Geschrieben von Donnerstag, 30 August 2018 11:00

Summer Breeze 2018: Stimmung, Staub und Sterne

Um es gleich vorneweg zu sagen: Das Summer Breeze Open Air ist eines meiner Lieblingsfestivals. Nicht nur, weil für mich die Anreise relativ kurz ist. Nein, ich kenne kein anderes Festival, das so friedlich über die Bühne geht, ganz im Zeichen der Musik steht und mit um die 40.000 Zuschauer auch in einem überschaubaren, fast schon familiären Rahmen bleibt. Dazu das passende Gelände, eine gute Orga, nette Menschen, ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis – was will man also mehr?

In der 21. Auflage ist das Summer Breeze natürlich schon lange kein Geheimtipp mehr. Für 111 Euro kann man eigentlich nichts falsch machen, wenn man sich jedes Jahr gleich das Frühbucher-Ticket holt. Drei volle Tage Festival, Exklusiv-Konzerte am Mittwoch, Anreise bereits ab Dienstag, Camping inklusive – da stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis allemal. Oder?

Nun, über Musikgeschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Die einen reden von „durchwachsenem Line-up“, die anderen finden die Bandauswahl „sehr abwechslungsreich“. Alles Ansichtssache.

Mein persönliches musikalisches Fazit für das Summer Breeze 2018 fällt tatsächlich eher gemischt aus. Absoluter Höhepunkt waren für mich TRIVIUM – die für ihre einzige Show in Europa eigens angereist waren und einen fulminanten Auftritt hingelegt haben. Der überaus sympathische Matt Heafy – er könnte auch rein von seinem Äußeren als Redaktionsvolo für schülersprecher.de durchgehen – weiß, wie er die Menge kriegt. Er redet mit dem Publikum, ohne es vollzulabern. Musikalisch sind sie für mich ohnehin Extraklasse, so dass ich voll auf meine Kosten gekommen bin.

Meine Highlights

Weitere musikalische Tower auf dem Flugplatz in Dinkelsbühl:

Mittwoch:

  • ANY GIVEN DAY
  • KATAKLYSM
  • SEPULTURA

Donnerstag:

  • MUNICIPAL WASTE
  • BEHEMOTH

Freitag:

  • TANKARD
  • DORO
  • TRIVIUM
  • ARCH ENEMY

Samstag:

  • OMNIUM GATHERUM
  • KADAVAR
  • JINJER

Eher auf dem Rollfeld – und damit enttäuschend – sind für mich auch ein paar Bands geblieben. DIRKSCHNEIDER, POWERWOLF und W.A.S.P. zum Beispiel, um mal ganz Große zu nennen. Eventuell wäre der (hochverdiente) Ruhestand da doch eine sinnvolle Alternative? Und auch PAPA ROACH haben mich nicht vom Hocker gerissen – wobei ich da ganz eindeutig zur anwesenden Minderheit gezählt habe.

Erwartet schlecht, weil so gar nicht mein Geschmack: J.B.O., FEUERSCHWANZ, SALTATIO MORTIS, KORPIKLAANI und andere (vermeintliche) Spaßbringer. Der Masse haben sie allerdings Spaß gebracht und zum Glück gibt’s beim Breeze auf den jeweils anderen Bühnen ja gutes Ersatzprogramm.

Auch positive Überraschungen oder Entdeckungen will ich nicht verschweigen: Die gute DORO hat eine mitreißende Show geliefert und ihr Programm – trotz des einzigen Regenschauers während des Festivals – professionell durchgezogen. Auf ROLO TOMASSI bin ich eher zufällig auf der Flucht vor DIRKSCHNEIDER gestoßen – und hängen geblieben. Wahnsinn, was für ein Energiebündel in dieser kleinen Frontfrau steckt und welche Töne aus solch einer zierlichen Person rauskommen.

