Riverside - Rapid Eye Movement


 



Stil (Spielzeit): Prog (55:44)

Label/Vertrieb (VÖ): InsideOut / SPV (28.09.07)

Bewertung: Beinahe-Stagnation auf hohem Niveau (8,5 / 10)

Link: www.riverside.art.pl

 
RIVERSIDE haben ein Problem, oder sogar derer zwei. Sie tragen die Namen "Out Of Myself" und "Second Life Syndrome" und sind die 2003 und 2005 erschienenen ersten beiden Teile der "Reality Dream"-Trilogie. Diese erregten völlig zurecht unter Proggern beträchtliche Aufmerksamkeit und können, ja müssen zu den besten Werken in der Schnittmenge von ProgMetal, ProgRock und Artrock gezählt werden. Seitdem sind die vier Polen die Shootingstars der Szene und wurden mit Applaus, Komplimenten und einer Tour als Vorband der großen DREAM THEATER belohnt.

Wie geht man damit um? Und wie krönt man ein für so eine junge Band nahezu größenwahnsinniges Projekt wie eine konzeptionell durchgestaltete Trilogie über den emotionalen (Alp-)Traum eines namenlosen Protagonisten?

Da die Trilogie eine künstlerische Einheit bilden sollte, waren große Änderungen des Stils von vornherein nicht zu erwarten und sind nun auch nicht eingetreten. Wieder einmal darf man dem warmen Gesang von Mariusz Duda lauschen, der ohne Kapriolen mehr Atmosphäre verbreitet als manche Prog-Heulboje beim pflichtbewusst-gepressten Abarbeiten von ach so vielen Oktaven. Zweifellos eine der charakteristischsten Stimmen unter den jüngeren Prog-Bands. Gitarrist  Piotr Grudzi?ski legt mal zartes Geklimper, dann wieder elegische Melodien oder, wenn auch fast so selten wie auf der ruhigen "Voices In My Head"-EP, wuchtiges Riffing drüber. Typisch auch wieder die spacigen, aber ebenfalls recht warm klingenden Keyboardsounds von Michael Lapaj. Piotr Kozieradzkis Drumspiel scheint eine Spur variabler und auch zurückhaltender zu sein als auf den Vorgängeralben, bei denen er häufig sehr ähnliche Figuren verwendete. Insgesamt sind die Stücke ruhiger, nachdenklicher und introvertierter als noch auf "Second Life Syndrome". "Schizophrenic Prayer", "Through the Other Side" und "Embryonic" gehen am weitestens in diese Richtung, wenn auch auf unterschiedlichen Wegen. Ersteres setzt auf zwei straight durchgezogene, versetzte Rhythmen und tribal-artige Elemente, aus denen heraus eine eigentümliche Spannung entsteht, über der der Gesang recht entrückt schwebt. "Through The Other Side" wird von Akustik-Picking und einem Keyboardsound geprägt und "Embryonic" letztlich könnte man als vergleichsweise konventionelle, wunderschöne Akustikballade bezeichnen.
Freunde der härteren Gangart werden insbesondere den Opener "Beyond The Eyelids" und das 13minütige Schlusswort "Ultimate Trip", das mit jenen Radiofetzen endet, mit denen die Trilogie bereits begann, zu schätzen wissen.

Wie hat man nun dieses Album zu bewerten? Als Ende der Trilogie sollte "Rapid Eye Movement" ja eigentlich auf die beiden großartigen Vorgänger noch eins draufsetzen. Das scheint nicht gelungen zu sein. Oder das wirklich Mitreißende ist diesmal tiefer in den Songs versteckt, so dass zumindest ich nicht ganz so hingerissen bin. Mag aber auch daran liegen, dass man bei RIVERSIDE mittlerweile mit der dargebotenen Klasse gerechnet hat. Als Erstlingswerk wäre "Rapid Eye Movement" wohl eine ähnliche Sensation wie die anderen Alben. So ist es vor allem mangels erstklassiger wuchtiger Stücke vielleicht sogar eine kleine Spur schwächer, auch wenn man ein derartiges Wort nur mit Mühe in Zusammenhang mit dieser tollen Band erwähnen kann.
Wer auf Küchengeräuschsamples im 17/13tel-Takt indonesischer AcidJazzProg-Formationen steht, könnte RIVERSIDE eine gewisse Glattheit vorwerfen, aber wer beispielsweise PORCUPINE TREE und die neueren ANATHEMA-Sachen mag, dürfte sich der Faszination der Platte (und vor allem der Trilogie insgesamt!) kaum entziehen können.

PS: Auf der mir nicht vorliegenden Special Edition sollen unter anderem ein Remix von "O2 Panic Room", das eigentlich für das Album namensgebende "Rapid Eye Movement" und eine "Lucid Dream IV" betitelte Variation des instrumentalen "Reality Dream"-Mehrteilers enthalten sein.