Geschrieben von Samstag, 08 Dezember 2007 15:56

Never Say Die Clubtour - Skaters Palace / Münster


Review


Link: http://parkwaydriverock.com/news.php
http://www.myspace.com/parkwaydrive
http://www.myspace.com/thewarriors
http://www.comeback-kid.com/
http://www.myspace.com/comebackkid
http://www.thisishell.org/
http://www.myspace.com/thisishell
http://www.cancerbats.com/
http://www.myspace.com/cancerbats
http://www.stillremains.com/
http://www.myspace.com/stillremains
http://www.theblackoutargument.com/
http://www.myspace.com/theblackoutargument
24.11.07  Münster / Skaters Palace - Na, wenn das mal kein Grund ist, seine eigenen vier Wände auf einen Samstag Abend zu verlassen, dann weiß ich auch nicht mehr weiter: COMBACK KID, PARKWAY DRIVE, CANCER BATS, THIS IS HELL und THE WARRIORS auf einer Tour! Und an unserem Abend (dem letzten Termin der Tour!) gab es noch Verstärkung von THE BLACKOUT ARGUMENT und STILL REMAINS – was für ein Lineup. Schon fast eher ein Festival als eine Clubshow.
Leider haben wir durch die große Anzahl der Bands aber auch die erste direkt verpasst. Und somit habe ich die Jungs von THE BLACKOUT ARGUMENT nur am Merchstand kennen gelernt, die es auch schade fanden, bereits vor halb acht ihr Set beendet haben zu müssen (denn genau zu der Zeit kamen wir im Skaters Palace an). Einer der Jungs trug einen „Drug Free Youth“-Aufnäher, womit er sich wohl in guter Gesellschaft befunden haben muss, denn überall in der Halle waren „Bitte nicht rauchen“-Zettel aufgehängt worden. Getoppt wurde das Ganze eigentlich nur vom PARKWAY DRIVE Merchstand, vor dem ein Zettel mit der Aufschrift „You won`t get served if you`re smoking! Quit!“ prangte. Wow. Ist das jetzt konsequent oder intolerant? Ich schätze, diese Frage hätte an dem Abend viele „lustige“ Diskussionen hervorgerufen.
Aber zurück zur Musik. Und was sich mir dort bot, war nicht weniger verwunderlich. Wenn ich richtig liege, mussten sich grade THE WARRIORS auf der Bühne befunden haben. Haben die zwei Sänger? Aber direkt nach dem Song verabschiedete sich einer der Sänger wieder hinter die Bühne. Ach so, dann ist der Typ, der mit seinem angedeuteten Oberlippenbart fast ein wenig wie Lou von SICK OF IT ALL aussah, wohl der richtige Sänger. Und um mich dann doch noch vollkommen zu verwirren, wechselte der Bassist ans Schlagzeug und umgekehrt. Oh man, da ich die Band ja noch nie gesehen hatte, konnte man vermutlich die Fragezeichen in meinen Augen deutlich sehen. Da wurde wohl munter getauscht. Aber Kompliment an die Musiker, wenn sie den Wechsle zweier Instrumente so gut hinbekommen. Denn an ihrer musikalischen Darbietung war nun wirklich nichts auszusetzen.
Und so schmetterten sie uns ihren Hardcore mit Metal- und NYHC-Einflüssen wahrlich nur so um die Ohren. Beide Gitaristen waren ziemlich stämmig und hätten optisch wunderbar zu MADBALL gepasst. Vor allem beim Schrank auf der linken Seite war beeindruckend, wie er die Beats, Breaks und Moshparts praktisch mit seinem Kinn visualisierte und richtig abging. Aber Abgehen war eh das Motto des Abends! Nach einer guten halben Stunde war leider schon Schluss und ich für meinen Teil war wunderbar auf den Abend eingestimmt: THE WARRIORS haben „tierisch gemosht“ (klingt blöd – war aber so) und wirklich Laune gemacht! Ach ja, und die Sache mit dem Gastsänger beim ersten Song wurde eigentlich den ganzen Abend über durchgezogen und bei fast jeder Band wiederholt – da haben sich wirklich ein paar Freunde gefunden!
Danach kamen dann kamen THIS IS HELL aus Long Island, die zwar weniger moshend als ihre Vorgänger aber keinen Deut weniger Hardcore waren als ihre Kollegen. Die fiese Jacke und die extrem enge Hose von Schreihals Travis Reilly ließen ihn erstmal aussehen, als hätte er sich verirrt, weil er eigentlich bei den STROKES oder ähnlichen Bands spielen wollte, aber sein Organ machte dann doch ziemlich schnell klar, wo es hier lang geht: modern gespielter Oldschool-Hardcore. Ab und zu kam so ein bisschen Groove in die Sache, aber größtenteils ging es hier um nach vorne gehende Songs, die mit Geschrei untermalt wurden.
