Geschrieben von Dienstag, 04 Januar 2011 00:00

Sodom - Interview mit Sänger Tom Angelripper zu 'In War And Pieces'

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SODOM haben mit "In War And Pieces" eines der besten Thrash-Alben 2010 veröffentlicht. Wir baten Sänger und Bassist Tom Angelripper zum Interview, und trotz leichter Erkältung und Promotion Stress meldet sich ein hörbar entspannter Tom am anderen Ende des Telefons.


Hey Tom, wie zufrieden seid ihr mit ‚In War and pieces‘ ?

Wir sind mit dem neuen Werk super zufrieden, und vor allem fahren wir endlich mal den Sound, den wir uns auch schon auf den letzten Alben gewünscht hätten. Ich will jetzt nicht sagen, dass wir großartig etwas am Songwriting geändert hätten, aber diesmal ist die Produktion etwas transparenter und druckvoller geworden. Das haben wir mit Waldemar diesmal besonders gut hinbekommen.

Das stimmt, diesmal ist der Sound irgendwie fetter.

Früher waren unsere Gitarren auch immer etwas mau, diesmal sind die richtig gut produziert. Unser Schlagzeug klingt diesmal auch nach einem Schlagzeug. Ich hasse es, wenn sich andere Bands anhören, als würden sie einen Drumcomputer benutzen oder so. Da war Waldemar auch ganz auf meiner Wellenlänge.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Wir haben uns auf einem Rockerfestival getroffen und uns gut unterhalten. Als ich angemerkt habe, dass wir eine neue Sodom-Platte machen wollen, war er ganz begeistert und wollte die gerne produzieren.

Schon irgendwelche Reaktionen von Fans bekommen?

Ja, wir hatten ja vor Erscheinen schon einen Song zum kostenlosen Reinhören online gestellt, da wurden dann größtenteils positive Kommentare gepostet. Wenn die alle auch die Scheibe kaufen, die das reingeschrieben haben... Aber darum geht es uns ja eigentlich gar nicht. Einige haben zwar auch geschrieben, dass wir nicht mehr wie früher klingen, aber das wollen wir ja auch gar nicht. Wir wollen uns nicht selber kopieren.

Das ist auch richtig so, Weiterentwicklung ist ja nichts Negatives. Und speziell bei euch fand ich es immer sehr gut, dass ihr nie irgendwelchen Trends gefolgt seid, die kurzzeitig "in" waren.

Richtig, wir haben immer versucht, uns nicht zu kopieren, aber dabei auch immer unser eigenes Ding durchzuziehen. Wir haben nie geguckt, was andere Bands so machen. Natürlich wird man immer mal so von irgendwas inspiriert, aber wir wollen, dass jeder neue Song ein besserer wird. Hier und da natürlich mehr Abwechslung. Und wir haben es irgendwie geschafft, den Spirit des 80er-Jahre-Thrash noch mit rüber zu retten. Daher ist Sodom die Band, die sich am wenigsten verändert hat im Laufe der Jahre.

Verliert man dann auch irgendwann das Interesse an Pressestimmen?

Nein, egal ist mir das nicht. Wenn die Kritik berechtigt ist, bin ich auch dabei, dann muss ich das auch fressen. Aber ansonsten berührt mich das schon eher wenig. Wenn dann Leute natürlich nicht neutral genug drangehen und Sodom schon im Vorhinein generell scheiße finden und uns dann rezensieren müssen, dann merkt man das auch. Man kann das leider nicht verhindern, aber das belastet mich nicht mehr.
Wir haben jetzt seit 28 Jahren eine feste Fangemeinde, das kann uns keiner mehr nehmen –  egal, was da kommt. Sodom war schon immer eine Band, an der sich die Geister scheiden, entweder man mag oder hasst uns, viel dazwischen gab es kaum. Und das wird sich kaum noch ändern, glaube ich.

Na ja, wer weiß, warum denn nicht? Es gibt bestimmt einige Leutchen, die einige Songs gut finden, aber ansonsten nicht viel mit euch anfangen können.

Ja, das wird wohl so sein. Aber generell gibt es nur die beiden Seiten. Und natürlich ist es umso schöner, wenn man mit einem neuen Album wieder neue Fans dazugewinnt, speziell dann natürlich jüngere. Es kommt ja nun mittlerweile auch eine neue Generation an Fans dazu.

Ihr habt jetzt wieder einen deutschen Song am Start, den „Knarrenheinz“. Wie kam es dazu?

