Geschrieben von Donnerstag, 25 August 2011 00:00

Summer Breeze 2011 - Der Festivalbericht

SummerBreeze_2011

Am Mittwochmorgen besteige ich den Bummelzug aus dem Südwesten Deutschlands, um nach Dinkelsbühl zu fahren. Um neun Uhr morgens wird man auf der Schienenfahrt sofort von Gleichgesinnten empfangen, alle freuen sich auf das bevorstehende Wochenende beim SUMMER BREEZE OPEN AIR, und der erste Gerstensaft wird zusammen genossen. Auch wenn vor Ort in der mittäglichen Sommerhitze hunderte Fans auf die Shuttlebusse warten, es läuft alles reibungslos und kaum jemand stört sich, wenn er oder sie ein bisschen warten muss.

Mittwoch

Das Camp ist gefunden, die Zelte und der Grill aufgebaut, und so verbringe ich den Nachmittag noch nicht vor den Bühnen. Als ich mich zu SCAR SYMMETRY aufmache, muss ich erkennen, dass diese Idee noch andere haben und die Wartezeit am Eingang des Festivalgeländes fast eine Stunde beträgt.
Da mittwochs nur die Party Stage geöffnet ist, ist natürlich die Hölle los, und so bekomme ich nur die letzten drei Songs der Schweden von weiter hinten mit. Auch mit zwei Sängern können die Jungs überzeugen und hauen zum Abschluss nach „Retaliator" noch das für modernen Death Metal schmissige Stück „Illusionist" raus.

Nun wird es etwas traditioneller, denn DESTRUCTION riffen zum Angriff. Schon seit über 25 Jahren hämmert das Trio seinen Thrash kompromisslos in die Welt hinaus. Schmier ist super drauf, prostet allen zu und hat ganz clever drei Mikros aufgestellt, so dass er auf der Bühne die Position wechseln kann und überall die Möglichkeit hat, die Massen anzuschreien. Mit einer gemischten Setlist aus verschiedenen Abschnitten der Bandgeschichte rocken die Süddeutschen Urgesteine das Zelt und haben Spaß dabei.

Anschließend entern Peter (oder Piotr) mit seinen polnischen Mannen die Bretter. VADER spielen auf zum gemeinsamen Moshen. Brutal gut und gut brutal knüppeln sie sich durch ihren Backkatalog, so dass kaum Zeit zum Luftholen bleibt. Entweder ich habe vorher nicht gut aufgepasst, oder es segeln auch ein paar mehr Crowdsurfer durch die Gegend. Als das Licht ausgeht und nur noch Regen zu hören ist, verstehen das einige Leute falsch und verlassen das Zelt. Doch Pustekuchen, zunächst kommt der Coversong „Black Sabbath" von denselbigen und dann erst wird SLAYER gehuldigt mit dem obligatorischen „Raining Blood". Das haben dann wohl einige verpasst...
Ein schöner Abend eröffnet mit alten Haudegen das Summer Breeze 2011, so dass man zufrieden nach ein paar weiteren gemütlichen Bieren in den Schlafsack kriechen kann.

Donnerstag


Nachdem sich alle von Blitz und Donner erholt haben, geht alles seinen gewohnten Gang – zum Beispiel zum Dixi. Dummerweise kommt mir heute Ethanol verschiedener Art in die Quere, so dass ich einige Bands verpasse, die mich sehr interessiert hättten.
Als ich mich Richtung Bühnen begebe, bricht schon die Dunkelheit herein. Als erstes werfe ich mich in den Moshpit von DECAPITATED. Wieder einmal wird technisches Geballer vom Feinsten serviert, auch wenn die Gesamtzahl der Besucher das Zelt nicht gerade aus den Nähten platzen lässt.
Nach dieser heftigen Dreiviertelstunde benötigt der Körper Erholung und einen großen leckeren Chickenburger. Währenddessen höre ich mir von vor dem Zelt die Jungs von HACKENEYED mit einem Ohr an. Mit ihrem mittlerweile dritten Album im Gepäck ziehen die Burschen, die quasi um die Ecke wohnen, einige Leute an. Von der Seite sehe ich, dass ordentlich die Matten kreisen und manche sich hüpfend verknoten, so dass man davon ausgehen kann, dass hier alles passt.

