Geschrieben von Dienstag, 04 Januar 2011 00:00

'Global Metal' - Die Reise geht weiter


Global

Nach "Metal – A Headbanger's Journey" veröffentlichte der kanadische Kulturanthropologe und Vollblut-Metalhead Sam Dunn 2008 seinen zweiten Dokumentarfilm "Global Metal".


Die Geschichte beginnt dort, wo die erste Reise endete: Auf dem Wacken Open Air, inmitten einer Horde schreiender, bangender, glückseliger Fans aus aller Herren Länder. Aber wie – fragt sich Sam auf diesem Norddeutschen Acker stehend – hat sich Heavy Metal eigentlich verbreitet? Und welche Bedeutung hat er in verschiedenen Ländern?

Um das herauszufinden, steigt er ins nächstbeste Flugzeug und begibt sich auf eine einzigartige Forschungsreise. Sie führt ihn von Brasilien, Japan, Indien und China nach Indonesien, Israel und schließlich in die Vereinigten Arabischen Emirate.

In jedem Land spricht Sam mit verschiedenen Vertretern der Szene. So kommen Stars wie Max Cavalera von SEPULTURA (Brasilien) oder Kobi Farhi von ORPHANED LAND (Israel) zu Wort, aber auch hierzulande weitgehend unbekannte japanische und indische Metalbands geben bereitwillig Interviews. Am spannendsten für mich waren aber die Gespräche mit den Fans. Schier unglaublich kam es mir manchmal vor, was diese zu berichten hatten. So erzählt ein Junge aus Dubai davon, dass er schon einmal verhaftet wurde, weil er auf offener Straße ein SLAYER-Shirt und lange Haare trug. Ein anderer, aus Indien, berichtet, dass Rock- und Metalkonzerte generell verboten sind. Und in China, so heisst es,  sei es nicht einmal möglich, Bandshirts oder CDs zu kaufen.

Tja, und ich dachte vor ein paar Jahren zu meiner Gothiczeit, dass es in Deutschland Mut erfordert, sich optisch von der Masse abzuheben. Lächerlich, wenn man bedenkt, dass Menschen an anderen Orten dieses Planeten bereit sind, für ihre musikalische Überzeugung ins Gefängnis zu gehen.
Viele der im Film behandelten Länder stehen noch komplett am Anfang des Metal-Zeitalters. Einige sind musikalisch geradezu von der Außenwelt abgeschnitten. Umso spannender, wie sich das Genre dort entwickelt und welche Ideen und Instrumente von den jungen Wilden in die Musik eingebaut werden.

"Global Metal" hat mich sehr beeindruckt. Sam Dunn schafft es mal wieder, sein Publikum von der ersten bis zur letzten Sekunde in seinen Bann zu ziehen. Er berichtet authentisch und mit Weitblick, so wie er es bereits bei "Metal – A Headbanger's Joruney" getan hat. Es ist nicht Sam selbst, sondern es sind die Fans, die immer wieder erzählen, wie wichtig Ihnen Metal ist. Wie viel Unabhängigkeit und Stärke ihnen die Musik gibt. Dass sie sich verstanden fühlen und endlich ihre Aggressionen auf einem positiven Weg an die Oberfläche tragen können. Sie sehnen sich nach Freiheit. Gedanklich als auch körperlich, und genau das ist Heavy Metal für sie.

Gerne hätte ich mich noch weiter von Sam mitnehmen lassen. Auch bis nach Afrika oder in die Arktis. Aber wahrscheinlich gibt es hier noch nicht allzu viel zu berichten. Und wenn es irgendwann so weit sein sollte und ein Eskimo in seinem Iglu zur Stromgitarre greift, bin ich mir sicher, dass Sam als Erster davon Wind bekommt und einen dritten Teil seiner Metal-Geschichte veröffentlicht.