Geschrieben von Sonntag, 21 August 2016 22:55

Rockharz 2016 - Der Festivalbericht

Nachdem ROCK AM RING und HURRICANE baden gegangen sind, begrüßt mich das ROCKHARZ FESTIVAL in Ballenstedt bei gleißendem Sonnenschein und ganz ohne Anreisestau, doch auf die letzten Meter lasse ich mein Auto parken und eile in Richtung Bühne, um mich mit Jomi von KISSIN' DYNAMITE zum Interview zu treffen. Danach suche ich erst mal mein Auto und das Camp meiner Truppe, richte mich fix ein und stoße auf ein herrliches Festival an. Sonne, Bier und Bergluft, es könnte nicht schöner sein.

Nach dem kurzen Stop am Camp geht es aber bereits zurück zur Bühne, denn die AFM Label Night ist im vollen Gange und KISSIN‘ DYNAMITE werden uns ihr neuestes Album um die Ohren hauen. Den Anfang macht jedoch „DNA“ vom Vorgänger, gefolgt vom neuen Titeltrack „Generation Goodbye“, welcher ganz gut beim Publikum zündet. Ein größerer Pulk vor der Bühne feiert tüchtig mit, die Band fegt wie gewohnt über die Stage und lässt keine Sekunde aus, um das Publikum weiter anzuheizen und um die Wette zu posen. „If Clocks Were Running Backwards“ ist live sehr bombastisch und eine kräftige Ballade, den krönenden Abschluss der Sause macht selbstverständlich „Operation Supernova“ samt Pyramide.

Die „Grabenschlampen“ schlüpfen in rosa Deluxe-T-Sirts, das kann ja nur eines bedeuten: Zeit für Blödsinn! Es wird enger vor der Bühne und der Kran im linken Infield bewegt sich. Zu „Ällabätsch“ stolzieren die Erlangener Blödelbarden JBO auf die Bühne und werden vom Publikum herzlichst Willkommen geheißen. Es dauert nicht sehr lange und erste rosa Gestalten surfen Richtung Bühne, manche im rosa Gummiboot samt rosa Piratenkluft. Auch JBO veröffentlichen heute ein neues Album mit dem kreativen Namen „Elf“ oder „11“.
Im Endeffekt liefert die Truppe den bewährten Bloedsinn wie immer ab, dieser macht aber einfach Sauspaß. „Gehen mer halt zu Slayer“ fehlt natürlich auch nicht und mit „Wacken bzw. Rock Harz ist nur einmal im Jahr“ wird auch ein neuer Song gefeiert. Die Surfer stapeln sich mittlerweile und JBO „Lassen sich das Bloedeln nicht verbieten“. Zum Grande Finale bewegt sich der Kran über die Meute und lässt aus einem Netz viele rosa Bälle ins Publikum fallen. Der Kran wirkte beeindruckend, doch die Bälle plumpsten nur in die Menge und verschwanden dann überwiegend.

Zum gemütlichen Ausklang knüppeln ONSLAUGHT in den Abend hinein und laden zum gemächlichen Mitgehen. Die Band veröffentlicht heute kein Album und ist damit wohl ein Exot an diesem Abend. Während ONSLAUGHT im Hintergrund dem Sonnenuntergang entgegenspielen, mache ich mich auf den Weg zum Camp und lasse gemütlich den Abend ausklingen, bevor es am Donnerstag dann richtig losgeht.

DONNERSTAG

Bei gefühlten 55° werde ich im Auto gekocht, also Zeit zum Aufstehen, um nach einer kleinen Stärkung mit THE NEW ROSES in den Tag zu starten. Das Quartett aus Rheingau hat erst 2013 sein Debüt veröffentlicht und überzeugt mit einer gehörigen Portion Rock 'n Roll. Ein paar Frühaufsteher haben sich bereits vor der Bühne eingefunden, sodass die Truppe gemeinsam mit dem Publikum die ersten Sonnenstrahlen des Tages genießen kann.

Als Kontrastprogramm knüppeln HACKNEYED im Anschluss ordentlich drauf los und hauen uns ne gehörige Ladung Death Metal um die Ohren. Vor der Bühne wird vereinzelt gebangt und die ersten Mittagsbiere werden vernichtet.

Bei DEADLOCK ist schon etwas mehr vor der Bühne los. Die Band macht ordentlich Stimmung und heizt die Meute immer wieder an. Der Sound klingt leider nicht ganz satt, doch davon lässt sich niemand stören. Bei der letzten Nummer „End Begins“ springen noch alle um die Wette, ehe es auf der anderen Bühne mit ORDEN OGAN weitergeht.