Frisch gestärkt trete ich die kleine Wanderung zu der Hauptbühne an, wo IN EXTREMO gerade „Küss mich" zum Besten geben. Dann wandern alle ab, denn ein großer Teil dieses Publikums gehört wohl eher nicht zu Anhängern nordischer Panzerfahrer. Mancher meinte, IN EXTREMO hätten viele schiefe Töne gespielt, ich selbst kann dazu nichts sagen.
Nun wird's schwarz und kriegerisch – MARDUK rollen an. Es kommt Material vom aktuellen „Wormwood-Album", sowie natürlich „Panzer Division Marduk" und älterer Stoff. Dass zwischen jedem Song die Bühne kurz in einer Farbe gehalten still steht, sorgt teilweise ein bisschen für Längen in der Show. Doch Mortuus ist für Black Metal-Verhältnisse relativ gesprächig, und so gelingt das brachiale Trommelfeuer, das zufriedene Gesichter hinterlässt.
Auf dem Rückweg schaue ich noch kurz bei der Party Stage vorbei, da ich mich vergewissern will, dass Emperor Magus Caligula tatsächlich wieder da ist. Letztes Jahr sagt er noch „Tschüss" bei DARK FUNERAL, um zu heiraten und die Prioritäten woanders zu setzen. Letzteres heißt dann wohl WITCHERY. Ein bisschen lustig sieht es schon aus, wenn die Band in Jeans und T-Shirt spielt, während Caligula in vollem Lederoutfit mit Corpsepaint auftritt. Doch nach zwei Songs des leicht angeschwärzten Thrash-Metals, der ziemlich laut serviert wird, begebe ich mich Richtung Schlafstätte.

Zwischenbemerkung: Am frühen Freitagmorgen zieht ein saftiges Gewitter über das ganze Gebiet, was ich daran merke, dass der Pavillon der Nachbarn auf meinem Zelt liegt und es beängstigend eng wird. Riesige Schäden gibt es zum Glück nicht, und für dauerhafte Abkühlung sorgt der Wetterclown auch nicht wirklich. Somit gibt es kurzzeitig ein bisschen mehr Schlamm und die Party geht weiter.

Freitag


Nach einem leckeren Frühstück aus der Dose gehe ich um die Mittagszeit shoppen und freue mich in der brütenden Hitze auf SKELETONWITCH. Die bärtigen Männer freuen sich auch unheimlich und hauen mit viel Spielfreude ihre Knüppelei in Kurzform heraus – will heißen: die harten, kurzen Thrash-Black-Death-Stücke sind einfach flott und knackig. Die Bande hätte mehr Fans und eine spätere Uhrzeit verdient. Beim weiteren Shoppen begleiten mich noch ein paar Harmonien von KALMAH, die nach Aussage von Freunden nett gespielt haben, aber nichts aufregend Besonderes geboten haben.

Am Spätnachmittag zieht es mich wieder vor die Bühne, da ENSLAVED angesagt sind. Der Eröffnungssong „Ethica Odini" ist auch der Opener des aktuellen Albums und ganz schön lang. Insgesamt liefern die Norweger eine ordentliche Show ab, ohne viele Sperenzchen. Jedoch nehmen die progressiven, langsamen Songs um diese Uhrzeit die Spannung etwas heraus, da man noch Energie in sich hat.
Die Energie wird als nächstes bei J.B.O. zumindest zum Teil verpulvert, die just an diesem Freitag ihr neues „Killeralbum" veröffentlicht haben. Auch wenn mancher die rosa Truppe als alberne Pseudo-Metaller abtut, einige tausend Menschen sehen das anders. Ein rosa Fähnchen-Meer beweist, dass Hannes, Vito und Kollegen wissen, wie man Party macht – auch auf der Main Stage. Lustige Ansagen, ein „Glaubensbekenntnis" für die Metal-Gemeinde und ein paar Luftballons sorgen für eine echt rosa Stimmung.

