Various Artists - Magic: A Tribute To Ronnie James Dio



Stil (Spielzeit): Heavy Metal/Tribute (48:01)
Label/Vertrieb (VÖ): Magic Circle Music (16.07.10)
Bewertung: 3,5/10

Link: http://www.magiccirclemusic.com
Da ist es also, das umstrittene Tributealbum für den vor zwei Monaten verstorbenen Ronnie James Dio, das MANOWAR-Chef Joey DeMaio zusammen mit einigen Bands des Magic Circle-Stalls ziemlich schnell aus dem Boden gestampft hat. Nach der Aussage von Wendy Dio, dass keine Tribute-CDs unterstützt werden sollten, deren Erlös nicht an den Stand Up And Shout Cancer Fund gehen, und den Reaktionen von MANOWAR selbst sowie Aussagen des Dio-Cousins David Feinstein, der sich von seinem Beitrag auf dieser CD distanziert, weiß man nicht, was man überhaupt von „Magic: A Tribute To Ronnie James Dio" halten soll. Doch lassen wir erst einmal die Musik sprechen, bevor wir uns diesem heiklen Thema erneut widmen.

Ursprünglich hatten MANOWAR gewohnt vollmundig eine Doppel-CD mit vielen eigenen DIO-Interpretationen und der Beteiligung von befreundeten Bands angekündigt, herausgekommen ist lediglich eine knapp 50-minütige CD, auf der nur ein einziger neuer MANOWAR-Beitrag zu hören ist. Die Amerikaner haben versucht, den BLACK SABBATH-Klassiker „Heaven And Hell" umzusetzen. Wohlgemerkt, sie haben es versucht, denn das Ergebnis klingt nach einem uninspirierten Schnellschuss.

Die Drums sind öde, der Bass klingt wie aus dem Computer, und Eric Adams, sonst eine sichere Bank, beißt sich an der Nummer die Zähne aus. Für sich allein betrachtet geht die Gesangsleistung durchaus in Ordnung, doch reichen die Vocals nie auch nur ansatzweise an Dios Charisma heran. Einzig der Gitarrensound macht Hoffnung darauf, dass das nächste MANOWAR-Album wieder ein wenig besser klingt als die Vorgänger.

Ähnlich bekannte Bands wie MANOWAR sucht man im Folgenden vergeblich, nur HOLYHELL (mit einer ganz netten Liveversion von „Holy Diver"), METALFORCE (eine gelungene „The Last In Line"-Performance) und JACK STARR'S BURNING STARR (das gut umgesetzte „Catch The Rainbow") könnten auch über den True/Power Metal-Sektor hinaus einige Hörer kennen.
CROSSWIND, AWAKEN und HARLET werden sogar den wenigsten eingefleischten Metalmaniacs ein Begriff sein, leider klingen die Coverversionen, die sich oft nahe am Original bewegen, auch sehr lieblos (rühmliche Ausnahme: CROSSWIND mit „A Light In The Dark").

Ein mir unbekannter Gitarrist namens DEAN CASCIONE dreht „Never More" durch den Gitarren- und Keyboardfleischwolf, kann mit seiner instrumentalen Interpretation aber für nur wenig Atmosphäre sorgen. In der MAGIC CIRCLE ALL STAR Band hätte man wohl definitiv andere (und bekanntere) Musiker als Sänger Sammy Avigal, Jack Starr und Joe Stump erwartet. Die Bandbezeichnung ist ein einziger Witz.

Bleibt noch „Far Beyond" von FEINSTEIN, von dem sich der Gitarist und Dio-Cousin scharf distanziert hat. Unklar ist, wieso die Nummer nun trotzdem auf der CD zu finden ist. Doch auch abgesehen von der Schlammschlacht zwischen MANOWAR und Wendy Dio/David Feinstein ist „Far Beyond" nichts weiter als ein dreister „Holy Diver"-Ripoff inklusive schmieriger Keyboards und meilenweit davon entfernt, einen wirklichen Tribut darzustellen.

Kommen wir nochmals kurz auf die Hintergründe von „Magic" zurück. Ob DeMaio nur ein Geschäftspartner oder wirklicher Freund Dios war, wissen wohl nur die Beteiligten. Immerhin gibt es Aussagen und Gesten von Ronnie James Dio selbst, die letzteres als nicht ganz so abwegig erscheinen lassen. Der Erlös der CD geht offenbar zwar nicht an die von Dios Witwe gegründete Stiftung, doch hat DeMaio mit Dios Sohn zusammengearbeitet. Man muss „Magic" also ein wenig differenzierter sehen, bevor man so drauf haut, wie es viele Kritiker tun.

Doch nun kommt das dicke ABER: „Magic" riecht auch bei eher wohlwollender Position dem Projekt gegenüber eher nach schneller Geldscheffelei. Mit gutem Willen kann man HOLYHELLs „Holy Diver"-Version noch als halbwegs exklusiv betrachten, doch die Songs von FEINSTEIN und JACK STARR'S BURNING STARR wurden schon veröffentlicht, und einigen restlichen Nummern hört man kein wirkliches Herzblut an. Bis auf das tolle Ken Kelly-Cover haben sich MANOWAR als Verantwortliche für dieses Projekt also augenscheinlich nicht die größte Mühe gegeben und sich viel zu schnell an „Magic" heran gewagt. Die musikalische Qualität ist bis auf wenige Ausnahmen als sehr mau zu bezeichnen.

Ok, auch JORN spendiert die Erlöse seines tollen „Dio"-Tributes, dem man die Leidenschaft und das Herzblut anmerkt, nicht an Wendy Dios Cancer Fund. Jedoch hat er seine CD schon lange angedacht und auch fertig gestellt, bevor Dio seinem Krebsleiden erlag. Und er wäre wohl kaum als Sänger von HEAVEN & HELL beim Tribute-Konzert anlässlich Ronnie James' Geburtstag am 24.07.2010 geduldet bzw. auf der offiziellen DIO-Homepage angekündigt worden, wenn es da irgendwelche Probleme gegeben hätte.
Lässt man alle Streitigkeiten und Unklarheiten außen vor, wird eh deutlich, dass dem norwegischen Sänger mit seinem Album ein weit besseres und viel höherwertiges Tributealbum gelungen ist als MANOWAR & Co.