Nun aber zum Drumherum

Zu verbessern gibt’s ja immer was, und das gilt natürlich auch für das SBOA.

Im vergangenen Jahr, pünktlich zum 20. Geburtstag, hatte es ja schon einige Änderungen gegeben. In diesem Jahr lag der Blick ganz auf deren Feinjustierung und weiteren Verbesserungen. Dazu wurden vor allem auch die Erfahrungen der Besucherinnen und Besucher abgefragt und mit einbezogen. Denn eines war den Veranstaltern besonders wichtig: Die besonderen Merkmale und der Charakter des Festivals sollten auf keinen Fall verloren gehen.

Es ist ihnen – weitgehend – gelungen.

Kontrollschleusen

Wer mit dem Auto anreist, kommt an den mehrspurigen Kontrollschleusen auf dem Parkplatz gegenüber dem Campingplatz nicht vorbei. „Bitte kein Glas“ lautet die Regel für alle Besucher und das wird überprüft. In den letzten Jahren konnte man dort schon mal ein paar Stunden im (nervigen) Wartemodus verbringen. In diesem Jahr hatten die Veranstalter im Vorfeld über ihre Facebook-Seite abgefragt, an welchen Tagen und zu welchen Uhrzeiten die Metaller anreisen. Und hatten sich so auf die Besucherströme eingestellt. Wir sind am Mittwoch gegen Mittag angekommen und mussten noch nie so kurz warten. Wie genau und effektiv da nun kontrolliert wird, wenn lediglich ein kurzer Blick in den Kofferraum und auf die Rücksitzbank geworfen wird – die Antwort kann sich jeder selbst geben. Trotzdem scheinen die Kontrollen nötig zu sein, sonst würde man wohl nicht an ihnen festhalten.

Das Campen

Obwohl die Hauptbühne erst ab Donnerstag bespielt wird, öffnet der Campingplatz schon Dienstagmorgen für zwölf Stunden seine Pforten, schließt über Nacht und hat dann ab Mittwochfrüh während der Dauer des Festivals durchgehend geöffnet. Eine sinnvolle Maßnahme, da so die Anreiseströme deutlich entzerrt werden und genug Zeit zum entspannten Zeltaufbau und „sich einrichten“ bleibt.

Für uns hat sich hier in diesem Jahr vor allem eines geändert: Das Green Camping wurde verlegt, und zwar auf den Bereich gegenüber den Kontrollschleusen. Im Vorfeld hatten wir Bedenken, doch der neue Platz erwies sich als echter Glücksgriff. Standen wir in den letzten Jahren oft dicht an dicht zu den Nachbarn, war die Platzzuteilung heuer deutlich großzügiger. Zwei Zelte, ein Auto und ein Sonnensegel haben wir problemlos untergebracht. Auf dem Gelände war sogar noch reichlich Platz – ob es an dem größeren Bereich lag, oder weil weniger Leute das Green Camping genutzt haben, kann ich nicht einschätzen.

Von den „normalen“ Campern war zu hören, dass die Campingflächen in diesem Jahr von hinten nach vorne befüllt wurden, anstatt andersherum und sich eine verfrühte Anreise mit Extragebühr damit nicht gelohnt hat, um einen besonders guten Platz zu ergattern.

Die sanitären Einrichtungen

Yeah, der Wunsch vieler Besucher wurde berücksichtigt: Endlich gab es Haken zum Aufhängen der Klamotten in den Duschen. Eine echte Verbesserung! Zudem standen sie auf festen Platten und auch die Anzahl wurde erhöht. Das bedeutete – außer zu den üblichen Stoßzeiten – weniger Schlange stehen und nach dem Duschen musste man nicht wieder direkt zurück in den Schlamm.