Anschließend drehe sich alle um ein paar Grad und waren gespannt auf TURISAS, die ebenfalls Garant für eine Riesenparty sind. Zwar weisen die Finnen erst drei Alben auf, womit sie aber genug haben, um ein klasse Spektakel hinzulegen. Schick angemalt, mit einer neuen hübschen Quetschkommoden-Frau, die sich sichtlich wohl auf der Bühne fühlt, bringt die Band mit ihrem Hymnen-Metal alles zum Tanzen. Einzig die Lautstärke dürfte ein bisschen mehr sein, was auf der Pain Stage mehrmals vorkommt – bei diesem Konzert allerdings der einzige minimale Wermutstropfen ist.

Die Stunde verfliegt wie im Flug, so dass plötzlich schon BOLT THROWER auf der Bühne stehen. Von einem nahe gelegenen Bierstand verfolge ich den traditionellen Death Metal, um ein bisschen Luft zu holen. Die Briten könnte man mit einem Wort beschreiben: klassisch. So rocken die Old-Schooler ordentlich die Bude, die Haare fliegen und ohne viel Federlesens ziehen sie ihr Programm durch.
Da treten auch schon AMORPHIS zum Kampf an. Die Finnen bauen mit ihren melodischen Songs eine nette Atmosphäre auf lassen ihren Frontmann auch mal den Grunzer heraushängen. Auch hier ist der Sound deutlich zu leise, und trotz der Abwechslung in den Songs wirkt es insgesamt fast ein wenig eintönig. Vielleicht brauche ich auch einfach nur mehr Schwung.

Den bieten nun auf besondere Art und Weise HAMMERFALL. Posen gehört zum kitschigen Power Metal dazu, und das können die Schweden prima. Doch der Mann am Mikro trägt doch manchmal etwas arg auf mit der Selbstüberzeugtheit, wenn er sich an die Anfangstage anno 1997 erinnert und HAMMERFALL deshalb als „old school" bezeichnet. Lassen wir manche Sprüche beiseite, kann man bei den Nordmännern aber prima feiern zu Hits wie „Renegade" oder „Hearts Of Fire" – egal, ob man die Sache ernst nimmt oder einfach aus Spaß am Blödsinn mitmacht.

KATAKLYSM kommen auch aus dem Norden, aber aus dem amerikanischen, genauer Kanada. Saustark ist ihr Auftritt, der Moshpit kocht trotz nächtlicher Frische und kaum jemand kann seinen Kopf ruhig halten. Doch auch wenn dieser Auftritt genial und anstrengend ist, möchte ich wenigstens noch kurz bei einer parallel spielenden anderen Band ins Zelt schauen.
So löse ich mich schweren Herzens nach einer halben Stunde von dem brachialen Death Metal, der alles in Grund und Boden knüppelt, und gehe zu den verrückten POWERWOLF. „Entschuldigung, dies ist ein Lied nur für die Männer. Wer hatte heute Morgen eine Latte? Hey, da hat sich ne Frau gemeldet. Also, nochmal..." Als ich ankomme, darf ich gleich mitsingen bei „Resurrection by Erection" und bin gleich mittendrin. Attila zelebriert eine Power-Metal-Messe erster Sahne, alles rockt und grölt. Gut, dass ich wenigstens die letzten drei Songs dieser Priester-Wolfs-Feierlichkeit mitbekommen habe.
Zum Abschluss gibt's dann noch EINHERJER. Hübsche Melodien, die nicht immer alltäglich sind, können leider nur bedingt anregende Vibes aufbauen. So ist die musikalische Darbietung der Norweger gut, aber längst nicht immer mitreißend. Damit fällt es auch nicht schwer, bald ins eigene Zelt zu fallen.

