Helloween - Unarmed: Best Of 25th Anniversary



Stil (Spielzeit): war mal speediger Melodic Metal, jetzt Lounge/Pop (59:11)
Label/Vertrieb (VÖ): Columbia/Sony (29.01.10)
Bewertung: 5,5/10
Link: http://www.helloween.org
HELLOWEEN machen doch tatsächlich schon seit 25 Jahren Musik und haben mit unsterblichen Klassikern wie "Walls Of Jericho" und den beiden "Keeper"-Alben Metalgeschichte geschrieben. "Gambling With The Devil" machte zuletzt deutlich, dass die Hamburger nach wie vor zur Speerspitze des deutschen Metal gehören. Nun also "Unarmed" zum Jubiläum, und diesmal geht es in eine ganz andere Richtung, die mit Metal gar nichts zu tun hat.

So löblich der Verzicht auf eine ganz normale Best Of-Compilation ist, so ungewöhnlich ist die Idee, die Fans zum 25-jährigen mit komplett neu interpretierten Versionen bekannter Songs zu beglücken. E-Gitarren kommen nur am Rande vor, die Tracks wurden hauptsächlich akustisch eingespielt. Dabei kamen HELLOWEEN einige Gastmusiker zu Hilfe, die elektronische Kleckser, Piano- und Orchestersounds oder einen E-Bow in den Sound einbrachten. Das Problem an der Geschichte: Die vielfach gehörten HELLOWEEN-Klassiker erscheinen nun in ganz ungewohnten Fassungen, die nie auch nur entfernt an dem Niveau der Originale kratzen.

Man benötigt schon geübte Ohren und eine sehr offene Einstellung, um den meisten Songs von "Unarmed" etwas abgewinnen zu können. "The Keeper's Trilogy" (Drums, ein wenig Bass, Gesang und vor allem ein voll aufspielendes Prager Symphonieorchester, sonst nichts), bestehend aus Parts der Longtracks "Halloween", "Keeper Of The Seven Keys" und "King For A 1000 Years" geht dabei noch am ehesten als Metal-kompatibel durch, da man sich an das Lingua Mortis-Experiment von RAGE erinnert fühlt und das Medley im Orchester-Gewand ziemlich ansprechend klingt, mit den Originalversionen aber nicht konkurrieren kann. Aus dem "The Dark Ride"-Hit "If I Could Fly" wurde ein dezent orchestriertes, leicht verspieltes und entspanntes Lounge-Stück, dem ich überraschend viel abgewinnen kann (das ähnlich aufgemachte, aber deutlich elektronischere "Fallen To Pieces" kann sich mit Abstrichen ebenfalls hören lassen), und "Eagle Fly Free" (Andi Deris im Duett mit Sängerin Harriet Ohlsson) macht sich im neuen Akustik-Gewand auch recht gut.

Während "Future World" und das etwas zu lahme, aber im Refrain auftrumpfende "Where The Rain Grows" noch als einigermaßen akzeptable Experimente durchgehen und "Forever And One" als kitschige Pianoballade erklingt, haben sich HELLOWEEN mit "A Tale That Wasn't Right" (schrecklich schmalzig), "Dr. Stein" (mit unschönen Bläsern) und dem furchtbaren Gepfeife in "Perfect Gentleman" ganz bestimmt keinen Gefallen getan. Den traurigen Höhepunkt bildet die völlig verunstaltete Version von "I Want Out" mit einem "Lalala"-Kinderchor anstelle der prägnanten Leadgitarren.

Das Problem an "Unarmed" ist nicht die Idee der Neuinterpretationen, sondern die Umsetzung. Andi Deris singt auch bei den Kiske-Tracks gewohnt souverän, streckenweise aber auch ziemlich lustlos und abgehackt. Manche der Tracks sind viel zu poppig und kratzen am Schlager-Genre, und das möchte ich auch als aufgeschlossener HELLOWEEN-Fan ganz bestimmt nicht hören. Immerhin ist die Produktion mächtig ausgefallen, was vor allem unterm Kopfhörer deutlich wird.

Für alles offene Kürbiskopf-Fans können "Unarmed" eine Chance geben, sollten sich aber bewusst sein, dass diese CD mit Metal ungefähr so viel zu tun hat wie Fahrstuhlmusik. Hardcore-Fans werden diese Scheibe nur kaufen, um sie anschließend zu verbrennen. Am ehesten profitieren vielleicht diejenigen, die großartige Metalsongs einfach mal auf eine ganz andere Art hören wollen und mit den ursprünglichen Versionen nichts anfangen können (Schande über euch!). Hoffentlich besinnen sich die Herren Weikath und Co. nun für das nächste Studioalbum wieder auf ihre Stärken. Euer ehemaliger Sänger hat das mit "Past In Different Ways" besser hin bekommen...