Ebenfalls eine richtig gute Sache (das haben mir jedenfalls die Jungs gesagt): die Pissrinnen für die Männer. Wir Frauen mussten dadurch auch weniger „Wildpinkler“ ertragen. Überhaupt waren sowohl im Infield als auch auf dem Gelände mehr Toiletten vorhanden. Bei emp gab es sogar die kuriose Situation, dass die Männer länger anstehen mussten als die Frauen! Genug WCs kann’s auf so einem Festival nie geben.

Weiterer Pluspunkt: die beiden Duschen am Eingang zum Infield.

Die Bühnen

Im Gegensatz zum Vorjahr, als der Zugang zur Hauptbühne nur von einer Seite erlaubt war, konnte man heuer von beiden Seiten dorthin gelangen. So kam es zu deutlich weniger Stau und die Leute standen auch gleichmäßiger verteilt. Außerdem hatte man die Umbauzeiten zwischen den einzelnen Bands etwas erhöht, so dass vor jedem Gig der Bereich vor dem ersten Wellenbrecher komplett getauscht werden konnte. 2017 war es oft kaum zu schaffen, aus dem vorderen Bereich herauszukommen, bevor die nächste Band zu spielen begann.

Schon lange fällig war eine Aufwertung der Camel-Stage. Und die ist aber mal sowas von gelungen! Sie hat nun ein richtig schickes, fast schon spaciges Dach bekommen und bietet nicht nur Unterstand bei Regen oder Unwettern, sondern vor allem einen prima Sonnenschutz. Das Konzept ist erfreulicherweise gleich geblieben: Hier spielten primär der Szenenachwuchs und aufstrebende Bands, abwechselnd und ohne Zeitverzögerung mit der T-Stage. Bei letzterer hat sich nichts verändert. Leider. Ich trauere immer noch dem großen Zelt nach!

Das Zirkuszelt ist der Ficken Party Stage gewichen, die mitten auf dem Campground steht. Hier spielten nur wenige Bands, allerdings gab’s ordentlich was auf die Ohren für die Partypeople. Disco satt. Und weil es keine Sicherheitskontrollen vor der Bühne gab, konnte man sogar sein eigenes Bier mitbringen.

Essen und Trinken

Von vegan über vegetarisch bis hin zu simplen Fleischeslüsten – es gibt wohl nichts Essbares, was es auf dem SBOA nicht gibt. Und wem es nach einem echt fränkischen Schweinebraten oder einem Weißwurstfrühstück ist, dem sei der Gasthof im nahen Illenschwang empfohlen.

Richtig sinnvoll, gerade bei den Temperaturen, waren die kostenlosen Wassertankstellen. Da es den Festivalgängern erlaubt war, eine 0,5-Liter-PET-Flasche mit auf’s Gelände zu nehmen, war das Nachfüllen mit Wasser und ausreichendes Trinken (auch mit Nichtalkoholischem) kein Problem – und wurde auch intensiv genutzt. Eine etwas besser sichtbare Kennzeichnung und die ein oder andere Wasserstelle mehr wären durchaus gut gewesen. Aber das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau.

Fazit

Einmal mehr war es ein wunderbar entspanntes Festival mit einer enormen Bandbreite an Metal in jeglichen Spielarten. Nicht mit den Mega-Headlinern wie bei anderen, größeren Festivals. Dafür deckte das Line-up so ziemlich alle Unter-, Neben- und Spezialgenres des Metal ab. Am Ende bleibt das Summer Breeze 2018 auch wegen des Wetters im Gedächtnis: drei, vier oder fünf Tage (je nach Anreise) Hitzeschlacht pur mit nur einem einzigen Regenschauer am Freitag. Und das hieß: Staub, Staub und nochmal Staub, wohin das Auge blickte. Da hatten wohl alle ihre Teller brav leer gegessen vor dem Festival. Gut so – lieber super Stimmung, Staub und nachts die Sterne am Himmel, als fünf Tage Dauerregen, miese Laune und Schlamm.

Der Vorverkauf für die 22. Ausgabe im kommenden Jahr läuft. Da simmer wieder dabei!

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