Direkt zum Jahresbeginn 2014 kommen ICED EARTH mit ihrem elften Studioalbum um die Ecke. "Plagues Of Babylon" ist das zweite Album mit Sänger Stu Block, der die riesigen Fußstapfen seines geliebten Vorgängers Matt Barlow tatsächlich ausfüllen kann. Der Verbleib des Sängers ist schon mal eine reife Leistung, denn ICED EARTH-typisch muss man mal wieder mit zwei Wechseln im Lineup leben: Drummer Brent Smedley und Bassist Freddy Vidales haben ihre Posten geräumt, für sie sind Jon Dette und Luke Appleton neu an Bord. Am Sound der Metal-Institution aus Florida hat sich indes nicht viel geändert.
Wenn man als Hörer auf die Stakkato-Riffs von Jon Schaffer und den typischen Mix aus Power Metal, ein wenig Thrash, Epos und Dramatik verzichten müsste, würde allerdings auch etwas schief laufen. Wie viele andere Bands haben auch ICED EARTH eine klar definierte musikalischen Linie, die auch auf “Plagues Of Babylon” verfolgt wird. Im Vergleich zum Vorgänger “Dystopia”, der die Thematik nur am Rande streifte, ist der Anteil an Songs zur “Something Wicked”-Story auf dem neuen Silberling bedeutend höher. Gleich die ersten sechs Nummern (und damit die Hälfte der Tracklist) befassen sich mit Schaffers mittlerweile schwer nachzuvollziehender Geschichte, die eigentlich beendet schien. Passend dazu schleichen sich z,B. im wuchtigen Titeltrack auch abgewandelte Melodien ein, die einem bereits auf “Somethwing Wicked This Way Comes”, “Faming Armageddon” oder “Crucible Of Man” begegnet sind. Tracks wie “Demonicide”, bei dem allerdings das überlange Intro nervt, zeigen ICED EARTH von ihrer schnellen Seite, während sich die Amerikaner bei “Resistance” oder “The End” (sehr eingängiger Chorus mit den typischen IE-Gitarrenharmonien) hauptsächlich im Midtempo-Bereich bewegen.
Die Reihe an Songs, die nichts mehr mit der “Something Wicked”-Storyline zu tun haben, wird von “If I Could See You” eröffnet - einer Halbballade in der Tradition von “I Died For You” mit verdächtig ähnlichem Aufbau. Trotz der starken Parallelen gefällt die Nummer mit einem herausragenden Stu Block und dezent eingesetzten Akustikgitarren sehr gut. Ebenso das mystische “Cthulhu”, das auch auf “Horror Show” eine gute Figur abgegeben hätte. Mit “Spirit Of Times” hat sich Jon Schaffer mal eben selbst gecovert (der Song stammt von seinem Nebenprojekt SONS OF LIBERTY), und zum Schluss erlebt der Hörer mit dem Cover des Country-Songs “Highwayman” mit den Gästen Russell Allen (SYMPHONY X) und Michael Poulsen (VOLBEAT) noch eine kurzweilige Überraschung.
Die wuchtige Produktion ist nicht mehr so klinisch wie auf manch einem Album vor “Plagues Of Babylon”, die Leistungen der Musiker wie gewohnt über jeden Zweifel erhaben. Den Vergleich zum Vorgänger “Dystopia” verliert die neue Scheibe aber aus mehreren Gründen. Zum einen macht der neue Longplayer einen leicht zerrissenen Eindruck: Hier die Songs der “Something Wicked”-Story (okay bis gut), da eine Sammlung weiterer Songs (Höhepunkt: das epische “Cthulhu”, Tiefpunkt: das nichtssagende “Peacemaker”), dort zwei Coverversionen, von denen zumindest eine (“Spirit Of The Times”) verzichtbar ist. Zum anderen scheint sich Schaffer im Songwirting vermehrt auf Midtempo-Songs zu konzentrieren, die irgendwann nur noch dahin plätschern. Etwas mehr Abwechslung, soll heißen ein, zwei schnellere Nummern mit dem gewaltigen IE-Riffing, hätten der Scheibe gut getan. Darüber hinaus sind die Melodien mit ein paar löblichen Ausnahmen recht unspektakulär.
Das alles reicht aus, um “Plagues Of Babylon” zu einem knapp sehr guten ICED EARTH-Album zu machen. Schaffer und seine Jungs sind schließlich Profis, die wissen, worauf es ankommt. Mir persönlich ist der Silberling aber etwas zu routiniert und trotz kleinerer Experimente zu sehr auf Nummer sicher , um es mit den Highlights der ICED EARTH-Diskografie aufnehmen zu können.
Chrischi
Stile: Metal und (Hard) Rock in fast allen Facetten
Bands: Metallica, Pearl Jam, Dream Theater, Iron Maiden, Nightwish ...