Samstag


Frisch gestärkt von einer klassischen Festival-Mahlzeit, spaziere ich abermals durch die Reihen von Merchandise-Ständen und gehe am frühen Nachmittag zu SMOKE BLOW. Die deutschen Hardcore Punker ziehen in der glühenden Hitze nicht viele Leute an, nehmen sich selbst aber auch nicht ernst. „Oh, das Lied kennt jemand? Dann ist es ja gar nicht so peinlich für uns – denn eigentlich gehören wir nicht hierher." Trotzdem gibt es hier flotten Arschtritt-Punk mit zwei Sängern, der Spaß macht.

Später, am frühen Abend, gehe ich zielstrebig Richtung Party Stage, um einen vorderen Platz bei OBSCURA zu ergattern. Die schlicht schwarz gekleideten Jungs kommen super sympathisch rüber und metzeln in einer Selbstverständlichkeit ihre komplizierten Songs nieder, dass es eine Freude ist. Der neue Bassist hat sich gut integriert, Hannes kloppt tight und technisch sein Drumkit zusammen und die Flitzefinger begeistern unter anderem mit „Septuagint", „Anticosmic Overload" und „Incarnated" – einer Hommage an DEATH.

Anstatt mir die hübsche TARJA anzugucken, werde ich überredet, bei THE OCEAN zu bleiben. Die Jungs tanzen zum Teil wie die Berserker – erstaunlich, dass da die Instrumente am Mann bleiben. Hier darf man auch erleben, wie der Sänger vom Bühnengerüst heruntersingt und die Meute anfeuert, die durchaus ihren Spaß hat. Ab und zu sind die Songs fast zu komplex, um abrocken zu können, aber es werden immer wieder Kopfschüttel-Parts angeboten, so dass jeder auf seine Kosten kommt.
Und dann geht erneut die Tür auf und TÝR kommen herein. (Verzeiht, aber der Spruch musste sein.) Die Burschen von den Färöer-Inseln werden begeistert empfangen, auch wenn das Zelt längst nicht voll ist. Der teilweise balladeske melodische Metal lässt nicht wenige das Tanzbein schwingen.

Kräftig gemosht wird anschließend eher wieder bei GOD DETHRONED, die eine ordentliche Show abliefern. Doch ich schaue mir das harte Geprügel nur von der Seite an, da die Kräfte langsam schwinden.
VOMITORY sind mir jetzt doch zu anstrengend. So latsche ich doch spontan noch aus dem Zelt hinaus, so dass ich rechtzeitig zu den Hauptbühnen komme und den Weißkopfseeadler von PRIMORDIAL von weitem erkennen kann. Die Iren präsentieren ihre schöne, harte Melancholie stimmungsvoll im Mondschein, so dass manchem hart gesottenen Kuttenträger ganz warm ums Herz wird.

Eigentlich könnte dies ein schöner Abschluss sein – aber auf der Party Stage spielen ja noch MOONSORROW. Schnellen Schrittes wandere ich zu den Finnen, die ebenso eine klasse Atmosphäre aufbauen, um ihre langen Songs in die Nacht hinauszuschmettern. Der Abgang der Band wird genial inszeniert, als der eine Gitarrist seine Gitarre vor den Verstärker stellt und der Rückkopplungs-Lärm nur von langsamer werdendem Getrommel begleitet wird, bis jedes Bandmitglied verschwunden ist.
Ein schönes Ende eines schönen Festivaltages.

Fazit: Zum Schluss möchte ich mich bei den Orga-Leuten, der Security und so weiter bedanken, denn das SUMMER BREEZE 2011 ist trotz seiner mittlerweile beachtlichen Größe ein gelungenes Festival gewesen. Die Bands haben gezeigt, wie viel Spaß es ihnen gemacht hat, indem sie eine prima Show zeigten und das Publikum feierte mit. 
Bei manchen Konzerten auf der Pain Stage hätte der Sound ruhig lauter sein dürfen und das Mineralwasser (0,4l) hätte auch ein bisschen günstiger als drei Euro sein können. Angeblich gab es einen Stand, an dem es billiger war, aber ich persönlich habe es sowieso nicht gebraucht. Alles in allem kann ich nur weiter empfehlen: Lasst euch die Sommer-Brise auch nächstes Jahr durchs Ohr wehen!

Fotos © BurnYourEars / Manuel Kiefer

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