Geschrieben von Freitag, 02 September 2005 00:24

Highfield Festival 2005 - Der Festivalbericht




 

 
Der Festivalsommer 2005 geht weiter, wie er angefangen hat: nass! Auch das Highfield Festival am Stausee im thüringischen Hohenfelde wurde dieses Jahr nicht vom Regen verschont und so tummelten sich etwa 20.000 schlammverkrustete Musikbegeisterte auf dem Gelände des Open Airs.


Freitag 16. August

Aber zurück zum Anfang. Als wir am Samstag Morgen gegen 5:00 Uhr auf dem Campingplatz eintreffen, sind Welt und Wetter noch in bester Ordnung. Irgendwie scheinen wir in einem Biotop für Monsterinsekten gelandet zu sein, denn bereits beim Zeltaufbau begrüßt uns eine fast handtellergroße schwarz-gelbe Spinne mit ihren Freunden, den Riesenheuschrecken. Dabei hab ich bei der Anfahrt gar kein Atomkraftwerk in der näheren Umgebung gesehen. An Schlaf ist trotz der durchfahrenen Nacht nicht zu denken, da die Zelte bereits um acht Uhr Backofentemperaturen haben. Also vertreiben wir uns die Zeit bis zum Einlass am Nachmittag mit einigen Kaltgetränken.

Die gewöhnlich recht undankbare Aufgabe, das Festival zu eröffnen, fällt den Folk-Rockern Gate zu, die sich trotz des recht verhaltenen Publikumsinteresses recht gut schlagen. Irgendwie wirkt die Band etwas zu exotisch vor dem auf Standard-Alternative-Rock getrimmten Publikum. Schade eigentlich, denn die authentischen Folk-Umsetzungen mit Geige und mehrstimmigen Gesangsarrangements machen wirklich Spaß. Die anschließenden The Birthday Massacre reiten auf der aktuellen Pop-Punk-Welle. Mit blutverschmierten Hemden, Make-Up und einer Sängerin, die für ihr Schulmädchen-Outfit etwas zu propper geraten ist, spielt die Band süßlichen Teeny-Punk. Da kommt es für mich gar nicht so ungelegen, dass ich gerade jetzt ein Interview mit den Dropkick Murphys habe.

Auf Coheed & Cambria verzichten wir, um uns auf dem Campingplatz zu verpflegen. Was die Jungs da von sich geben klingt zwar eigentlich ganz nett, aber zum einen soll der Abend ja noch lang werden, zum anderen macht sich dich schlaflose Nacht langsam bemerkbar. Die Droplick Murphys sind im Anschluss dann die einzige Band, die einen richtigen Pit vor die Bühne bringen kann. Schon auf dem Weg zum Gelände ist dank zahlreicher „Let’s Go Murphys“ nicht zu überhören, dass die Bostoner Folk-Punks mittlerweile auch auf eine ansehnliche Fanbasis in Deutschland zurückgreifen können. Und die feiert die Amis dann auch standesgemäß. Nach anstrengenden aber viel zu kurzen 45 Minuten ist dann die härtere Fraktion auf dem Gelände befriedigt, nur einige Fans beschweren sich, dass die Murphys sich zu sehr auf ihr aktuelles Album „The Worrior’s Code“ konzentriert und ihre alten Hits vernachlässigt hätten. Man kann es eben nicht allen recht machen.

Good Charlotte darf dann als erste Band von sich behaupten, das Gelände wirklich gefüllt zu haben. Ich persönlich finde den Auftritt der Amis aber eher langweilig. Abgesehen von den Singles kann ich zwischen den Stücken praktisch keine Unterschiede ausmachen und die ewig gleiche deutsche Ansage („Ich liebe Deutschland“) macht das ganze auch nicht viel spannender. Da geben die The Hives schon deutlich mehr Mühe. In fast akzentfreiem Deutsch wird eine kleine Nachmusik angekündigt und scheinbar ist Explodieren die Steigerung von Applaudieren. Allerdings müssen wir jetzt endgültig dem Schlafmangel Tribut zollen und verfolgen den Großteil des Hives Auftritts nur vom Campingplatz und verzichten gleich ganz auf Incubus. 



Samstag 20. August

Heute haben wir mal wirklich Pech mit dem Wetter. In der Nacht hat es kräftig geregnet und auch über den Tag sucht uns der eine oder andere Schauer heim. Neben den nassen Klamotten wird vor allem der schlammige Boden zum Problem. Die Wege auf dem Campingplatz werden zur Rutschpartie und auch das Gelände wird ordentlich durchgepflügt. Die schlechten Bedingungen werden dabei vom Publikum erstaunlich unaufgeregt angenommen. Wenn man bis zu den Knöcheln im Schlamm steckt, würde es bei anderen Festivals sehr viel schneller zu Unmutsäußerungen kommen.

Revolverheld fallen unserem ausgedehnten Frühstück zum Opfer. Klingt nicht mal schlecht, was da vom Gelände auf der Campingplatz schallt. Wir sind trotzdem erst zu Skindread auf dem Platz. Die haben sich auf jeden Fall den Preis für den coolsten Frontmann verdient. Wenn er nicht die Männer (die mit Eiern – mit Haaren daran) auffordert, die Songs mitzusingen, treibt er die noch nicht sehr zahlreich anwesenden Zuschauer zu, für diese Zeit, sportlichen Höchstleistungen an. Schade, dass man diese Band nicht später am Tag hat spielen lassen.

