gesang brachte sowohl auf dem Album, im WDR-Rockpalast, bei dem besagten Konzert in Frankreich als auch an diesem Freitag meine Nerven zum Quietschen. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich im Konzertbericht damals von einer Zumutung gesprochen. Die Beziehung war also etwas vorbelastet.



Gefielen mir beim letzten Mal noch einige Songs, wie "Love Taken Away" oder "My Little Secret" noch einigermaßen, so enttäuschte mich die Band diesmal wirklich. Nennenswerte Höhepunkte gab es im Set kaum. Andererseits überraschte es mich irgendwie überhaupt nicht, dass es anscheinend neun von zehn Besuchern anders sahen.
In schwarzem Hemd, schwarzer Hose, schwarzen "Eastpak"-Schweißbändern und mit schwarz geschminkten Augen hüpfte so also Bill auf der Bühne, während Tom dem Mikrophon und vor allem meinen Ohren furchtbare, akustische Höllenqualen bereitete. Zwar ist der Witz und das dazugehörige, oben zu sehende Bild nun auch schon etwas älter, aber auf irgendeine Art und Weise ja wieder so treffend, dass sogar die Band selber in ihren Ansagen das Klischee aufgreift.
Die Akkorde waren solide und das Schlagzeug auch wirklich vorzeigbar, doch war der dominierende, wütende und geschrieene Gesang ausbaufähig; der klare, emotionale hingegen meiner Meinung nach nicht mehr zu retten. Wem das gefällt: Bitte sehr.

Etwa zwanzig Minuten vor Schluss verdrückten wir uns dann aber doch und ließen die an sich zufriedene Menge weiter ihre "Circle-Pits", "Walls Of Death", "Tripple-Spin-Kicks" und "Double-Windmills" zusammenturnen. Vielleicht sollte man beim nächsten Mal einen Spaten mitbringen. Nicht, dass es davon dort nicht schon genug gab, nein. Damit könnte man mal die Wurzeln dieser inzwischen widerlich intoleranten, oberflächlichen Szenen ans Tageslicht bringen und vielleicht einiges richtig stellen. Vielleicht.

Fazit: Es gab Schlimmeres, aber beim Rennen um das Konzert des Jahres wird dieser Abend wohl keine Chance haben. Zwei Bands waren oberes Mittelmaß und zwei unteres Mittelmaß. Nach Adam Riese macht das einen mittelmäßigen Abend.

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