My Dying Bride - The Ghost Of Orion Tipp

My Dying Bride - The Ghost Of Orion

Es hat sich einiges getan bei MY DYING BRIDE. Und einiges davon hätte die Veröffentlichung des 14. Albums „The Ghost Of Orion“ verhindern können: Gitarrist und Gründungsmitglied Calvin Robertshaw steigt (wieder) aus. Drummer Shaun Taylor-Steels verlässt die Band ebenfalls. Und Sänger Aaron Stainthorpe nimmt sich eine lange Auszeit mit ungewissem Ausgang, als seine kleine Tochter an Krebs erkrankt.

Der Tochter geht es zum Glück wieder gut und auch sonst hat man sich gefunden – sonst wäre dieses Review ob fehlenden Albums überflüssig. Die Besetzung ist komplett, der Gesang gesungen und noch dazu hat das jahrzehntelange Zugpferd von Peaceville erstmals in 30 Jahren ein neues Label – MY DYING BRIDE sind jetzt bei Nuclear Blast.

Typischer MY DYING BRIDE-Sound, aber ohne harte Kanten

Und wie klingt jetzt „The Ghost Of Orion“? Auffallend eingängig ist das Album. Die Briten behalten ihren typischen, genreprägenden Doom-Sound mit den wunderschön melancholischen Gitarrenmelodien und den die Songs umspielenden Geigenläufen. Sie schreiben lange Songs, deren zehn Minuten keine Sekunde zu lang sind. Aber sie verzichten auf harte Kanten im Songwriting und fahren im Vergleich zum Vorgänger „Feel The Misery“ den Death-Metal-Anteil runter. Die Stücke sind luftig arrangiert, die Melodien tragen und kommen bestmöglich zur Geltung.

„The Ghost Of Orion“: Melodiöses Geflecht der Trauer

Stainthorpe streut zwar wieder ein paar Growls ein, singt aber meistens mit dieser einzigartig klagenden Stimme, die ein weiteres melodiöses Element im Geflecht der Trauer ist. Neu sind chorartige Passagen, in denen seine Stimme sich in mehrfachen Lagen selbst ergänzt. Gänsehaut!

Ein weiteres Experiment ist die Kooperation mit Lindy-Fay Hella. Die Stimme der WARDRUNA-Sängerin umgeistert in „The Solace“ ganz allein die Gitarre von Andrew Craighan. Das sind folkige Momente weit weg von Fiddle-Kitsch, die MY DYING BRIDE gut stehen. Und auch wenn „The Solace“ der einzige Song ist, der stilistisch heraussticht, hat das Album seine Highlights: Das eingängige, doch todtraurige „Tired Of Tears“ oder das finstere „The Long Black Land“.

Ein Meilenstein wie „The Angel And The Dark River“?

In seiner ruhigen, hochmelodiösen Melancholie erinnert „The Ghost Of Orion“ sehr an „The Angel And The Dark River“. Das dritte Album war 1995 ein Meilenstein in der Biografie von MY DYING BRIDE. Album Nummer 14 hat 25 Jahre später ebenfalls das Potenzial dazu.