Blind Myself - Ancient Scream Therapy

Review

Stil (Spielzeit): Metal/Hardcore/Noise (39:58)
Label/Vertrieb (VÖ): Tiefdruck-Musik (30.03.07)
Bewertung: 9/10

Link: www.blindmyself.com

Wenn der ungarische Dampfhammer zuschlägt, bleibt kaum ein Stein auf dem anderen – und die Rede ist hier weder von einem Preisboxer, noch von einer x-beliebigen Hinterzimmercombo, sondern es geht um die vier Jungs von BLIND MYSELF, die ihr neues Album "Ancient Scream Therapy" am 30. März 2007 erstmals auch in Deutschland veröffentlichen.

Erfahrung haben die Ungarn bereits zur Genüge auf dem Buckel: Nach der Gründung 1995 folgt ein Jahr später das erste Demo "Blind Yourself", 1997 mit "Horrified By The Sun" das zweite. Diesen Titel trägt auch die 1998 selbstveröffentlichte EP, welche neben einer Videorotation zum Titeltrack die Tür zu Warner Music Hungary / 1G Records öffnet. Das Labeldebüt "Heaven’t" auf 1G Records mit dem zweiten Video "Kain" folgt 1999, und auch live geht jetzt richtig die Post ab:

2000 auf Headliner-Tour, spielen BLIND MYSELF danach in den USA als erste Ungarische Metal- Band überhaupt, vorab auf der Tour mit IGNITE, dem Showcases folgen, welche die Band schlussendlich für drei Jahre in New York sesshaft werden lassen. Auf zwei ausverkaufte Touren durch Ungarn folgt 2002 das zweite Album "Product Of Our Imagination" (1G Records) und BLIND MYSELF spielen im Vorprogramm von SLAYER sowie weitere Festival- und Clubshows, bevor die Jungs 2003 wieder in ihre Heimat zurückziehen und sich unter anderem die Mainstage des Ungarischen Wanted Festivals mit SEPULTURA teilen. Das dritte Album "Worst Case Scenario" mit gleichnamigem Video erscheint 2004 über Edge/Hammer Records, knallt in der Fachpresse (Aardschock 94/100, Metal Hammer Ungarn 9/10) und ebnet den Weg zu Ungarns Hauptfestivals, bevor 2005 nahezu ununterbrochen durch Europa wie auch Südamerika getourt wird . – Gekrönt mit dem Hungarian Metal Award als beste Live Band 2005 und Airplay des neuen Videos "Wise-Men Of The West" im Landesfernsehen.

2006 werden Tiefdruck-Musik auf die Band aufmerksam, schalten von 0 auf 100 und lassen die neue, vierte Scheibe "Ancient Scream Therapy" im März 2007 auf den deutschsprachigen Markt los – ein Brett von Musik, bei dem die Saat aus langjähriger Band-Erfahrung, handwerklichem Können und Ideenreichtum in einer prächtigen Mixtur aus modernem Metal, Hardcore und Noise aufgeht. In Ungarn punktet "Ancient Scream Therapy" auf Platz eins der Hammer-Magazin-Charts, wieder gibt’s ein Video ("Go, Get A Life!"), und erneut stehen ausgiebige Touren durch Ost- und Westeuropa an (darunter ein Auftritt mit SICK OF IT ALL beim Ungarischen Sziget Festival).

“This album is […] about finding ourselves: shouting and screaming at the top of our lungs to get rid of the fears we have...” (Sänger Gergely Tóth)

Wer "Ancient Scream Therapy" auch nur ein halbes Ohr schenkt, wird schnell merken, dass BLIND MYSELF alles andere als eine Schubladenband ist. Wälzt sich der Opener "Wax" noch in ungestümen Eruptionen der Marke MASTODON vorwärts, so fräst sich "Lost In Time" (mit IGNITE-Sänger Zoli Teglas) vor allem durch den melodischen Refrain ins Ohr, bevor es bei "Go Get A Life!" mit einer wilden Mixtur aus Riffkaskaden und Hardcore-Shouts weitergeht. BLIND MYSELF spannen einen weiten Bogen von hart zu herzlich, halten das Energie-und Spannungslevel stets am Limit und bleiben trotz brachialer Noise-Schlagseite stets zugänglich und nachvollziehbar. So überrascht ein Song wie "The Buried Alive Exercise" mit trügerischer Ruhe und epischer Dramaturgie, weiblichem Gesang und Chor-Passagen (unterstützt vom Mitgliedern des Budapest Academy Choir), bevor im Refrain die Welle aus dissonanten Riffs und Geschrei über einem zusammenschlägt.

Kein Song, der auf "Ancient Scream Therapy" mit anderen Bands des Genres problemlos abzugleichen wäre. Denkt man im ersten Moment vielleicht an MASTODON, CONVERGE oder ISIS, kommen einem im nächsten Augenblick Parallelen zu MESHUGGAH, IGNITE oder MISERY LOVES CO. in den Sinn, nur um wenig später wieder andere Assoziationen hervorzurufen.

Zehn Titel voller Tiefgründigkeit, Abwechslung und bildhafter Aussagekraft formen hier ein Album, das nicht nur die eigene Persönlichkeit der Band zutage treten lässt ("Sólyomszemmel" wird auf Ungarisch gesungen), sondern in seiner musikalischen Vielfalt Grenzen sprengt. BLIND MYSELF spielen auf hauseigenem Territorium, und das macht ihnen in dieser Form so schnell keiner nach. 

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Anmerkung in eigener Sache: Bevor es böse Kommentare von Schreiber-Kollegen hagelt, ich hätte hier lediglich die offizielle Platten-Info kopiert: Völlig richtig, und zwar wortwörtlich. Es sei mir gestattet, denn eben diese Info stammt aus meiner Feder - geschrieben aus echter Überzeugung für Tiefdruck-Musik, einfach weil es sich ergab und ich denke, dass Ihr Euch diese fette Scheibe nicht entgehen lassen solltet.

Chris

Als Kind der 90er liebe ich Grunge und Alternative Rock, meine bevorzugten Genres sind jedoch Death, Groove, Dark und Thrash Metal. Ich kann Musik und Künstler schwer voneinander trennen und halte Szene-Polizisten für das Letzte, was Musik braucht. Cool, dass Du vorbeischaust!