"Shades Of Deep Purple", "The Book Of Taliesyn" und "Deep Purple" wurden für dieses Boxset zusammengestellt, um einen umfassenden Überblick über diese frühe Bandphase zu erschaffen. Die ersten beiden Alben sind dabei jeweils im Mono und Stereo Mix enthalten und wie das selbstbetitelte Werk mit vielen Bonustracks ausgestattet. In den Jahren 1968 und 1969 waren DEEP PURPLE noch weit von dem entfernt, was der Band mit "In Rock" und "Machine Head" wenige Jahre später zu großem Ruhm verhelfen sollte. Das Songwriting von Dave Evans war bedeutend sanfter als die harten Rocknummern der Alben mit Gillan, Jon Lords Orgelspiel stand weit im Vordergrund, während Blackmores Gitarre selten brachial krachen durfte. Auch Ian Paice hielt sich zu Beginn noch zurück, ließ aber wie Blackmore und Lord erahnen, zu welchen Großtaten er fähig sein sollte.
Das unter extremem Zeitdruck eingespielte Debüt bestand zur Hälfte aus Eigenkompositionen, zur Hälfte aus Coversongs (u.a. "Help!" von den BEATLES und "Hey Joe" von JIMI HENDRIX) und stellte eine krude Mischung aus angedeutetem Rock, Progressive und viel Sixties-Pop dar. Am bekanntesten dürfte die Coverversion von "Hush" sein, die viele Jahre lang live performt wurde. "Shades Of Deep Purple" zeigt dabei das Potential der Briten, das aber nur angedeutet wurde und sich - trotz der hier enthaltenen Bonustracks - nicht unbedingt der musikalischen Qualität, sondern der historischen Bedeutung wegen im Besitz eingefleischter Fans befinden sollte. Der Zweitling "The Book Of Taliesyn" hatte schon mehr mit dem späteren PURPLE-Sound zu tun. Insbesondere das bluesige Instrumental "Wring That Neck" mit einem der ersten hörenswerten Orgel-Gitarren-Duelle, das flotte "Listen, Learn, Read On" und die Ballade "Anthem", in der Mitte ein barockes Klassik-Stück, stechen hervor. Neben eigenen Songs finden sich mit "River Deep, Mountain High", "We Can Work It Out" und Kentucky Woman" erneut Coverversionen, diesmal von IKE & TINA TURNER, wieder einmal den BEATLES und NEIL DIAMOND.
Das selbstbetitelte dritte Studioalbum ist das wohl beste und durchdachteste Werk der Mark I-Besetzung. Nicht nur, dass Blackmores Gitarren weiter im Vordergrund stehen und sich die Band neben ihrer progressiven Ader auch auf für damalige Verhältnisse recht harten Rock stützt, mit "April" findet sich zudem eine zwölfminütige Blaupause für Suiten späterer Progressive-Bands auf der Scheibe. Das von Blackmore und Lord komponierte, dreiteilige Stück zeigt mit dem Einsatz eines Kammerorchesters schon früh, in welche Richtung es Blackmore einmal mit BLACKMORE'S NIGHT verschlagen würde. Das treibende "Chasing Shadows" präsentiert einen frühen Paice in Bestform, und "Blind" sowie das traurig-schöne "Lalena", das einzige Cover (DONOVAN) auf dieser Scheibe, sind ebenfalls sehr hörenswert. Allerdings: So viel Spaß wie das Mark II-Lineup auf seinen Alben macht im Gesamten keiner der Mark I-Outputs. Historisch wertvoll sind sie aber ohne Frage.
Die Bonustracks sind reichhaltig und sollten in Form von Remixen, Single B-Seiten, alternativen Mixen und Takes jeden Fan zufrieden stellen. Leider beinhalten die Scheiben aber nur teilweise die Boni der 2000er Remasters. Apropos Remaster: Selbstverständlich sind in dieser Box alle Alben remastert. Vor allem die ersten beiden Scheiben knacken zwischendrin zwar und klingen leicht angestaubt, im Stereo Mix sind sie aber wirklich gut abgemischt. Der Mono Mix ist aus meiner Sicht zu vernachlässigen und naturgemäß nicht so kraftvoll. Das hübsch aufgemachte Boxset beinhaltet neben den Repliken der originalen Alben in stablien Pappsleeves ein dickes Booklet mit Liner Notes zur Mark I-Besetzung sowie Interviews mit Nick Simper und dem Produzenten Derek Lawrence, bietet also viel Umfang für's Geld.
Wer sich mit den Anfängen von DEEP PURPLE auseinandersetzen möchte, kommt um "Hard Road" kaum herum. Eingefleischte Anhänger der Briten sollten einen Blick auf die Tracklists werfen und überlegen, ob es ihnen die zusätzlichen Boni und verschiedenen Mixe die erneute Investition in die ersten drei Alben wert ist. Wer sich DEEP PURPLE gar nicht ohne Blackmores dominantes Gitarrenspiel und die rockige Ausrichtung der Frühsiebziger vorstellen kann, kann die Box getrost im Regal liegen lassen, da die Briten noch ein gutes Stück von der Güte ihrer späteren Klassiker entfernt waren.

Chrischi
Musik ist immer da. Sie ist ein Geschenk und wird nie vergehen. Sie ist Seelentröster, Stimmungsmacher, Runterbringer, Frustbewältigung, Freiheit und Gefühl. Und weil sie oft genug so unfassbar geil ist, sollten wir drüber reden.
Stile: Metal und (Hard) Rock in allen möglichen Facetten – von knüppelhart über symphonisch bis vertrackt und balladesk.
Bands: Metallica, Iron Maiden, Bruce Dickinson, Blind Guardian, Avantasia, Helloween, Nightwish, Ayreon, Dream Theater, Lorna Shore, Wintersun, Opeth, Foo Fighters, Pearl Jam, Linkin Park, Motörhead, AC/DC, Rammstein, Armored Saint, Night Demon, Hans Zimmer und so verflucht viele mehr ...