Ganz ehrlich, wir hatten beim Proben einen Song, der keinen Text hatte, und da habe ich immer nur „Knarrenheinz“ geschrieben. Und da haben die anderen gesagt: "Fett, mach da mal einen Song drüber!", und so ist das Lied einfach zufällig entstanden. Ist kein neues „Bombenhagel“, aber gehört ja irgendwie schon fast mit dazu.

Was meinst du, warum besteht euer Publikum zum großen Teil auch aus jüngeren Leuten?

Das interessiert mich auch sehr. Und da wir ja nach Konzerten immer die Nähe zu unseren Fans suchen, habe ich dann auch schon öfter mal gefragt, warum die Sodom und anderen älteren Kram hören. Da sagen dann die meisten "mein Vadder hat euch schon gehört, und damals in den 80ern kam der richtige Metal auch auf". Viele befassen sich dann echt auch neben dem ganzen neuen Krams mit dem "historischen" Metal der 80er Jahre, um irgendwie zu erleben, wie das damals so gewesen ist. Und das ist dann schon unfassbar irgendwo. Ist irgendwie ein unfassbares Gefühl zu wissen, dass sich im Publikum die alteingesessenen Fans und die Jüngeren die Hand reichen.

Regt dich das nicht auch mal dazu an, eher Texte für die jüngere Generation zu schreiben, bzw. sich dieser Entwicklung inhaltlich anzupassen?

Nein, warum denn? Die Jugendlichen heute haben es doch auch nicht einfach. Ich schreibe immer nur über das, was mir auf den Sack geht oder was mich irgendwie berührt. Meine Texte sind ja auch generationsübergreifend. Außerdem wachsen viele Jugendliche heute irgendwie problematischer auf als damals, heute gibt es ja zum Beispiel viel weniger Jobs als damals.

Hast du denn das Gefühl, dass sich auch speziell die Jüngeren mit deinen Texten auseinander setzen?

Das ist generell eine komplizierte Frage. Ich benutze ja keine Klischeetexte, in denen Schwerter oder Drachen und sowas vorkommen. Meine Texte auseinanderzuklamüsern ist ja immer etwas komplizierter. Für mich ist ein Text aber mindestens genauso wichtig wie die Musik. Und viele kommen schon auf mich zu und fragen mich nach den inhaltlichen Themen in den Songs. Und natürlich geht es in den meisten Texten dann um Krieg und Terror und Finanzkrise, das sind halt die Themen, die mich am meisten beschäftigen. Dafür wird man von mir aber auch niemals eine politische Meinung irgendwo finden, im Endeffekt bin ich nur ein Songwriter und kein Journalist. Das will ich mir auch nicht anmaßen, da ich auch nicht wirklich Verbesserungsvorschläge habe. Ich will mir lediglich meinen Frust von der Seele schreiben. Der Text muss einfach zur Musik passen. Und irgendwie finden einige Leute, dass ich auf dem neuen Album auch angepisster klinge, haha ...

Könnte es auch einmal ein "positives" Lied von SODOM geben? Es kann dich ja nicht alles nur anpissen.


Ich weiß es nicht. Wenn es nicht nur die ganzen negativen Sachen gäbe, würde ich bestimmt auch mal über Natur oder sogar Liebe eventuell singen. Aber ich weiß es nicht, die Texte müssen auch irgendwie genauso martialisch wie die Musik sein. Und Sodom ist ja eher eine sozialkritische Band, genauso wie DIE KNAPPEN, die sich da natürlich mehr aufs Ruhrgebiet und den Bergbau beschränken. Obwohl wir ja eigentlich auch Songs über die Schalker Meisterschaft schreiben wollten, aber das können wir ja nun eher knicken. Darum geht es dann mehr bei dem neuen Projekt. Bei ONKEL TOM geht es im Gegensatz zu den anderen beiden Bands darum, sich einfach hinsetzen und die Songs bei einem guten Bierchen genießen zu können.

Wie bekommst du das zeitlich alles hin? Letztens ist die neue Sodom erschienen, jetzt gerade Die Knappen und bald auch noch die neue Onkel Tom.

Ja, das fragen mich viele. Das liegt daran, dass ich einfach nicht rumsitzen kann. Ich kann einfach keinen Tag vergehen lassen, an dem ich nichts geschafft habe. Ich muss einfach jeden Tag irgendwie an Musik arbeiten. Ich sehe das jetzt auch alles nicht so dramatisch. Wir wollen ja nicht mit allen auf Welttournee gehen. Obwohl, wer weiß, was noch so alles passieren kann. Hauptsache, ich vernachlässige keine Band, da mir persönlich alle am Herzen liegen.
Es ist schon ungünstig, dass alle drei Scheiben relativ nahe bei einander rauskommen. Die Sodom und Die Knappen kommen ja nun direkt gleichzeitig raus, aber die Onkel Tom frühestens im Februar.