Ich schlendere jedoch übern den Zeltplatz, verfolge spannende Flunkyball Matches, werde auf das eine oder andere Bier eingeladen und eine Bratwurst gibt es auch noch. Wie immer sind hier nur nette Leute anzutreffen.

Doch so schön der Campground bei strahlendem Sonnenschein auch ist, auf der Bühne geht es munter weiter. So steht Jeff Waters mit seiner Band ANNIHILATOR auf der Bühne und empfängt das Rockharz mit dem Hit „King Of The Kill“. Die Fans singen lauthals mit und Jeff spielt mit seinem Gitarristen Aaron Homma um die Wette. Jeff macht am Mikro eine super Figur, wirkt teilweise jedoch etwas gefordert, da er für gewöhnlich Dave Padden hat singen lassen. Aber während Jeff ans Mikro gefesselt ist, toben sich Aron und Bassist Rich Hinks auf der Bühne aus.

Danach stehen SOILWORK auf der Stage, und leider sitzt nicht mehr Dirk Verbeuren an den Drums, da er von MEGADETH abgeworben wurde. Stattdessen trommelt Dirks ehemaliger Schüler Bastian Thusgaard und die Show ist dafür umso besser. Im dritten Anlauf stehen SOILWORK nun im Lineup vom ROCKHARZ und die Wartezeit hat sich gelohnt – es wird ordentlich geknüppelt und vor der Bühne ausgiebig gemosht.

Anschließend spielen GAMMA RAY breit grinsend bei Sonnenuntergang ihren Heavy Metal. GAMMA RAY sind seit Jahren eine Institution in der Szene und das hoch motivierte Gegrinse auf der Bühne ist einfach ansteckend.

Nun geht es düster und auf Deutsch weiter mit ASP, welche ich heute zum ersten Mal live sehe. Die Band passt perfekt zum Festival und wer anderer Meinung ist, schaut sich das Fußballspiel an. Die Stimmung vor der Bühne ist jedoch besser als beim Fußball. So feiert Alex mit dem gut gelaunten Publikum, hinzu kommen reichlich Pyro und einige Crowdsurfer. Es wird tüchtig mitgesungen, getanzt und geklatscht.

Den eigentlichen Headliner machen heute Abend aber SAXON, welche in Wacken mittlerweile ins Nachmittagsprogramm geschoben wurden. „It’s A Long Way“ von AC/DC gibt’s zum Intro und die neue Single „Battering Ram“ macht den Anfang. Die alten Herren gibt es gefühlt schon ewig und selbst mein Opa hörte schon SAXON. Das Publikum ist bunt gemischt, und so versammeln SAXON heute die Generationen vor der Bühne, um zu „Wheels Of Steel“, „The Eagle Has Landed“ samt Leuchtadler und „Heavy Metal Thunder“, welches Lemmy gewidmet wird, zu feiern. Den krönenden Abschluss machen selbstverständlich „Denim And Leather“ und „Princes Of The Night“.

FREITAG

Ein neuer Tag bricht an, die ersten Frühaufsteher wandern bereits gen Teufelsmauer und ich mache mich auf den Weg zu AND THEN SHE CAME. Die erste Show des Tages um halb zwölf vor ein paar neugierigen Musikfans. So richtig wach scheint noch niemand zu sein, doch die Band hüpft bereits vor der verkaterten Meute auf der Bühne herum. So richtig zuordnen kann ich die Kombo auch nach der Show nicht. Female Fronted Metal mit modernen Einflüssen, erinnert ein wenig an AMARANTHE, der Bass wummert, soll zum Feiern animieren, dafür ist es jedoch etwas zu früh.

Vor der Dark Stage wirbeln DUST BOLT nun Staub auf und laden zum gemeinsamen Abmoshen ein. Es kommt Bewegung ins Spiel, die Band macht’s vor und das Publikum macht artig mit. Wie von der Hummel gebissen fegen die Jungs über die Bühne und präsentieren ihr neuestes Album „Mass Confusion“. Die Jungs können punkten und vor der Bühne tobt ein Circle Pit.

Zur Abwechslung stehen auf der anderen Bühne nun TWILLIGHT FORCE mit märchenhaftem Heavy Metal. Gekleidet als Elfen fängt die Band die gute Stimmung von DUST BOLT auf und fesselt immer mehr Leute.