Die Band machte eine sehr gute Figur, und vor allem Gitarrist Rick Jimenez (Sänger der grandiosen SOLDIERS) beeindruckte durch seine Klappmessersprünge (die immer paarweise bei ihm aufzutreten schienen) und die kurz danach schwingende Faust. Denn bei THIS IS HELL war der Gig eine sehr physische Sache, und der Fünfer ging auch wirklich gut ab und sprang und poste, was das Zeug hielt. Hat richtig Spaß gemacht ihnen zu zusehen, wie sie ihr Ding da durchzogen und man nahm ihnen auch ab, dass sie für ihre Musik leben (dafür bedurfte es eigentlich nicht mal der Ansprache von Rick zum Thema Hardcore, was ihm wirklich am Herzen zu liegen schien). Zum Großteil wurden natürlich Songs von „Sundowning“ oder ihren EPs gespielt, aber eben auch ein paar brandneue Songs der bald erscheinenden „Misfortunes“-Platte. Insgesamt gesehen ein sehr beeindruckender Auftritt voller Energie und Spielfreude, welcher einfach herrlich zu beobachten war.
Nach einer kurzen Pause (zwischen den Bands schallte SOCIAL DISTORTION vom Band durch die Halle) kamen dann nun auch die CANCER BATS aus Toronto, Kanada auf die Bühne und legten auch direkt mit ihrem rohen und lauten Hardcore los. Die Krebs-Fledermäuse hatten eine ziemlich eigenständige Mischung aus  oldschooligem Hardcore mit Noiseelementen und ab und zu auftretenden Metalriffs im Repertoire, die vom ziemlich nach Kuttenschwingen aussehenden Gitarristen Scott Middleton in die Menge gefeuert wurden. Zwischendurch musste ich sogar kurz mal an PANTERRA denken – was für eine schöne Kombination. Zwar war der Hardcore (wieder mal modern gespielter Oldschool) ganz klar im Vordergrund, aber grade die vereinzelt auftretenden, untypischen Einflüsse machten aus dem Auftritt des Vierers etwas Besonderes. Schön auf die Zwölf und trotzdem technisch versiert – was vor allem der Präzision ihres Gitarristen zu verdanken war. Aber eben auch etwas individueller as die anderen vergleichbaren Kombos des Abends. Unbedingt zu empfehlen!
Wieso vergleichbare Kombos? Na, weil jetzt z.B. STILL REMAINS von RoadRunner Records die Bühne enterten. Am Anfang hoffte ich ja, dass dieses Keyboardgedudel nur das Intro sei, aber leider sah ich mich getäuscht, denn SR haben ihren MetalCore mit Keys angereichert, die in meinen Ohren vollkommen überflüssig sind. Nicht dass ich etwas gegen die Verwendung des Tasteninstrumentes hätte, aber in diesem Falle konnte ich dem gar nichts abgewinnen. Dazu kam dann noch, dass sich der Keyboarder so dermaßen tuntig benommen hat (Entschuldigung für die Wortwahl – aber mir fällt da wirklich absolut nichts anderes zu ein), dass man kaum auf irgendwas anderes achten konnte. Aus irgendeinem Grund hat der immer einen Arm hochgerissen und rumgewedelt, als wollte er die erste rosarote Wikingjugendbewegung gründen. Also noch unglücklicher kann man gar nicht mehr gestikulieren. Der Typ sah einfach zum Schießen aus, als hätte jemand ohne Knochen im Leib Hardcoremusik in die Ausdruckstanzstunde mitgenommen und dabei angefangen, über seine eigene Sexualität zu rätseln. Dagegen wirkt sogar der TAKING BACK SUNDAY-Sänger wie ein Macho. Und nachdem wir dann über die Sexualität der Person am Bass gerätselt hatten, wurde uns klar, dass es sich hier um eine Frau handelt – genau wie am Schlagzeug. Das habe ich so auch noch nicht oft live gesehen.
Obwohl ihr MetalCore mit viel zu vielen clean gesungenen Refrains irgendwie nicht ganz in den Abend passen wollte, lieferten sie (vor allem die Saitenfraktion) eine technisch ziemlich beeindrucken Show ab. Die Riffs waren präzise gespielt und teilweise nahezu filigran, und lustigerweise sah die Band teilweise eher nach Gothik als nach MetalCore aus. Wäre nicht dieses aufdringliche Keyboard gewesen, hätte mir die Show bestimmt gefallen. So blieb vor allem Bewunderung des Gitarristen und Belustigung bezüglich des Keyboarders in meinen Erinnerungen hängen.
