Judas Priest - Redeemer Of Souls Tipp

Judas Priest - Redeemer Of Souls
Nach dem Ausstieg von K.K Downing, einigen eindeutigen Aussagen von Rob Halford und der als Abschied angekündigten "Epitaph"-Tournee haben vermutlich nicht die meisten Fans damit gerechnet, dass es mit JUDAS PRIEST überhaupt weiter gehen wird. Die Verpflichtung Richie Faulkners hat den Priestern aber anscheinend frisches Leben eingehaucht, denn neben neuen Auftritten erscheint nun auch endlich "Redeemer Of Souls", der lang erwartete Nachfolger des sechs Jahre alten Konzeptalbums "Nostradamus".

Für das Rob Halford-Comeback "Angel Of Retribution" und "Nostradamus" haben sich JUDAS PRIEST neben einiger positiver Rezensionen auch gehörige Kritik anhören müssen. Die Zeichen standen im Vorfeld von "Redeemer Of Souls", dem mit K.K. Downing immerhin einer der früheren Hauptsongwriter fehlt, also nicht besonders gut. Fans können aber beruhigt aufatmen, denn das Songwriting, das sich Rob Halford und Glenn Tipton mit Faulkner teilten (was für ein Vertrauensbeweis!), ist - von wenigen mageren Momenten abgesehen - klasse. Tipton hatte im Vorfeld erwähnt, dass man keine Experimente erwarten solle, und so ist es: "Redeemer Of Souls" ist eine durch und durch klassische PRIEST-Scheibe ohne Geschnörkel.

Das herrlich klischeehafte "Dragonaut" und der Titelsong sorgen für einen gelungenen Midtempo-Einstand, obwohl Halford im Refrain des Titeltracks ein wenig schwachbrüstig klingt. Mit dem treibenden "Halls Of Valhalla" (danke für deine Screams, Metal God ©) folgt ein echter Hammer mit allem, was man sich von JUDAS PRIEST wünscht: druckvolle Riffs, ein eingängiger Refrain, geile Soli, fettes Break und ein leicht episches Flair. Geile Nummer, die mit "Sword Of Damocles" (kranke Leads, sehr eingängiger Chorus) direkt einen würdigen Nachfolger findet. Der Ohrwurm "March Of The Damned" könnte dem ein oder anderen Fan etwas zu glatt gebügelt und poppig sein, ich persönlich halte Halfords Gesangsleistung, die etwas an Ozzy erinnert, und die sehr melodische Bridge für äußerst gelungen.

Auch mit "Down In Flames", einem urtypischen Midtempo-Stampfer mit genialer Gitarrenarbeit, leisten sich PRIEST keinen Ausfall. Erst "Hell & Back" ist weit unter dem Niveau der vorherigen Nummern und höchstens Durchschnitt. Dafür entschädigt das mit tollen Gitarrenharmonien eingeleitete "Cold Blooded" ebenso wie der "Painkiller"-artige Dampfhammer "Metalizer" mit Doublebass-Dauerfeuer. Das ist PRIEST in Reinkultur! Das bluesige "Crossfire" ist absolut verzichtbar, "Secrets Of The Dead" bietet gute Ansätze, kann aber leider auch nicht über die gesamte Songlänge überzeugen, zumal der Refrain schwach ist. Der Songtitel des folgenden "Battle Cry" lässt bereits erahnen, was folgt: erneut eine extreme Steigerung und ein klassischer Metaltrack mit sehr viel Power und Eiern. Ein krasser Kontrast ist dann der Abschluss des Albums, die Ballade "Beginning Of The End". Eine kitschfreie und entspannte Nummer, die überraschend ruhig aus dem einstündigen, überraschend starken Longplayer entlässt.

Mit wenigen Ausnahmen haben JUDAS PRIEST ihr Gespür für mitreißende Metal-Hymnen wiedergefunden und das beste Band-Werk seit einem Vierteljahrhundert abgeliefert. Tipton und Faulkner spielen sich gekonnt die Bälle zu, das Fehlen von Downing ist im Songwriting nicht auszumachen. Halford klingt ab und zu etwas bemüht und dünn, seine Screams werden naturgemäß weniger – das Alter macht auch vor diesem Sänger nicht Halt. Trotzdem beeindruckt er an vielen Stellen nach wie vor mit Kraft und seiner charakteristischen, wandlungsfähigen Stimme. Im Übrigen ist "Redeemer Of Souls" auch als Limited Edition mit fünf Bonustracks erhältlich, die laut Tiptons Aussage nicht ganz zum Stil des regulären Albums gepasst hätten, aber keineswegs Ausschussware seien.

Hätten die Briten auf die schwächeren Nummern verzichtet, wäre das 17. Studioalbum ein 45-minütiges Meisterwerk voller Höhepunkte geworden. In Anbetracht der vorherigen, teils sehr durchwachsenen Veröffentlichungen und der restlichen Perlen auf "Redeemer Of Souls" ist das erste Album ohne K.K. Downing aber ganz klar die beste JUDAS PRIEST-Scheibe seit Veröffentlichung des legendären "Painkiller". Es gilt immer noch: The Priest is back!