Whalerider - Thanatos Tipp

Whalerider - Thanatos

Kurz vor Jahresende kommt dieses Schätzchen bei mir an: „Thanatos“, das Debüt von WHALERIDER, einer Band, die wohl nicht nur mir bisher unbekannt war. Sondern auch vielen anderen, die nicht gerade in der Region um Mannheim leben und dort die ersten Live-Lebenszeichen sehen konnten. Ohne Label-Unterstützung haben WHALERIDER eine beeindruckende Scheibe produziert – nicht nur, weil sie professionell klingt, was allein ja noch kein positives Merkmal sein muss. „Thanatos“ ist aber zusätzlich ein eigenständig und zeitlos klingendes Werk mit künstlerischer Tiefe, in das man, passend zu den Assoziationen, die der Bandname weckt, wunderbar eintauchen kann.


Den Sound in ein Genre zu schieben, fällt schwer. Alternative Rock passt auf jeden Fall, allerdings rockt die Musik härter als vieles, was sonst diesen Stempel bekommt. WHALERIDER sind klar auch im Grunge verwurzelt, das hört man an den fetten SOUNDGARDEN-Riffs und am Gesang, der sich nicht hardrockig-knödelig in den Vordergrund drängt, sondern dunkel und klar klingt und gleichberechtigt neben den Instrumenten steht. Zugleich hört man Sludge- und Stoner-Anleihen, und in den langen, nicht unvertrackten Kompositionen auch ein bisschen Prog.

Um so etwas zu beschreiben, steht heutzutage vor allem, was nicht hundertprozentig retro klingt, die Silbe „post“. Die könnte man auch für WHALERIDER bemühen, denn das Album fließt in beständigem Strom, schwillt ab und an, ohne den Flow zu verlieren. Die dicken Passagen haben eine faszinierende Sogwirkung, einen entspannten Groove, den man bei einer Tasse Tee auf der Couch genauso gut genießen kann wie in einer schwitzenden Menge vor der Bühne (maßgeblich verantwortlich: die oberamtlich super spielende Rhythmus-Basis der Band). Die dünnen Passagen hingegen nehmen sich so stark zurück, verlieren sich so beinahe in klarem Geklimper und mehrstimmig geflochtenem Gesang, dass man schon an RADIOHEAD denken kann. Das walzen WHALERIDER zu überlangen Stücken aus, und doch ist keine Sekunde auf „Thanatos“ überflüssiges Beiwerk. Stattdessen hat diese Art zu komponieren den wunderschönen und seltenen Effekt, dass das Album als Gesamtwerk erscheint, obwohl die Songs auch für sich funktionieren. Meine Highlights: „Feed My Affection“ und das düster schleppende „Found A Lie“.

Eigentlich gebe ich für ein Debütalbum nicht gern die Höchstnote – weil ich immer davon ausgehen möchte, dass das zweite Werk noch besser wird und ich dann nicht wüsste, was ich machen soll. Angesichts dieses Albums, wo bis hin zur geschmackvollen Digipak-Verpackung einfach alles gelungen ist, gehe ich dieses Risiko aber gern ein. „Thanatos“ gibt es für ein paar Euros auf der Bandcamp-Seite von WHALERIDER zu kaufen. Noch Fragen?

Helge

Death Metal, Thrash Metal, Black Metal: immer gerne. Kann ich den ganzen Tag hören. Die störrische Art, unpolitisch sein zu wollen, nervt mich aber an der Metalszene – dabei ist doch alles politisch, auch Schweigen. Für Musik mit Haltung zieht es mich immer wieder zum Punk, vor allem zu melodischem US-Punk und Riot-Grrrl-Sound. Gleichzeitig habe ich einen sweet spot für 80er-Hair-Metal und für vieles, was mich in den 90ern musikalisch sozialisiert hat.

Bands

Amorphis, Amyl And The Sniffers, Bad Religion, Brutus, Cinderella, Dool, Entombed, Gggolddd, Gorefest, Grave, Guns n' Roses, Hail Spirit Noir, Iron Maiden, King Buffalo, Megadeth, Mötley Crüe, My Dying Bride, Obituary, Prong, Sodom, Solbrud, Spectral Wound, The Great Old Ones, Valborg, War On Women, White Ward, ZZ Top, ...

Prägende Alben

AC/DC - Let There Be Rock
Aerosmith - live! Bootleg
Amorphis - Tales From The Thousand Lakes
Bad Religion - Suffer
Benediction - Transcend The Rubicon
Bruce Springsteen - Nebraska
Death - The Sound Of Perseverance
Don Dokken - Up From The Ashes
Eloy - Inside
Genesis - Trespass
Grave - You'll Never See
Guns n' Roses - Use Your Illusion I & II
Kyuss - Welcome To Sky Valley
Megadeth - Rust In Peace
My Dying Bride - The Angel And The Dark River
Ramones - Loco live
Sepultura - Arise
Sodom - Agent Orange
Tankard - Two-faced
Tool - Aenima
...

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