Nachdem KISS 1979 mit „I Was Made For Loving You” in mein Leben traten, war Ace mein zweitliebster Charakter in der Band, direkt nach Catman Peter Criss. Irgendwie waren mir als siebenjährigem Knirps die beiden ruhigeren Vertreter lieber als die omnipräsenten Gene Simmons und Paul Stanley, außerdem trug Space Ace zu seinem Make-Up die abgefahrensten Kostüme, verschoss auf der Bühne Raketen und konnte im Film „KISS in Attack of the Phantoms“ teleportieren – cooler ging's ja gar nicht!
Junge aus der Bronx
Ace wurde 1951 als Paul Daniel Frehley in der New Yorker Bronx geboren und bekam mit 13 seine erste E-Gitarre geschenkt. Zwischenzeitlich war er Mitglied einer Straßengang, bekam dann aber die Kurve und überzeugte 1973 Paul Stanley und Gene Simmons beim Vorspielen zur Gründung einer neuen Rockband, die die Welt aus den Angeln heben sollte. Komplettiert durch Drummer Peter Criss wurden KISS aus der Taufe gehoben – eine Gruppe, die nach anfänglichen Startschwierigkeiten einen nicht für möglich gehaltenen, weltweiten Triumphzug begann und die Themen Vermarktung und Show auf ein zuvor unbekanntes Level hob.
Mit seinem Humor und seinem keckernden Lachen war Ace der Spaßvogel der Band, stets präsent war bei ihm aber leider auch der Teufel Alkohol. Zudem zeigte er sich nach dem Album „Dynasty“ unzufrieden mit der musikalischen Entwicklung der Band. Als Ace 1982, nach elf Studioscheiben (inklusive seines Soloalbums von 1978) und den beiden „Alive“-Doppelalben die Band verließ, war ich als junger Fan am Boden zerstört. Zwar war er als Sänger nur selten präsent gewesen, doch Hits wie „Shock Me“, seine Interpretation von „New York Groove“ oder das von Ace geschriebene „Cold Gin“ haben bis heute nichts von ihrem einzigartigen Vibe verloren.
KISS-Reunion 1996
Nach ein paar passablen Solo-Alben kehrte Ace 1996 zur gefeierten Reunion der Originalbesetzung gemeinsam mit Peter zu KISS zurück, doch schon auf der folgenden „Psycho Circus“-Tour hatte man den Eindruck, dass es bei der ganzen Veranstaltung vorrangig ums Geld ging.
2002 schmiss Ace erneut die Brocken hin und widmete sich seitdem wieder seiner Solo-Karriere, mit mehr oder weniger großem Erfolg. In der Folgezeit äußerten sich Ace und vor allem Gene in Interviews immer wieder übereinander – abschätzig, dann auch mal wieder auffallend wertschätzend. 2014 rauften sich die vier KISS-Gründungsmitglieder noch einmal zusammen und wurden gemeinsam in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen.
Vorbild unzähliger Musiker
Dass Paul und Gene es nicht hinbekamen, bei den beiden KISS-Abschiedsshows 2023 im Madison Square Garden die ehemaligen Mitglieder Ace, Peter sowie Bruce Kulick und Vinnie Vincent mit auf die Bühne zu holen, empfand ich als einen verschenkten Moment für die Ewigkeit.
Die erste und prägende Phase von Ace Frehley bei KISS dauerte nur knapp neun Jahre, von 1973 bis 1982. Doch in dieser Zeit hat der Junge aus der Bronx, der Autodidakt war und keine Noten lesen konnte, nach den Sternen gegriffen und sich visuell wie musikalisch unsterblich gemacht. Seine unnachahmbaren Leads und Soli haben unzählige Musiker dazu animiert, die Gitarre als ihr Instrument zu wählen. Allein schon dadurch hat der Spaceman die heutige Musikkultur entscheidend mitbeeinflusst. Rest in Peace, Ace Frehley!