Geschrieben von Sonntag, 27 Mai 2012 04:06

Paradise Lost & Swallow The Sun - Köln / Essigfabrik

Paradise Lost Live

20.05.2012 - PARADISE LOST haben mit „Tragic Idol" ein gutes Album am Start, das aber für meinen Geschmack nicht ganz mit den Hammer-Alben „Icon", „Draconian Times" und „One Second" aus den Anfangsjahren der Band mithalten kann. Da die Briten in der Vergangenheit aber Live immer eine Bank waren und mit SWALLOW THE SUN eine sehr interessante Support Band eröffnet, spricht nichts dagegen, die Fahrt zur Essigfabrik in Angriff zu nehmen. Ich hatte zwar irgendwie auch noch VREID in diesem Tourpackage auf dem Schirm (auf dem Ticket wurden sie auch noch angekündigt) aber die Norweger waren leider nicht am Start.


Die Essigfabrik ist ab dem Mischpult nach hinten mit Trennern abgehängt, und auch vor der Bühne ist es nicht wirklich voll. Es ist immer schwer zu schätzen, aber ich denke, es sind ungefähr 700 Leute, die sich PARADISE LOST samt Supportband geben wollen. Das ist schon etwas enttäuschend, wenn man sich mal den Status der Band Anfang der 90er Jahre vor Augen führt.

Aber zuerst sind ja mal die Finnen SWALLOW THE SUN in der Pflicht, die Anwesenden aufzuwärmen. Wobei Aufwärmen gar nicht notwendig wäre, denn als um kurz nach Acht die Lichter ausgehen und das Intro ertönt, ist es gewohnt stickig in der Essigfabrik. Gitarrist und Bandgründer Juha Raivio und seine Mannen geben sofort ordentlich Gas, wobei der Sound zu Beginn noch sehr durchwachsen ist.
Die Keyboards, die bei SWALLOW THE SUN ja nicht gerade unwichtig sind, kommen zumindest bei unserem Standort in der Halle nur sehr leise bis fast gar nicht an, was den atmosphärischen Songs nicht gerade zu Gute kommt.

Die Band ist ja bekannt für ihre abrupten Tempiwechsel während der Songs, und live wird das auch noch dadurch untermalt, dass alle Musiker in den langsameren Passagen komplett still stehen, aber bei den Vollgas Passagen auch ebensolches geben. Dabei tut sich vor allem Gitarrist Juha Raivo hervor, der die Songs fast theatralisch zelebriert. Sieht manchmal etwas lustig aus, aber passt zur Mucke. Der Opener „Emerald Forest And The Blackbird" und „Hold This Woe" haben mir in dem Set am besten gefallen. Das war mein erstes Live-Zusammentreffen mit der Band, und auch wenn sie mich live nicht 100%ig überzeugen, macht die Band Spaß.

Nach einer halben Stunde Umbaupause ist es endlich soweit und „Desolate" wummert als Intro aus den Boxen. Jetzt ist der Jubel auch schon erheblich lauter, als Sänger Nick Holmes, die Gitarristen Greg Macintosh und Aaron Aedy, Drummer Adrian Erlandsson und Bassist Steve Edmodson zu „Widow" die Bühne entern. Der Sound ist jetzt schon wesentlich akzentuierter abgemischt, nur bei Nick Holmes Mikro hakt es noch etwas. Auch stimmlich braucht er noch gut zwei weitere Songs, um sich in Normalform zu bringen.

Danach gibt es aber weder am Gesang noch am Sound noch irgendetwas auszusetzen.
Auch wenn ich bei PARADISE LOST eher auf die älteren Songs fixiert bin, muss ich feststellen, dass sich die neuen Tracks live nahtlos an die Qualität der alten Kracher anpassen, was die Band mit „Honesty In Death", dem megageilen „In This We Dwell" – könnte zu meinem Lieblingssong der Band mutieren – und dem Titeltrack „Tragic Idol" eindrucksvoll unter Beweis stellt. Aber es gibt auch noch andere Dinge, die sich offensichtlich nicht ändern. Da wäre zum Beispiel die Performance von Gitarrist Greg Mackintosh, der wie vor 20 Jahren auch heute noch hauptsächlich hinter einem Vorhang von Haaren spielt. Das Gesicht sieht man höchstens mal, wenn er zwischen den Songs etwas trinkt.

Erstes Highlight in der Reihenfolge der Songs ist „Forever Failure" vom Album „Draconian Times". Lautstark mitgesungen von den Fans, freut sich besonders Gitarrist Aaron Aedy über die Reaktion und applaudiert heftig nach den letzten Klängen des Songs. Überhaupt ist Aaron für mich der Sympathieträger auf der Bühne, weil man ihm am deutlichsten den Spaß ansieht, während er permanent lächelnd fast durchgehend in Bewegung ist und bangt, bis der Arzt kommt.

Die Fans kommen auch immer mehr und mehr in Fahrt und beim genialen „As I Die" bildet sich der erste Moshpit vor der Bühne. Nick Holmes beschränkt sich zwischen den Songs auf kurze Ansagen, die sich meistens darauf reduzieren, wie der nächste Song heißt und von welchem Album er ist. Dass die meisten Alben der Band in der Setlist vertreten sind, freut mich genauso wie die Tatsache, dass von dem für mich schwächsten Album der Band „Host" kein Song gespielt wird.

Nach „The Enemy" vom 2007er Album „In Requiem" geht die Band überraschenderweise bereits schon von der Bühne. Ja wie jetzt? Ziemlich lange lassen die Briten ihre Fans den Bandnamen skandieren, bis sie sich wieder blicken lassen. Der Zugabenteil mit „One Second" (geil), „Fear Of Impending Hell" (Hammer), "Faith Divides Us - Death Unites Us" (megageil) und "Say Just Words" (ohne Worte), bei dem wirklich die komplette Essigfabrik in den Refrain einstimmt, hat es dann aber noch einmal gehörig in sich. Und dann ist tatsächlich schon Schluss.

Fazit: PARADISE LOST bestätigen einmal mehr die These, dass Songs, die auf CD noch eher müde klingen, live gehörig in den Allerwertesten treten können. Dass ihre Hammer-Songs aus ihrer Anfangsphase die Halle rocken würden, war mir von vorneherein klar. Aber bitte schön, wo waren „Embers Fire", „Poison" und Remberance"? Ich hätte Haus und Hof verwetten können, dass diese Songs in der Setlist auftauchen. Schade eigentlich, aber aufgrund der starken Performance auch kein Beinbruch. Irgendein Song fehlt einem ja eh immer. So bleiben als einzige kleine Enttäuschungen die Tatsachen, dass die Halle nicht ausverkauft war, die Tour-Shirts mit Tourdaten auf dem Rücken aber leider doch, und dass das Konzert mit 1¼ Stunden Spielzeit doch leider recht übersichtlich gestaltet wurde.

Setlist SWALLOW THE SUN (ohne Gewähr):

Emerald Forest and the Blackbird
This Cut is the Deepest
Hate, Lead the Way
Hold This Woe
Cathedral Walls
New Moon
Swallow (Horror Pt. 1)

Setlist PARADISE LOST:

Widow
Honesty in Death
Erased
Forever Failure
Soul Courageous
In This We Dwell
Praise Lamented Shade
Pity the Sadness
As I Die
Symbol of Life
Tragic Idol
The Enemy
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One Second
Fear of Impending Hell
Faith Divides Us - Death Unites Us
Say Just Words

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