Hast du keine Angst, dass sich bei drei verschiedenen Bands die verschiedenen Stile verwischen können? Und sich dann eventuell ein Sodom-Song eher nach Die Knappen oder Onkel Tom anhört?

Nein, das kann eigentlich nicht passieren. Alle drei Bands bestehen aus verschiedenen Musikern, da unterscheiden sich alle drei Bands auch einfach zu sehr. Alle haben ihr eigenes Flair, das passt schon.

Hast du überhaupt noch Zeit, nebenher auch Musik zu hören?

Tja, leider habe ich dafür meistens eher weniger Zeit. Immerhin habe ich ja auch noch eine Familie, die ich gerne sehen möchte. Und dann noch verschiedene Hobbies, wie zum Beispiel zur Jagd gehen. Da kommen dann natürlich leider einige Sachen zu kurz. Aber ich muss halt einfach Musik machen, ich kann nicht ohne.

Wie sieht es mit Tourneen aus, speziell natürlich einer Sodom-Tour?

Die Knappen werden eher selten mal Konzerte geben, Onkel Tom werden nächstes Jahr auch vereinzelt Konzerte spielen. Und eine Sodom-Tour ist mittlerweile für Februar fest geplant. Aber es stehen dafür noch keine Vorbands oder so. Dieses Mal müssen wir halt auf jeden Fall mal wieder nach Südamerika und generell Amerika.

Gäbe es da eine Wunschkonstellation für dich?

General eigentlich nicht. Natürlich sagen viele, dass es mal wieder fett wäre, Kreator, Destruction und Sodom als Package sehen zu können. Aber das ist sehr schwer zu organisieren. Haben wir Zeit, sind die einen in Amerika oder nehmen gerade ein Album auf, oder auch andersrum. Es ist schwer, alle unter einen Hut zu bekommen. Aber ich möchte schon mit diesem Package nochmal auf Tour gehen, mal sehen, wann das klappen wird.

Habt ihr für eure Auftritte mal über einen zweiten Gitarristen nachgedacht, um fetter zu klingen?

Darüber nachgedacht natürlich schon, aber irgendwie ginge da so ein wenig der Kultstatus verloren. Und solange wir unsere Songs live rüberbringen können, steht das Thema eher weniger zum Gespräch.

Könnte es passieren, dass Sodom auch mit anderen Instrumenten experimentieren?

Eigentlich eher nicht. Wir sind und bleiben old-school Thrashmetal. Thrashmetal aber bedeutet, dass man machen kann, was man will. Natürlich könnte so etwas schon irgendwann mal passieren, aber im Moment bleibt der alte Spirit, wir wollen da auch nicht dran herumbasteln. Wir werden immer die Musik machen, die uns Spaß macht. Wer weiß, was da noch kommen wird.

Unabhängig von der Musik, habt ihr oder hast Du einen Wunsch, der noch nicht erfüllt worden ist?

Joar, ich würde gerne mal bei einem Film mitspielen. Ich als großer Western-Fan natürlich gerne in solch einem Film, aber es werden ja leider fast keine mehr produziert. Aber sonst bin ich eigentlich zufrieden und glücklich. Ich habe ja alles, was ich brauche: meine Familie und die Musik, von der ich auch mittlerweile leben kann. Da kann man sich eigentlich nicht beschweren. Der einzige Zukunftswunsch wäre, noch lange weitermachen zu können und dafür gesund zu bleiben.

Abschließend noch die Frage, was rotiert – sofern Du die Zeit findest im Moment in deinem Player?

Immer noch der ganze Oldschool-Kram. Da bin ich immer noch unverbesserlich. TANK höre ich immer gerne, sonst SLAYER, MOTÖRHEAD natürlich. An neueren Sachen finde ich DISTURBED ganz interessant, aber sonst kann ich mit vielem Neuen eher weniger anfangen. Und nur weil alle VOLBEAT mögen, muss ich die natürlich nicht mögen, die sind auch im übrigen wirklich nicht so mein Fall.

Besten Dank fürs Interview, die letzten Worte gehören dir!


Ich danke all unseren langjährigen und auch neuen Fans. Besorgt euch alle das neue Album, und hoffentlich sehen wir uns auf Tour!