Geschrieben von Samstag, 02 Oktober 2004 23:37

Carnal Forge & Pro-Pain - Köln / Underground

Köln ist eine Konzerthochburg. Dementsprechend wurde es sechs Wochen nach meinem Umzug an den Rhein auch allerhöchste Zeit für Live-Gebange in Kölle, schließlich beginnt im September obligatorisch die Konzertsaison. Von dem wuchtigen Package aus Mindstab, Disturb, Carnal Forge und Pro Pain im gemütlichen Underground versprach ich mir einen netten Einstand für die echten Highlights, die im Herbst noch kommen werden. 

Zu relaxt verpasste ich aber erstmal die Newcomerband Mindstab. Schade, denn der emotionale Hardcore mit Deftones-Flair, den ich durch zwei Tracks vor dem Konzert zu Ohren bekam, gefiel mir eigentlich ganz gut. Also in den Biergarten gesetzt, Kippe geraucht, abgewartet. Aber mit den schlechten Nachrichten war es noch nicht vorbei, Disturb (nicht zu verwechseln mit Disturbed!) hatten abgesagt. Das bedeutet meistens, dass in aller Panik eine unsägliche Vertreterband aus dem Umkreis zu ertragen ist. In diesem Fall waren es Redrum Inc., die zum Glück einen passablen Gig hinlegten. Zu der Mischung aus Biohazard, Pro-Pain und Crowbar zeigte sich das Publikum noch relativ schüchtern, was einem wahnwitzigem Rollstuhlfahrer die Gelegenheit bot, die frei Tanzfläche zum ab"gehen" zu nutzen. Best legless moshing ever! 

Nach kurzer Umbaupause bestieg noch eine Band die Bretter, die nicht auf den Plakaten stand: Postmortum ...oder so ähnlich. Den Namen hatte ich vorher schon mal gehört, wusste dennoch nicht, was mich erwarten würde. Jetzt weiß ich es: Schredder-Thrash Metal. Das Publikum wusste beim Sänger, der durch seine Mischung aus dürrem Skaterboy, Thrash Metal-Shouter und tief gegurgelten aber lustigen Black Metal-Ansagen auffiel, nicht so recht, ob es lachen, applaudieren oder angenervt den Saal verlassen sollten. Ich blieb, ohne Regung. 

Jetzt wurde es aber endlich Zeit für ein anderes Kaliber. Kaliber ist gut, denn Carnal Forge schießen Thrash Metal Kanonen aus der Hüfte, das einem Angst und Bange wurde. Ultrahart, megaschnell, technisch einwandfrei und extrem präzise knallte das Material der letzten fünf Alben - mit Schwerpunkt auf den letzten beiden - vor den Latz der beigeisterten Meute. Langhaarige ließen genüsslich die Matte schwingen. Als wäre so ein Orkan im kleinen Underground das normalste der Welt, fragte die Band nach dem zweiten Song schon: "Do you like to hear a fast song?". Ja, her damit! Es folgen rasende Wüter wie "My Suicide" oder "Decades Of Despair" vom neuen Album "Aren't You Dead Yet?". Von der Aggressivität der Songs so zum Staunen gebracht, fiel mir anfangs kaum auf, dass Carnal Forge einen neuen Sänger haben. Nun gut, der Kerl klingt fast genauso wie sein Vorgänger, aber hat eine ganz andere Hautfarbe und trägt die Matte gerne in Rasta-Ausführung. Der neue Berserker heißt Jens und spielte vorher bei Slapdash und Revolver. Bei letzterer Band saß Antek von Such A Surge am Schlagzeug. Kein Wunder also, dass dieser mit seinen Bandmates Michel und Lutz dem Stimmgewitter seines Ex-Kollegen lauschte. Antek verriet mir vor dem Carnal Forge Auftritt, dass die kommende Such A Surge Platte wieder richtig hart werden würde. Yes, Carnal Forge sind genau die richtige Inspiration! Etwa zehn Songs lang gab es ausnahmslos auf's Maul, schön tight und spielfreudig durchgezogen. Besonders geil war die Aufteilung der Vocals, bei denen der Schlagzeuger die herrlich tiefen Grunzer übernahm. Astrein! 

Im Anschluss schafften es Pro-Pain die lockere Stimmung noch weiter auszubauen. Die kahlen Jungs (mit Ausnahme des Drummers) aus New York City zeigten sich super gut gelaunt, waren für jeden Applaus dankbar, animierten die Fans zum sich-selber-abfeiern und preisten das gute, alte Kölsch. Besonders Sänger Gary Meskil zeigte, dass in jedem Pfund seines beleibten Körpers ein Stück Sympathie steckte. So war es auch keine Kunst mehr, bei herzhaftem Sound, alten und neuen NYCH-Groovehammer das Publikum in dynamische Bewegungen zu versetzen. Mosh or be moshed! Neben altbewährtem wie  "Life's Hard" oder "Don't Kill Youself To Live" waren es vor allem die Songs vom neuen Album, die mich am meisten ummöbelten, da diese mit herrlicher Presslufthammer-Doublebass boxen. Ach ja, wenn man Pro-Pain live so sieht, merkt man, dass das bisherige Schaffen der Metalcoreler (im ursprünglichen Sinne) ganz und gar nicht eintönig und stumpf ist. Es macht einfach Spaß, den Jungs zuzusehen, wie sie ein pumpendes Riff nach dem anderen rausdrücken. Gute Arbeit! Zu meiner Überraschung forderten die Fans im Zugabenteil noch das Böhse Onkelz-Cover "Terpentin". Pro Pain wussten Anfangs nicht so recht, ob das überhaupt Ernst gemeint war. Etwas verlegen willigten die Jungs dann aber ein. Schnell noch die Basslinie gelernt und ab dafür. Da mir die Onkelz ziemlich schnuppe sind, juckte mich dieser kurze Ausflug in unverständlich gesungene deutsche Texte auch nicht weiter. Definitiv ein gutes Aufwärmen für die nächsten Konzerte!