Die Futureheads sehen aus wie singende BWL Studenten. Durch schweißtreibendes Stageacting fallen die Jungs nun auch nicht gerade auf, aber die mehrstimmigen Vocals wissen zu gefallen. Wenn die Band genau so viel Mühe in die instrumentelle Umsetzung ihrer Musik investieren würde, könnten die Futureheads ein spannender Act werden. Bei den Blood Brothers liegt der Fall genau umgekehrt. Schon beim Warmspielen beim Soundcheck zeigt die Band, dass sie ihre Instrumente beherrscht. Leider beschränkt sich der „Gesang“ dafür auf nerviges Gekreische. Fort Minor beziehen ihre ganze Daseinsberechtigung daraus, den Rapper von Linkin Park in ihren Reihen zu haben. Da ich von Hip Hop so gar keine Ahnung habe, maße ich mir nicht an, ein Urteil abzugeben. Angenehmer anzuhören als die Blood Brothers war For Minor so oder so.

Das Alkaline Trio scheint recht viele Fans auf dem Gelände zu haben. So richtig begeistern kann mich der eher unspektakuläre Punk Rock der drei Herren in Schwarz zwar nicht, aber man könnte bei schlechterer Musik im Schlamm sitzen. Die H-Blockx sorgen mit einem hitgespickten Best-Of Programm da schon eher für Stimmung. Von „Little Girl“ über „Revolution“ bis zum unvermeidlichen „Rising High“ ist alles dabei, was Fan und Einsteiger glücklich macht.

Auf Silbermond können wir gut verzichten und entschließen uns, lieber auf dem Zeltplatz zu grillen. Und wenn man sich das Gedränge auf dem Weg zu den Zelten ansieht, sind wir wohl nicht die einzigen, die sich mit Fluchtgedanken schlagen.

Zu Weezer sind wir wieder auf dem Gelände und werden positiv überrascht. Zum einen sind die auf Platte eher anstrengenden Vocals live sehr viel angenehmer, zum anderen ist von der Arroganz, die der Band nachgesagt wird, heute nichts zu sehen. Die Band spielt alle Hits und hinterlässt einen rundum guten Eindruck. Dagegen wirken die Queens Of The Stoneage eher farblos. Was diese Band zum Co-Headliner qualifiziert ist mir im Nachhinein nicht so recht klar. Nett, aber nicht spektakulär. Das kann man von den Foo Fighters nicht behaupten. Dave Grohl und seine Jungs nehmen Hohenfelden im Handstreich. Im Vergleich zu anderen Auftritten sind Grohls Vocals angenehm clean. Allerdings verschießen die Amis zu viele ihrer Hits in der ersten Hälfte des Auftritts und so ist gegen Ende die Luft ein Bisschen raus. Außerdem bemängeln viele, dass der Ex-Nirvana Drummer zu spät angefangen hat. Aber dafür hat er wenigstens zu früh aufgehört.



Sonntag 21. August

Dass Moneybrother ihren Auftritt am Sonntag nicht würden spielen können, war schon am Freitag gemunkelt worden. Jetzt warteten alle darauf, wer den Slot im Programm übernehmen würde. Des Rätsels Lösung: Die deutsche Band El*ke kam als Opener neu ins Billing, alle anderen Bands wurden einen Platz nach hinten verschoben. Allerdings klingt alles, was da zu früher Stunde auf den Zeltplatz herüberweht so mies, dass wir unsere Zelte gar nicht erst verlassen. Auch McQueen fällt noch unserer Faulheit zum Opfer. 

Die Subways läuten dann ein, was die nächsten Stunden auch weiterhin folgen wird: Alternative Rock nach Schema F. Typen, die nach nichts aussehen, sich nicht bewegen und nicht mehr als drei Akkorde spielen können, da ist die blonde Bassistin der Deutschen noch ein echtes Highlight. Auf irgendein optisches Highlight muß man bei Madsen leider verzichten und entsprechend langweilig gestaltet sich dieser Auftritt. Wann ist es doch gleich aus der Mode gekommen, Bands mit guten Musikern zu besetzen?

Hot Hot Heat lockern den Durchlauf deutscher Alternative-Klone etwas auf. Auch wenn die Zirkusdirektoren Verkleidungen etwas seltsam wirken, machen die Anleihen aus den  60ern und 70ern Spaß. Der vergeht mir bei Tomte recht schnell wieder. Zwar schwärm mein Nachbar von den intellektuellen Texten, nur sind sowohl Gesang als auch Ansagen so schlecht artikuliert, dass ich schlicht nichts verstehe und musikalisch ist hier nun wirklich gar nichts zu holen.

Auf Subway To Sally verzichten wir, wie viele andere auch, und packen stattdessen lieber schon unsere Sachen zusammen. Farin Urlaub zeigt danach, was Bühnenerfahrung und ein professioneller Frontmann alles ausmachen können. Dazu kommt, dass mir viele seiner Solo-Nummern um längen besser gefallen als alles, was die Ärzte in den letzten Jahren abgeliefert haben. Verstärkt mit Backroundtrio und Bläserquartett feiert Farin Urlaub mit dem gut gefüllten Gelände eine Spaß-Punk-Party. Und nicht nur wir nehmen den Berliner als gelungenen Abschluß des Festivals und fahren nach Hause, ohne uns Social Distorsion und die Pixies anzusehen.

Alles in Allem kann man den Veranstaltern zu einem wirklich gelungenen Festival gratulieren. Organisatorisch lässt das Highfield keine Wünsche offen. Die besonders am Sonntag recht zähe Bandauswahl ist wohl eher der Alternative-Szene und ihren Vorlieben zuzuschreiben. Interessante Bands wie die Dropkick Murphys oder Skindread hätte ich gerne länger und später gehört und dafür auf den einen oder anderen 08/15 Act verzichtet.

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