Etwas später geht es für mich mit COPPELIUS weiter. Im Zuge ihrer Bühnenabstinenzankündigungskonzertreise kehren die werten Herren erneut beim ROCKHARZ ein und geben ihren Kammercore zum Besten. COPPELIUS versprühen erneut sehr viel gute Laune. Ein stets bemühter Butler Bastille führt uns durch die Vorstellung und geht für die werten Herren auch auf die Knie, um im letzten Moment dem Max ein Kissen unter sein Knie zu legen, damit dieser komfortabel sein Klarinettensolo spielen kann. In der Luft tanzen Seifenblasen und vor der Bühne teilen sich die Fronten zur "Wall Of Friendliness": So gehen wir aufeinander zu und grüßen und umarmen uns. Ich bekomme sogar ein Bier in die Hand gedrückt, das ist sehr freundlich! Bastille nimmt zum Finale noch ein Bad in der Menge und so ist nach sehr viel guter Laune die Show leider viel zu schnell vorbei.

Ein Highlight für viele Fans sind ACCEPT, das Urgestein spielt natürlich eine astreine Heavy Metal Show und Sänger Marc streckt uns immer wieder seine Zunge entgegen, während er über die Bühne tanzt. Die Pause bis KNORKATOR nutze ich noch für eine kleine Stärkung, bis mir schließlich die ersten Herren mit aufblasbarer Gehhilfe entgegenkommen.

Dann mal Richtung Stage, und ein freudig gelaunter Stumpen hüpft zu „Alter Mann“ auf die Bühne, den Glitzerfummel wirft er in die Menge und begrüßt uns im pinken Latexhöschen. Schlagabtausch mit Alfs Nachwuchs, welcher „Böse“ performt und die liebe Jen stößt auch hinzu. Im Publikum wird die erste Rollstuhlfahrerin nach vorne gereicht und kurz darauf erneut. Stumpen lässt sich nicht lumpen und bittet die Rollstuhlfahrerin auf die Bühne, während auch schon die nächste nach vorne surft. In der Zwischenzeit geistert er ein wenig im Graben herum und zu „Ding Inne Schnauze“ beginnt das „Menschenwerfen“ – Crowdsurfen genügt nicht mehr.
Bei „Eigentum“ tauschen Alf und Stumpen die Rollen. Maria und Chantal haben den Weg auf die Bühne gefunden, werden von Stumpen in Empfang genommen und erhalten einen riesen Applaus. „Zähneputzen, Pullern und ab ins Bett“, vom kommenden Album „Ich bin der Boss“, feiert Livepremiere. Etwa sieben Minuten zu früh ist der ganze Klamauk früher zu Ende und so sind KNORKATOR genauso schnell wieder weg, wie sie auf die Bühne gehüpft sind.

Manege frei für den Zirkus Zeitgeist auf der Dark Stage mit SALTATIO MORTIS. Die beginnen mit „Wo sind die Clowns“, reichlich Feuer und verbreiten viel gute Laune. Die Leute feiern weiter und unterstützen Alea bei jedem Wort. Es wird lauthals mitgesungen, während der Vollmond am Himmel schimmert und vor der Bühne ausgiebig getanzt wird.

Heutiger Headliner ist Tobias Sammets All-Star-Projekt AVANTASIA. Zum ESC Hit „Mystery Of a Blood Red Rose“ singt das Publikum jede Zeile mit und Tobias genießt die ausgelassene Stimmung. Freudig strahlend erzählt er natürlich allerlei Geschichten und lädt einen Gastsänger nach dem anderen auf die Bühne. So fehlt weder Michael Kiske, um im Duett „Ghostlights“ zum Besten zu geben, noch Ronnie Atkins bei „Invoke The Machine“. Ein Highlight stellt das 12-minütige Stück „The Scarecrow“ gemeinsam mit Jorn Lande dar.
Stellenweise etwas zäh mausern sich AVANTASIA durch ihr zweistündiges Set. „Lost In Space“ singt Tobias im wundervollen Duett mit Amanda Sommerville und den Abschluss macht „Sign of the Cross / The Seven Angels“ mit allen Gastsängern gemeinsam auf der Bühne.

Wer noch stehen kann, bleibt für die Italiener FLESHGOD APOCALYPSE, welche sich wieder herausgeputzt haben und samt Klavier auf der Bühne stehen. Brutaler melodischer Death Metal mit epischen Einflüssen und einer Opernsängerin im Hintergrund laden zum Ausklang ein. Sänger Tommaso stößt mit einem Glas Wein auf diesen Abend an und lädt zum gemächlichen Headbangen und Haarekreisen ein.

SAMSTAG

Der letzte Tag bricht an, die ersten Besucher packen ihre Sachen und parken die Autos um, auf der Bühne stehen WINTERSUN als Ersatz für DRACONIAN. Ein ganz lockerer Auftakt zum Mitklatschen, während die Security im Graben tanzt.

Als ich mich durch die schiere Auswahl an Aufnähern wühle, spielen bereits HARPYE auf der Bühne und covern den 90er Hit „I’m Blue“. Interessanter sind für mich HELDMASCHINE, welche gemächlichen Industrial Metal spielen. Die Jungs haben sich stilecht herausgeputzt, Sänger René zieht sich bei „Doktor“ den Arztkittel über und bei "Radioaktiv" hat er einen Laserrucksack auf. Die Laser sieht man jedoch nicht, das ist dann eher was für die Clubkonzerte.