Nach diesem kleinen Ausflug und der Frage, ob es wirklich nötig war, die letzte Band noch ins Lineup zu quetschen, ging es nun also mit dem weiter, weswegen ich da war. Und in diesem Falle waren das die Australier PARKWAY DRIVE. Ich hatte bereits ihre Roadies in unfassbar bunten und comicmäßigen Klamotten durch die Gegend rennen sehen und hatte direkt das Klischeebild von australischen Sunnyboys auf Surfbrettern im Kopf. Und so ein klein wenig passte das auch – also optisch glücklicherweise schon extrem weit entfernt von den andern Kajalverbrechern des Genres – halt eher ein paar Surfer, die zufällig MetalCore spielen. Und nachdem zu beiden Seiten der Bühne Leinwände aufgestellt worden waren, die das Cover der neuen CD „Horizon“ zeigten, ging es auch direkt mit dem Opener der neuen Platte los, und das Quartett zog die Energieschraube des Abends noch mal gewaltig an. Ich hatte ja schon immer gehört, dass die MetalCorler eine gute Liveband sein sollen, und bekam hier eine mehr als würdige Bestätigung dieser Gerüchte! Die Kids im Pit gingen richtig steil, und die Stagediver segelten nur so vom Bühnenrand! Das Hauptaugenmerk lag natürlich auf den „Killing With A Smile“-Stücken, aber auch die neuen Songs wie z.B. „Carrion“ oder „Boneyards“ wurden tierisch abgefeiert. Mir ist vor allem auch aufgefallen, wie groß die Australier sind. Vor allem beim Sänger war es deutlich, da er ohne Instrument ja irgendwo seine Arme unterbringen musste und manchmal nicht ganz zu wissen schien, wo er sie hinschmeißen sollte – hat mich ein wenig an einen schlaksigen Gorilla erinnert. Aber das störte die Band nicht im Geringsten: die gaben einfach nur Gas und legten einen sehr engagierten Gig hin. Sie schienen teilweise selber überrascht davon, wie sehr das Publikum abging. Bei einem der letzten Songs wurde Sänger Winston McCall beinahe wörtlich von ein paar Fans gestürmt, die stumpf auf ihn drauf gesprungen sind – aber keine Sorge, die wollten ja nur spielen. Und so konnte sich auch Winston ein überraschtes Lachen nicht verkneifen. Als die Band die Bühne verließ, war allen klar, dass hier grade richtig der Bär gesteppt hatte. Was für eine Show!
Um ehrlich zu sein hatte ich schon schwarz gesehen für die nun folgenden COMEBACK KID. Wie sollte man so was noch überbieten oder wenigstens gleichziehen? Aber die äußeren Umstände haben es ihnen dann sogar erlaubt, das ganze in den Schatten zu stellen. Ausgerüstet mit den Hits von „Wake The Dead“ und „Broadcasting“ ging die Band um Sänger und ehemaligen Gitarristen Andrew Neufeld direkt ziemlich steil. Einzig der Sound (der ansonsten über den Abend gesehen eigentlich sehr in Ordnung ging) wollte nicht so ganz mitziehen und verstörte mit zu vielen Rückkopplungen. Aber das schien die Band, die mittlerweile noch mehr Stagediver anlockte als PWD, überhaupt nicht zu stören, und auch dem Publikum war es ziemlich egal. Sehr schön war das an einer Fotografin abzulesen, die am Bühnenrand stand und vor lauter Mitgesinge kaum dazu fähig war, ihr Arbeitsgerät zu bedienen. Da wurde mitgegröhlt, gesungen und geschrieen. Und der Pit war natürlich in Ekstase.
Da es aber nicht nur das letzte Konzert der Tour war (dementsprechend hat so ziemlich jede Band des Abends einige Ansagen bezüglich der bald zu vermissenden anderen Bands gemacht und von den Freundschaften, die geschlossen worden sind, erzählt), sondern vor allem auch das letzte Konzert des CK-Basser in seiner Band war, wurde diese Show zu etwas Besonderem gemacht. Bereits während des kompletten Gigs konnte man die meisten Mitglieder der anderen Bands im Hintergrund auf der Bühne sehen und man merkte, dass sich der Fokus oft auf Basser Kevin Calls legte. Und als dann (mehr als voraussehbar) zum Ende hin noch „Wake The Dead“ gespielt wurde, stürmen alle Kollegen die Bühne und nahmen besagten Kevin auf ihre Schultern und ließen ihn dort das Stück weiter spielen. Ein richtiger Tumult ist das dann geworden, der darin gipfelte, dass Kevin von den Schultern seiner Freunde gefallen und samt Instrument ins Publikum gestürzt ist – wie mir von einem direktem Augenzeugen berichtet worden ist, übrigens auf den Hallenboden… Bleibt also zu hoffen, dass er sich nichts getan hat bei diesem Sturz und die ganze Szene genauso genießen konnte wie das Publikum. Denn das war schon ein bewegender Moment für alle Leute auf und vor der Bühne.
Und mit diesen Impressionen wurden wir dann langsam in die Nacht entlassen, mit einem Grinsen im Gesicht und der Gewissheit, mal wieder ein richtig gutes Konzert, viele klasse Bands und eine nicht ganz alltägliche Szene gesehen zu haben. Schön war`s!