Gwyllion - The Edge of all I Know Tipp


gwyllion-the-edge-of-all-i-know

Stil (Spielzeit): Melodic / Power / Symphonic Metal (52:08)
Label/Vertrieb (VÖ): Black Bards Entertainment (03.04.09)
Bewertung: 8,5 / 10


Link: www.gwyllion.com

Bombastisch-fantastisches Cover, bombastisch-symphonisches Intro; und damit wird man ganz gut aufs Wesentliche eingestimmt: Melodischer Power Metal trifft auf „Female fronted symphonic Metal".

Und das Zweitwerk des belgischen Familienunternehmens [drei Mann hören auf den Namen Debonnet (g., key., dr.)] bereichert das Metier. Erst mal kompositorisch; normalerweise zwingt die unerträgliche Seichtigkeit des Genres den Rezensenten ja seine Arbeit bei Lautstärke 1 zu verrichten. Was sollen bloß die Nachbarn denken? - Natürlich vergehen sich auch GWYLLION mal an Tri-True-Tralala-Melodiechen. Und träufeln Einem als unrühmlichen Ausklang die unvermeidbare Ballade ins Ohr.
Aber dagegen stehen auch viele gute Linien, die nicht schon beim erstmaligen Hören apathisch mitgepfiffen werden.
Eingängig, aber nicht banal. Schön, aber nicht (zu) schmalzig. Und vor allem: die Jungs an den Metal Instrumenten lassen es (für's Genre) auch mal richtig knacken. Und weil der Mann an den Tasten Einen nicht mit absonderlichen Modulationen und Pseudo-Klassik nervt, (wenn klassisch, dann richtig) sondern tatsächlich einen atmosphärischen Teppich ausbreitet, auf dem die Gitarren, mal speedig, mal Mid-Tempo, tatsächlich noch nach Metal ohne Weichspüler klingen können. Ergo sind GWYLLION tatsächlich auch etwas für Männer und nicht nur für Kinder und tätowierte Buchhalterinnen. - Weil obendrein geile Folk-Harmonien in das metallisch-symphonische Gerüst eingelassen sind, haben vielleicht außer mir noch andere Anhänger des Hörner-Metals ihren Spaß.

Echte Männer fragen natürlich auch nach der Technik. Und die ist zweifelsfrei grenzwertig. Glasklar und voll auf den Punkt. Alles kommt hart, konturiert und folglich sehr modern und etwas klinisch. Aber das muss hier wohl so sein. Notwendig, um allen Instrumentalisten den Spielraum zu geben, individuell zu glänzen während sie mannschaftsdienlich rocken. Bei einem Sextett sollte es nun mal anders klingen als bei VENOM oder DARKTHRONE. Dass gerade die Drums heftig nachbearbeitet sind, ja nu...?!
Darum geht mal ein Kompliment an Jens Bogren, der u.a. schon KATATONIA, OPETH und AMON ARMARTH individuell und passend gemischt hat.

All das ist aber nur die Hälfte. Die andere Hälfte von GWYLLIONs Vorzügen heißt Annelore Vantomme und ist schlichtweg hinreißend. Schade eigentlich, dass sie die Band nach den Aufnahmen verlassen hat; das hat gut gepasst. Sie ist nicht die erwartete Sopran-Elfe. Vielmehr: nicht nur. Sie hat ein extremes Spektrum drauf, das sich hören lassen kann: Sie muss sich nicht hinter Turunen verstecken (grandios z.B. bei „Roots of Reality"), erinnert gelegentlich an Sharon den Adel und agiert obendrein als kraftvolle Rock-Röhre, im Stil der Damen, die hin und wieder den Background bei EVERGREY übernehmen.

Diese vokale Vielfalt verleiht GWYLLION nicht nur zusätzliche Klasse, sondern auch Glaubwürdigkeit. Als Symphoniker wie als Metaller. Ob die schon gefundene Nachfolgerin, Ann Van Rooy, gegen Annelore ansingen kann, bleibt abzuwarten.

Fazit: eigentlich nicht meine Fachrichtung, kann das Genre bei mir maximal 6 Punkte einfahren. Die Klasse der Band: kompositorisch, instrumental & gesanglich aber zwingt mir die Abnahme der Scheuklappen auf... 8,5 Punkte.