Silvertomb - Edge Of Existence

Silvertomb - Edge Of Existence

"Edge Of Existence" ist ein solider Brocken, der mir anfangs allerdings etwas quer im Magen lag. Gewöhnungsbedürftig ist der Gesang – Kenny Hickey, immerhin schon Mitte 50, bewegt sich auf diesem Debüt meist in hohen Lagen und presst die Töne. Zusammen mit der tiefschwarzen Atmosphäre der Songs ergibt das nicht immer die stimmigste Kombination.

Das Songwriting ist abwechslungsreich, aber es brauchte auch diesbezüglich einige Durchläufe, um zu zünden: Der fast durchgehend angestrengte Gesang in Kombination mit tonnenschweren Doom-Riffs, psychedelischen Orgeln, klagenden Soli, Dissonanzen und wenigen unerwarteten Dur-Tupfern erzeugte bei mir ein wiederkehrendes Gefühl der Unbehaglichkeit ... als würde eine Katze gegen den Strich gestreichelt. Die positive Seite dabei: "Edge Of Existence" ist ein Album mit Charakter, das echte Emotionen transportiert und offensichtlich auch hervorrufen kann – weichgespült geht anders.

Düster und vielschichtig – im Sinne von Pete Steele

Die düstere Stimmung der Songs resultiert zum Großteil sicherlich aus dem kathartischen Bewältigungsansatz des Sängers und Gitarristen, wie im Infoblatt beschrieben: "SILVERTOMBs Debütalbum handelt von Kenny Hickeys persönlichen Kämpfen mit Sucht, Liebe und Selbstmord, dem Tod seines Sängers und Frontmannes Peter Steele im Jahr 2010 und der anschließenden Auflösung von TYPE O NEGATIVE." Ja, traurig alles.

Neben aller Ungeschliffenheit finden sich erhabene Momente – der getragene Refrain von "Love You Without No Lies“, in dem Hickey wie Chris Cornell zu „Superunknown“-Zeiten klingt. Oder „So True“, das beste Beispiel für dynamisches Songwriting, wie es einst Pete Steele zur Perfektion gebracht hat (Schicht um Schicht wird hinzugefügt, bis nichts mehr hinzupasst) und das Hickey sich ein Stück weit abschaute, wie er in einem Interview erzählte:

„So True“ beginnt mit Streichern und Klavier, dessen traurige Melodie von Gitarrendissonanzen brutal zerlegt wird. Stampfende Riffs und Schreigesang folgen – und anschließend erhebt sich aus Akkord-Kanonaden ein elegischer Refrain mit feinem Bass und leisem Trommelwirbel. Das ist Malen mit Noten und Pomp im Sinne von TYPE O NEGATIVE, die Musterformel, die SILVERTOMB hin und wieder anwenden, aber (noch) keinesfalls zur Vollendung bringen.

"Edge Of Existence“ ist widerborstig, dunkel, massiv und dann immer wieder auch fragil. Kennys hoher, rauer Gesang setzt einen starken Kontrast mit Widerhaken – und passte für mich besser auf "Heaven Is Gone", den großartigen, zugänglicheren Longplayer der SILVERTOMB-Vorgängerband SEVENTH VOID. An deren deutlich rockigere Attitüde knüpft hier vor allem „Waiting“ an, ein Song mit grungigem Classic-Rock-Vibe, der einen ungewohnt positiv entlässt. Aus einem Album, das ansonsten nicht gerade leicht verdaulich, die intensivere Beschäftigung aber allemal wert ist.

"Edge Of Existence" Album Tracklist:

  1. Insomnia / Sunrise
  2. Love You Without No Lies
  3. So True
  4. Not Your Savior
  5. One Of You
  6. Right Of Passage / Crossing Over
  7. Eulogy / Requiem
  8. Sleeping On Nails And Whine
  9. Waiting

SILVERTOMB Band

SILVERTOMB sind Kenny Hickey (TYPE O NEGATIVE, SEVENTH VOID), Johnny Kelly (TYPE O NEGATIVE, DANZIG, A PALE HORSE NAMED DEATH) und Hank Hell (SEVENTH VOID, INHUMAN). Diesmal schließen sie sich mit dem New Yorker Hardcore-Veteranen Joseph James (AGNOSTIC FRONT, INHUMAN) an der Gitarre und Aaron Joos (AWAKEN THE SHADOW, EMPYREON) an den Keys, Gitarre und Background-Gesang, zusammen.