Ein kleines Highlight für mich sind OMNIUM GATHERUM, welche auch bei Tageslicht einfach unbeschreiblich schön sind und zum Tagträumen einladen. Die Pommesgabeln werden emporgestreckt und zwischen den sanften Klängen bleibt auch genug Platz für harte Töne zum Abgehen.

Für einen kleinen Rundumschlag sorgen GLORYHAMMER, welche in Drachenrüstungen auf Weltrettungsmission sind (oder so ähnlich). Mit viel Elan pusten uns die aufgeweckten Jungs Lieder über „Astral Hammer“ und Einhörner („The Unicorn Invasion Of Dundee“) um die Ohren. Mitreißender und schneller Powermetal von einer unterhaltsamen Truppe, das macht einfach nur Spaß. So sind auch einige Crowdsurfer samt Einhorn-Attrappen unterwegs zur Bühne und der Bassist wird zum Showende noch gekrönt.

Während HÄMATOM aufgrund von technischen Problemen auf sich warten lassen, lassen die „Grabenschlampen“ einen Kollegen zum Bierzelt crowdsurfen. Als schließlich das Intro „Wir Sind Gott“ ertönt, wird der erste Staub aufgewirbelt. Die maskierten Herren werden sehnlichst erwartet und sorgen samt T-Shirt-Kanone für ordentlich Stimmung. Das verkürzte Set ist schnell gespielt, fairerweise hören HÄMATOM pünktlich auf, überzeugen aber vorher noch mit einem Cover vom MATERIA Song „Kids“ und fordern sämtliche Mittelfinger zu „Leck Mich“ ein.

Die unterhaltsamste Party dürften heute TROLLFEST feiern. Der Humpa Humpa Death Metal lässt die Meute toben und nach einer kurzen Pause übernehmen passenderweise ENSIFERUM auf der anderen Bühne das Ruder. SONATA ARCTICA bieten da eine kleine Abwechslung, mit etwas winterlichen Klängen und ihrem zuckerwattesüßen Metal.

Die winterliche Weihnachtsstimmung verschwindet zügig, als CHILDREN OF BODOM zum Tanz bitten. Vor der Bühne herrscht sofort Chaos und eine große Staubwolke hängt über der tobenden Meute. Reichlich Surfer machen sich auf den Weg, während sich Alexi gekonnt in Pose setzt. Zum Hit „Lake Bodom“ geht die Menge steil und übertrumpft das Ganze bei „I Worship Chaos“ mit dem „Biggest Pit of the Fucking Festival!“. Alexi ist sichtlich beeindruckt, wobei vor lauter Staub kaum noch etwas zu sehen ist.

Etwas gelassener geht es anschließend mit SUBWAY TO SALLY weiter. Die wohl am häufigsten gebuchte Festivalband hat reichlich Pyro und allerlei weitere Effekte eingepackt. Eric Fish hat sein Publikum bereits ohne ein Wort zu sagen fest im Griff. Die Band wirkt sehr routiniert und liefert sehr gut ab. Es wird natürlich lauthals mitgesungen und ausgelassen in den Abend getanzt. Am lautesten ist das Publikum bei der „Rose im Wasser“. Eric feuert das Publikum zum Wikingerjubel an, welchen er auch bekommt und spielt im Gegenzug „Julia und die Räuber“ als Zugabe.

Da morgen wohl niemand zur Sonntagsmesse wach sein wird, laden POWERWOLF zur heiligen Heavy Metal Messe am Vorabend. Die sympathische Band kommt in Gewändern samt Corpse Paint daher. Sänger Attila ist auf Dauer jedoch etwas anstrengend, weshalb ich während seiner Geschichte über den Bienenstich eines Crewmitglieds langsam das Weite suche. So treiben die Wölfe ihr Unwesen und werden uns in Zukunft sicherlich noch häufiger über den Weg laufen.

Wahnsinn, schon wieder sind vier Tage Festival vorüber, und nachdem Rock am Ring und Hurricane so dermaßen ins Wasser gefallen sind, bin ich völlig verwundert über meinen Sonnenbrand und eine leichte Festivalbräune. So geht Sommerfestival, auch wenn sich einige über die viele Sonne echauffiert haben. Wie bereits im letzten Jahr sind hier Mitarbeiter mit Plan anzutreffen und hoch motivierte „Grabenschlampen“ bei der Arbeit. Ich freue mich riesig auf die nächste Ausgabe mit ARCH ENEMY und ICED EARTH!

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